Outsourcing auf Branchen konzentrieren

23.12.1994

Etwa eine Milliarde Mark und damit 17 Prozent mehr als 1993 wird die Ruesselsheimer Electronic Data Systems (EDS) in diesem Geschaeftsjahr umsetzen. Horst Graeber, Geschaeftsfuehrer von EDS Deutschland, registriert mit Genugtuung, dass der IT-Dienstleister inzwischen mehr als die Haelfte seiner Einnahmen ausserhalb der Konzernmutter General Motors Corp. generiert. Um an dem fuer 1994 auf 134 Milliarden Mark veranschlagten deutschen IT-Markt noch mehr partizipieren zu koennen, hat EDS umstrukturiert: Branchenorientierung heisst das Erfolgsrezept.

CW: Ist Outsourcing in erster Linie eine Alternative fuer denjenigen, der seine IT-Abteilung jahrelang vernachlaessigt hat?

Graeber: Dies galt sicherlich in den 80er Jahren, heute trifft es nur noch eingeschraenkt zu. Natuerlich: Wer seine Datenverarbeitung nicht gepflegt hat, steht heute vor einem grossen Investitionsschub, besonders im personellen Bereich. Dort muessen Ressourcen mobilisiert werden, die eine Verlagerung nach draussen vom Grundsatz her attraktiver erscheinen lassen als bei demjenigen, dessen DV in Ordnung ist. Der Trend fuer das Outsourcing weist heute jedoch oft in Richtung einer IT- Wertschoepfung.

CW: Heisst das, IT wird vielfach nicht so eingesetzt, wie dies fuer ein Unternehmen sinnvoll waere?

Graeber: Ja, wobei die reine Technologie an Bedeutung verliert und die Prozessunterstuetzung in den Vordergrund rueckt. Zwischen dem Leistungsvermoegen der Informationstechnologie und dem damit tatsaechlich erzielten Mehrwert klafft eine teure Luecke, fuer die wir den Begriff "Impact Gap" gepraegt haben.

CW: Wie sieht der typische Outsourcing-Kunde aus?

Graeber: Auch in Unternehmen, in denen die DV optimiert wurde, kommt es bei Projekten zu Spitzenbelastungen, die sich inhouse weder von der Infrastruktur noch von den Spezialisten her bewaeltigen lassen. Manche Firmen koennen oder wollen nicht auf die Schnelle Ressourcen aktivieren, die man spaeter unter Umstaenden wieder abbauen muss. Ein anderes Beispiel waeren Unternehmen, deren Standort sich ausserhalb der Ballungszentren befindet, so dass die benoetigten Fachkraefte nur mit erheblichen Problemen rekrutiert werden koennen. In beiden Faellen kann es sich lohnen, auf das technische und branchenspezifische Know-how eines Dienstleisters zurueckzugreifen.

CW: Welche Leistungen verkaufen Sie unter dem Sammelbegriff Outsourcing?

Graeber: Wir haben unser Consulting in verschiedenen Richtungen ausgebaut. Neben den urspruenglichen Services wie dem reinen System-Management uebernehmen wir inzwischen auch komplette Geschaeftsablaeufe, so zum Beispiel die Scheckverarbeitung der Citibank oder die Buchhaltung der Leuna Werke in Halle. Ueber das bekannte Outsourcing zum Festpreis hinaus gibt es neue Vertragsformen wie das Co-Sourcing mit einer Preisgestaltung auf Erfolgsbasis.

CW: EDS taetigt mittlerweile 53 Prozent des Gesamtumsatzes mit Branchengeschaeften . . .

Graeber: . . . richtig, unsere neue Struktur in Deutschland sieht vor, dass die Organisation aller Aktivitaeten vom Marketing ueber Vertrieb bis hin zum Management an sechs Branchen ausgerichtet wird. Dazu zaehlt die Fertigung, die zur Zeit noch etwa die Haelfte unseres Umsatzes mit den einzelnen Branchen ausmacht. Die anderen Bereiche sind Handel, Banken und Versicherungen, Behoerden, Chemie und Energie sowie Kommunikation und Medien. Unsere Konzentration auf diese Branchen leitet sich auch direkt aus dem Reifezyklus des jeweils betroffenen IT-Marktes ab. Er befindet sich bei den meisten der angesprochenen Segmente noch in der Einfuehrungs- beziehungsweise Wachstumsphase.

CW: Und ueber die Lufthansa Systems GmbH decken Sie den Bereich Luftfahrt ab?

Graeber: Aber nur indirekt. Der Vertrag ueber unsere 25prozentige Beteiligung an dem neuen Systemhaus laeuft ueber drei Jahre und muss dann, entsprechend den Ergebnissen, ueberdacht werden. Ueber diesen Weg wollen wir uns im Bereich der Logistik von Flughaefen und Lufttransporten engagieren. Personell wird von uns allerdings niemand fuer diese Aufgabe abgestellt werden. Lediglich Nathan Lanford, Leiter des EDS-Bereichs Air Transport Services in den USA, soll zur Geschaeftsfuehrung des Frankfurter Dienstleisters wechseln.