Trotz hoher Erwartungen an die IT-Auslagerung

Outsourcing: Banken bleiben skeptisch

24.10.2003
MÜNCHEN (CW) - Von Outsourcing-Projekten erhoffen sich deutsche Geldinstitute vor allem Kostenvorteile und eine Konzentration auf Kernkompetenzen. Doch den hoch gesteckten Erwartungen stehen noch immer erhebliche Vorbehalte gegenüber, wie eine Studie des International Bankers Forum und von Accenture belegt.

Der Kosten- und Wettbewerbsdruck im deutschen Bankensektor führt zu einem nie da gewesen Reformzwang für die Geldinstitute, schreiben die Autoren. Die Herausforderung, Kosten zu senken und gleichzeitig Effizienz und Qualität zu steigern, erfordere eine grundlegende Restrukturierung der Wertschöpfungsstrukturen. Immer mehr Unternehmen prüften deshalb die Auslagerung einzelner IT-Aufgaben bis hin zu kompletten Geschäftsprozessen.

Positive Einstellung überwiegt

Vor diesem Hintergrund initiierte der IT-Dienstleister Accenture gemeinsam mit dem Berufsverband International Bankers Forum e.V. eine Befragung von 124 Bank-Managern und Branchenexperten aus unterschiedlichen Führungsebenen (siehe Kasten: "Die Studie"). Dabei gaben 51 Prozent an, bereits Erfahrung mit Outsourcing gesammelt zu haben. 60 Prozent stehen dem Thema positiv oder sehr positiv gegenüber.

Die damit verbundenen Hoffnungen ergeben ein klares Bild: 87 Prozent der Befragten erwarten eine stärkere Konzentration auf Kernkompetenzen, fast ebenso viele rechnen mit Einsparungen für das gesamte Unternehmen. Die zentrale Rolle des Kostenarguments belegen weitere Angaben: So nannten 77 Prozent als Motiv, fixe in variable Kosten umzuwandeln, 69 Prozent eine verbesserte Kostenkontrolle.

Andere Potenziale von Outsourcing-Vorhaben treten angesichts des Kostendrucks in den Hintergrund: Nur knapp die Hälfte der Befragten sieht Chancen in der Teilung von Risiken und Investitionskosten und damit einer Verringerung des unternehmerischen Gesamtrisikos. Für 45 Prozent sind zusätzliche Finanzmittel, die für strategische Investitionen in anderen Bereichen frei werden, von großer Bedeutung. Letzteres gilt für Manager aus der ersten Führungsebene in besonderem Maße. Für sie spielt die Konzentration auf Kernkompetenzen eine wichtigere Rolle als für nachgeordnete Führungskräfte; eine höhere Flexibilität der ausgelagerten Funktion halten sie für entscheidend.

Den hoch gesteckten Erwartungen stehen besonders unter deutschen Managern erhebliche Vorbehalte gegenüber. Im europäischen Vergleich haben hiesige Geldinstitute deshalb von den verschiedenen Outsourcing-Möglichkeiten noch wenig Gebrauch gemacht, konstatieren Accenture und IBF. Laut Erhebungen der Marktforschungsfirma IDC entfielen von den hundert größten Outsourcing-Deals in Europa nur neun auf den Bankensektor, davon bloß einer auf Deutschland.

Ausschlaggebend für die Zurückhaltung scheint vor allem die Angst vor Qualitätsverlusten in den ausgelagerten Bereichen zu sein: So zweifeln 85 Prozent der Befragten an der Qualität und damit an der Leistungsfähigkeit der Outsourcing-Partner; 72 Prozent fürchten die Abhängigkeit vom Dienstleister. Für zwei Drittel spielen potenzielle Reibungsverluste im Projektverlauf eine wichtige Rolle. Diese Skepsis bezieht sich nicht nur auf die fachlichen Kompetenzen des Outsourcing-Anbieters sondern auch auf dessen Fähigkeiten, die Zusammenarbeit fair und zuverlässig zu gestalten, erläutern die Autoren. Jeder Zweite äußerte Bedenken hinsichtlich einer gerechten Aufteilung der erzielten Einsparungen zwischen Auftraggeber und Dienstleister.

Rückabwicklung bereitet Sorgen

Weniger bedeutsam sind offenbar andere Risiken wie ein möglicher Personalabbau. So befürchten 47 Prozent der Interviewten den Arbeitsplatzverlust von Mitarbeitern, eine Gefährdung des eigenen Arbeitsplatzes sehen 35 Prozent. In den unteren Führungsebenen sind diese Sorgen deutlicher ausgeprägt. Etwas überraschend sorgen sich lediglich 46 Prozent, mit Outsourcing die ausgelagerten Bereiche nicht mehr kontrolieren zu können. Demgegenüber nennen 59 Prozent die in der Praxis kaum mögliche Rückabwicklung von Outsourcing-Vereinbarungen als Grund für die Skepsis.

Erfolgsentscheidend für Outsourcing-Projekte sind Planungs- und Umsetzungskompetenzen des Dienstleisters, darin sind sich die Befragten einig. 92 Prozent betrachten sehr gute Projekt-Management-Fähigkeiten als unerlässlich für einen reibungslosen Betriebsübergang. Darüber hinaus erwarten mehr als 80 Prozent ausgeprägte funktionale Kenntnisse und Branchenwissen vom Servicepartner. Dieser müsse in der Lage sein, aussagefähige Business Cases mit Rentabilitäts- und Kostensenkungspotenzialen zu entwerfen.

Erfolgsfaktoren

Als zentraler Erfolgsfaktor gilt auch die Steuerung der Outsourcing-Anbieter. Die meisten Befragten verbinden damit enge Vorgaben und eine permanente Kontrolle: Für 98 Prozent bilden Leistungskataloge das wichtigste Steuerungsinstrument, mehr als 80 Prozent zählen eine ständige Überprüfung der Zielerreichung und die Festlegung von Service-Level-Agreements zu den wichtigsten Maßnahmen. Entscheidend für einen reibungslosen Betriebsübergang ist für die meisten zudem eine frühzeitige und regelmäßige Kommunikation mit den Betroffenen.

In ihren Handlungsempfehlungen raten die Verfasser der Studie, neben kurzfristigen Kostenvorteilen auch strategische Chancen und "gebündelte Innovationskräfte" im Auge zu behalten: "Wir beobachten, dass die konsequente Abstimmung von Outsourcing-Aktivitäten mit der langfristigen Unternehmensstrategie noch viel zu oft vernachlässigt wird", kommentieren IBF-Präsident Nader Maleki und Accenture-Manager Ralf Naef die Ergebnisse. Die Erfahrung zeige aber, dass das Bewusstsein hierfür mit zunehmender Outsourcing-Übung steige. (wh)

Die Studie

Im Dezember 2002 und Januar 2003 ließ der Berufsverband International Bankers Forum (IBF) 124 Bank-Manager und Branchenexperten befragen. Die Interviewten stammten etwa zu gleichen Teilen aus der ersten, zweiten und dritten Führungsebene. Dabei wurden sowohl kleine und mittlere als auch große Geldinstitute berücksichtigt. Der IT-Dienstleister Accenture analysierte die anonymisierten Ergebnisse. Dennoch ist die Studie nicht repräsentativ, wie die Verfasser einräumen. Zu beachten ist auch, dass Accenture im deutschen Markt selbst als Outsourcing-Dienstleister agiert und beispielsweise Großaufträge von der Deutschen Bank gewonnen hat.

Abb: Vorbehalte gegenüber Outsourcing<

Viele Führungskräfte deutscher Geldinstitute zweifeln an der Qualität und damit an der Leistungsfähigkeit der Outsourcing-Partner. Sie fürchten zudem die Abhängigkeit vom Dienstleister. Quelle: Accenture