Kamyar Niroumand, Leiter des Outsourcing-Geschäftsbereichs bei T-Systems, im CW-Gespräch

"Outsourcing gilt heute als modern"

03.10.2003
Der deutsche Outsourcing-Markt wächst, und der größte deutsche IT-Dienstleister T-Systems profitiert offenbar davon. Mit Kamyar Niroumand, Leiter des Geschäftsbereichs Service Line Computing & Desktop Services bei der T-Systems International GmbH, Frankfurt am Main, sprach CW-Redakteur Joachim Hackmann.

CW: Kürzlich hat T-Systems offiziell bestätigt, dass derzeit 15 Großverträge verhandelt werden, jeweils mit einem Volumen im dreistelligen Millionenbereich. Können Sie dazu nähere Angaben machen?

NIROUMAND: Nein, das ist ein spannendes Thema, und wir wollen die Spanung erhalten. Vier der genannten 15 Projekte sind bereits bekannt, dabei handelt es sich um Outsourcing-Verträge mit Daimler-Chrysler, Airbus, der West LB und den kürzlich veröffentlichten Deal mit Vorwerk.

Vorwerk ist ein typisches Beispiel für die deutsche Outsourcing-Landschaft: Denn ebenso wie das Gros der hiesigen Unternehmen hat sich in der Vergangenheit auch Vorwerk gegen das Outsourcing entschieden und stattdessen seine IT-Abteilung in eine GmbH ausgegründet. Diese Tochter namens Zeda werden wir nun im Rahmen des Outsourcing-Abkommens übernehmen, und ich glaube, es werden sich weitere derartige Möglichkeiten ergeben. Auch unter den angesprochenen 15 Großprojekten gibt es einige Ausgründungen.

CW: Das bekannteste aktuellste Beispiel ist Triaton. Haben Sie Interesse an einer Übernahme?

NIROUMAND: Ja, der Thyssenkrupp-Konzern hat die Ausschreibung bereits gestartet. Wir werden sie uns genau anschauen.

CW: Warum zieht der Outsourcing-Markt in Deutschland nun an? Was hat sich geändert?

NIROUMAND: Das Vertrauen in die Provider ist gewachsen, die Ängste schwinden, und gleichzeitig steigt der Kostendruck. Zugleich gibt es sehr viele neue CIOs, die dieses Thema beherrschen und besser verstehen und ihre Funktion neu definieren. Es ist modern, outzusourcen.

CW: Anbieter und Analysten reden derzeit gerne über das Business Process Outsourcing. Werden derartige Dienste hier überhaupt nachgefragt? Die meisten Neuabschlüssen sind doch wohl Infrastrukturprojekte.

NIROUMAND: Die Unternehmen beginnen typischerweise mit dem Infrastrukturbereich, weil der sich leicht auslagern lässt. Doch selbst hier haben sich die Anforderungen bereits stark geändert, die Kunden wollen mehr Flexibilität.

Wir betreiben aber auch schon Geschäftsprozesse für Kunden, etwa Personalabteilungund Rechnungswesen. Außerdem reichen mittlerweile selbst Desktop-Management-Projekte tief in die Geschäftsprozesse hinein. Dort ist die größte Herausforderung, die Anforderungen der Fachbereiche an einen PC-Arbeitsplatz zu definieren, also zu klären, welche Applikationen ein Finanzbuchhalter benötigt, welche Sicherheitsanforderungen erforderlich sind und wie groß die Speicherkapazität sein sollte. Wir haben in diesem Bereich viel Erfahrung im Rahmen eines drei Jahre andauernden Projekts mit der Deutschen Telekom gesammelt. Zum Projektstart gab es mehr als 1000 unterschiedliche PC-Konfigurationen, heute sind im Web-Katalog nur noch 63 Produkte gelistet, etwa für die Buchhaltung oder für VIPs.

CW: Standardisierte Arbeitsplätze erleichtern den Provider-Wechsel. Sie machen sich austauschbar.

NIROUMAND: Ja, wenn sie es einem anderen Dienstleister zutrauen, die gleichen Services zu erbringen. Hinter dem Desktop-Arbeitsplatz stehen 15 verschiedene Services wie Sicherheit, Hardwarebeschaffung, Logistik, Abrechnung, Helpdesk usw. Es ist auch viel Prozess-Know-how erforderlich, um die eigenen Abläufe zu organisieren und die Arbeitsplatzrechner des Kunden definieren zu können. In diesem Bereich haben wir durch das Telekom-Projekt ein weltweit einmaliges Wissen.

CW: Warum haben Sie den Vertrag bei Daimler-Chrysler gegen HP verloren, in dem es um die Auslagerung von bis zu 170 000 PCs ging?

NIROUMAND: Der Grund war, dass Daimler-Chrysler einen internationalen Anbieter gesucht hat, der auch in den USA in der Lage ist, großflächig einfache Supportdienste zu liefern. Das hat man uns damals noch nicht zugetraut. Mit dem Rahmenvertrag über den Rechenzentrumsbetrieb konnten wir unser Geschäft mit Daimler-Chrysler erweitern und erbringen für den Automobilkonzern weltweit Dienste mit hoher Wertschöpfungstiefe.

CW: Ist die mangelnde Internationalität die Achillesferse von T-Systems?

NIROUMAND: Kunden entscheiden nicht nach Präsenz, sondern nach Lieferfähigkeit.

CW: Genau die stellt Ihnen Ihr Großkunde Daimler-Chrysler im PC-Support-Umfeld aber offenbar in Abrede.

NIROUMAND: Wir haben in den letzten 18 Monaten intensiv an einer internationalen Strategie gearbeitet. Die lokale Anwesenheit ist uns nicht so wichtig, entscheidend ist, dass wir dort sind, wo unsere Kunden Niederlassungen haben. Den Kunden Lufthansa bedienen wir in 90 Ländern. Dabei arbeiten wir auch mit Partnern zusammen.

CW: Streben Sie Geschäft in USA an?

NIROUMAND: Wenn es in den USA große Ausschreibungen gibt, werden wir uns daran beteiligen.

CW: In den USA kennt niemand T-Systems. Sie werden kaum auf die Ausschreibungslisten der Firmen gelangen.

NIROUMAND: Das wird sich ändern. Schließlich hat die Telekom eine große Präsenz in den USA.

CW: Ist der Wettbewerb in Deutschland intensiver geworden?

NIROUMAND: Bei den Ausschreibungen begegnen uns viele der alten Wettbewerber nicht mehr so oft. Das gilt national wie international. An ihre Stelle treten neue Anbieter wie HP. IBM ist natürlich fast immer dabei.

CW: Es scheint, als ob das Potenzial größer wird, denn mittlerweile überlegen die Unternehmen nicht nur, sondern lagern tatsächlich aus.

NIROUMAND: Ja, und der Outsourcing-Markt wird auch weiter wachsen. Allerdings ist der Kostendruck auf Kundenseite größer, das spüren wir sehr deutlich. Früher war die Erwartungshaltung beim Kunden, zehn bis 15 Prozent Einsparungen zu erzielen. Heute fordern sie zwischen 25 und 30 Prozent.

CW: Das sind sportliche Ziele.

NIROUMAND: Bedenken Sie, dass die Deutsche Bank ihre Kosten um 50 Prozent senken will.

CW: Wie wirkt sich dieser Trend auf Ihre Geschäftszahlen aus?

NIROUMAND: Der Umsatz ist fast stabil geblieben.

CW: Allein im Outsourcing-Geschäft?

NIROUMAND: Ja, und es hat keine Fluktuation der Kunden gegeben, im Gegenteil, wir konnten sogar viele Neugeschäfte abschließen. Allerdings mussten wir unsere Kostenbasis verbessern, um der insgesamt schwachen Konjunktur entgegenzuwirken.