Kolumne

"Outsourcing unter Druck ist fatal"

05.12.2003
Joachim Hackmann Redakteur CW

Die zwei jüngsten Pannen im deutschen Outsourcing-Geschäft unterstreichen: Handlungsdruck ist kein guter Berater für kritische Großprojekte. Daimler-Chrysler nahm seinen Plan, 150000 PCs an Hewlett-Packard auszulagern, wieder zurück. Vorerst wird nichts aus dem großen Befreiungsschlag, mit dem man die heterogene Client-Landschaft und die ausufernden Kosten in den Griff bekommen wollte. Und der Commerzbank, die sich zum Start der Outsourcing-Verhandlungen mit IBM im Februar 2003 in einer finanziell desolaten Lage befand, war die teure und schnelllebige IT des Investment-Banking zur Last geworden. Das Projekt scheiterte an den überzogenen Einsparerwartungen oder -versprechen, je nach Sichtweise.

Gebetsmühlenartig weisen Experten darauf hin, keine Problembereiche auszulagern. Anwender sollten zunächst die eigenen Hausaufgaben machen und die IT-Umgebung womöglich standardisieren, Abläufe überarbeiten, Kernaufgaben definieren und klare Schnittstellen schaffen. Sicher steckt hinter diesen Hinweisen Selbst-Marketing, immerhin leben die Berater davon, die Unternehmen in diesem Prozess zu begleiten. Dennoch sollte ihr Rat beherzigt werden. Wer diesen aufwändigen Weg nicht einschlagen kann, weil die internen Strukturen festgefahren und ohne einen externen Dienstleister nicht aufzubrechen sind, für den ist Outsourcing keine Problemlösung, sondern eine Verzweiflungstat.

Vorsorgliche Unternehmen haben ihre IT längst in eine Tochtergesellschaft ausgegründet. Diese von den etablierten IT-Dienstleistern oft kritisierte Eigenart deutscher Unternehmen kann sowohl eine gute Alternative als auch eine perfekte Vorbereitung für die IT-Auslagerung sein. Als selbständige Einheit müssen die IT GmbHs marktgängige Preise finden, Schnittstellen sowie Qualitätsmerkmale formulieren, sich auf Kernkompetenzen konzentrieren und Leistungen, die sie zu teuer erbringen, an Dritte auslagern. Aktuelle Beispiele zeigen, dass dieser Weg alle Möglichkeiten offen lässt. Dräger verkauft drei zuvor ausgelagerte und verselbständigte IT-Töchter an Cap Gemini Ernst & Young. Der Vorwerk-Konzern übergab seine Tochter Zeda an T-Systems, Rheinmetall Information Services firmiert seit geraumer Zeit unter dem IBM-Dach, und Thyssen-Krupp will Triaton veräußern. Doch es gibt auch Beispiele dafür, dass IT GmbHs nicht an einen Outsourcer weitergereicht werden. BASF IT Services und Bayer Business Services zählen dazu.

Die Probleme bei Daimler-Chrysler und der Commerzbank werden den Outsourcing-Trend nicht umkehren, fördern aber die kritische Betrachtung von Auslagerungsvorhaben. Das ist gut, denn in jüngster Zeit schien diese Maßnahme eine Art Allheilmittel gegen alle IT-Probleme. Outsourcing ist nach wie vor eine Option, aber nicht die Ultima Ratio.