Outsourcing: Geiz ist nicht innovativ

16.08.2007
Von Gerd Schwarze
In der Praxis hapert es mit der innovativen Kraft in Outsourcing-Partnerschaften.
Nahezu zwei Drittel von mehr als 100 befragten Anwender in Deutschland beklagen Leistungsverfehlungen oder nicht eingehaltene Einsparungen.
Nahezu zwei Drittel von mehr als 100 befragten Anwender in Deutschland beklagen Leistungsverfehlungen oder nicht eingehaltene Einsparungen.

Eigentlich wollen Anwenderunternehmen mit der Auslagerung von IT-Dienstleistungen vornehmlich ihr IT-Budget entlasten. Das bestätigen diverse Umfragen immer wieder. Laut Deloitte-Studie erwarteten beispielsweise 70 Prozent der Befragten eine Entlastung ihrer IT-Kosten. Doch in die Entscheidungsfindung fließen immer häufiger auch die Branchenerfahrung, technologische Kompetenz sowie die Fähigkeit und die Bereitschaft des Anbieters ein, als ganzheitlicher Berater Services und Prozesse zu verantworten und zu verbessern. Grund für diese gesteigerte Erwartungshaltung sind teilweise die Outsourcing-Anbieter selbst, die ihren potenziellen Kunden sowohl Kostenentlastung als auch Wettbewerbsvorteile in Aussicht stellen.

Hier lesen Sie ...

warum Anwender die Ver-änderungsvorschläge der Dienstleister zurückweisen;

welchen Mehrwert komplementäre Services bieten können;

welche Rolle der internen IT obliegt;

wie Unternehmen den passenden Outsourcing-Partner finden.

Mehrwert ist möglich

Der Vorschlag ist durchaus realistisch, scheitert allerdings häufig noch in der Praxis. Als Beispiel dafür, dass Outsourcing Mehrwert bieten kann, lassen sich Rechnungsdruck-Dienstleistungen für TK-Unternehmen anführen. Vergleicht man verschiedene Anbieter lediglich mit Blick auf die Basisleistungen Datenübernahme, Druck und Kuvertierung, die überwiegend anhand reiner technischer Kennzahlen beschrieben werden, sind keine wesentlichen Unterschiede hinsichtlich der Kosten und Leistungen erkennbar. Rohstoffe und Maschinenpark bieten wenig Raum für eine Differenzierung.

Unterschiede zeigen sich jedoch, wenn man die Flexibilität, schnell auf veränderte Rahmenbedingungen zu reagieren, sowie die Prozesskompetenz und das Innovationspotenzial der An-bieter näher betrachtet. Ins-besondere der Versendermarkt bietet seit dem wegfallenden Briefmonopol erhebliches Einsparpotenzial. Anbieter, die den Markt aufmerksam beobachten und in der Lage sind, schnell mit neuen Versendern zu kooperieren, können ihren Kunden kurzfristig Kostenvorteile beim Porto sichern. Voraussetzung ist, dass sie zügig ihr Sortierverfahren anpassen können, über innovative Methoden der Adressprüfung verfügen und sich selbst als Berater verstehen, der seine Kunden über aktuelle Entwicklungen informiert.

Die Services können langfristig Mehrwerte bieten. Mit Hilfe komplementärer Prozessdienstleistungen sind Anbieter in der Lage, die Absatzzahlen ihrer Kunden zu verbessern, indem sie etwa zusätzlich zur technischen Abwicklung auch Daten auswerten und eine personalisierte Steuerung übernehmen: Möglicherweise schafft es der Outsourcer, die IT mit den Bedürfnissen von Marketing und Vertrieb so zu verknüpfen, dass neue Wege in der Kundenansprache entstehen.

Dazu müssten die Anbieter allerdings in die Abläufe ihrer Kunden eingreifen. Doch hier sträuben sich viele Unternehmen, und an diesem Punkt trennt sich die Spreu vom Weizen sowohl bei den IT-Dienstleistern als auch im Outsourcing-Management des Anwenders. Die Basis für ein erfolgreiches Outsourcing sind klare Zielsetzungen. Genau hier hapert es jedoch bei den meisten Unternehmen, weil die Ziele oft schwammig definiert oder als geheim eingestuft werden.

IT muss Impulse setzen

Will sich ein Unternehmen die vom Outsourcing-Anbieter in Aussicht gestellten Innovationen zunutze machen, muss die interne IT selbstbewusst sein. Es genügt nicht, wenn sie lediglich ausführende Instanz für die Anforderungen der Geschäftsbereiche ist. Vielmehr muss die IT den Spielraum besitzen, Geschäftsimpulse zu geben, zum Beispiel für die oben erwähnten neuen Absatz- und Vertriebsmöglichkeiten. Um sich diesen Mehrwert zu verschaffen, können die Anwender nicht einfach nur den kostengünstigsten Anbieter verpflichten, das liegt auf der Hand. Insbesondere "weiche" Leistungsbestandteile, wie die Innovationskraft eines Outsourcers, die sich aus einem Angebot nicht unmittelbar ablesen lassen, sollten bei Vertragsverhandlungen abgefragt werden und in die Entscheidung einfließen.

Als Indikator eignen sich die Einschätzungen der Anbieter der im Ausschreibungsdokument beschriebenen Abläufe. An welchen Stellen sehen sie Ansatzpunkte für Verbesserungen? Inwiefern konnten sie bereits nachweislich Mehrwerte bei den angegebenen Referenzkunden erzielen? Dienstleister, die ihren Kunden als Berater zur Seite stehen wollen, haben auf diese Fragen eine Antwort. Welches Gewicht diese Einschätzungen indes bei der Bewertung und Auswahl der Anbieter haben und ob sie möglicherweise sogar die reine Kostenfrage in den Hintergrund rücken, hängt wiederum von den Zielen des Projekts ab. Am Beispiel des Rechnungsdrucks: Soll die Kundenkommunikation verbessert werden, oder sollen Kosten gesenkt werden?

Ziele definieren und gewichten

Viele Unternehmen mehr als 65 Prozent laut der Deloitte-Studie "Sourcing Health Check 2007" beklagen Kosten- und/oder Leistungsverfehlungen in zum Teil erheblichem Umfang: Weder haben sich die erwarteten Skaleneffekte eingestellt, noch konnten die Unternehmen vom angepriesenen Wissen profitieren. Doch oft sind die Probleme hausgemacht, denn Sparziele und Innovationen sind schwer unter einen Hut zu bringen. Während das kaufmännische Teilprojekt auf Kostentransparenz und aufwandsabhängige Abrechnung von Einzelpositionen gemäß der Ist-Kostenstruktur pocht, setzt das SLA-Team (Service-Level-Agreements) auf Best-Practice-Services und Standard-SLAs des Dienstleisters. Solche und ähnliche Konstellationen führen dazu, dass am Ende weder die Skaleneffekte noch die Kompetenz des Dienstleisters ausreichend zum Tragen kommen.

Vermeiden lässt sich dieses Dilemma nur, indem das Projektteam die Ziele definiert und gewichtet. Diese gilt es dann im Rahmen des Projekts konsequent zu verfolgen. So können Anwender sicherstellen, dass sie den besten Outsourcer finden, der einen Mehrwert für das Unternehmen schafft. Das lässt sich unabhängig davon erreichen, ob diese Ziele Prozesstransformation, Kostensenkung oder Leistungsverbesserung heißen. (jha)