Otellini übernimmt die Verantwortung bei Intel

24.05.2005
Der Manager rückt in einer schwierigen Phase an die Spitze des Konzerns vor.

Für Paul Otellini wird sich in den kommenden Jahren erweisen, wie erfolgreich seine zuletzt geleistete Arbeit wirklich war. Der 54-jährige Chief Operating Officer (COO) wurde auf der Hauptversammlung am 18. Mai zum CEO von Intel berufen. Sein Wechsel an die Spitze markiert eine Zäsur für den Konzern, dem nun erstmals ein Finanz- und Marketing-Experte vorsteht. Sämtliche vier Vorgänger waren Ingenieure, und sie haben die Messlatte sehr hoch gelegt.

Otellinis Mantra sind anwendungsorientierte Plattformen, die über die rein technischen Merkmale hinaus die Nachfrage ankurbeln sollen. Nackte Chips und deren Spezifikationen haben ihren Reiz verloren, der PC-Markt wächst langsamer, Nutzer und Geschäftspartner verlangen nach Lösungen. Zudem können eventuelle Inkompatibilitäten zwischen den Halbleitern im Vorfeld behoben werden, argumentiert das Unternehmen für die Bündelung der Produkte. Intels Ziel ist simpel: mit Paketen mehr Umsatz erzielen und kleineren Konkurrenten den Markteintritt erschweren. Daher wird der Konzern auch nicht müde, die Größe eines Unternehmens als maßgeblichen Erfolgsfaktor im Überlebenskampf der Chiphersteller zu betonen.

Zusammen mit der Wachablösung gewährte Intel einen Blick in die nahe Zukunft. Ab Ende des Monats wird die neue "Professional Business Platform" (PBP) das Fundament für Unternehmens-PCs bilden. Ein aktueller Chipsatz, ein Netzwerkadapter und einige System-Management-Funktionen, die rund um den Prozessor angesiedelt sind, sollen das Leben des Supports erleichtern. Selbst ausgeschaltete Desktops lassen sich damit über das Netz administrieren.

Kein Durchbruch für Barrett

Otellinis Erfolg wird jedoch auch an der Frage gemessen, ob es ihm gelingt, die Abhängigkeit vom PC-Geschäft zu reduzieren. Rund 80 Prozent der Umsätze stammen aus dem Bereich. Otellinis Vorgänger Craig Barrett hatte Ende der 90er Jahre versucht, in andere Segmente wie den Mobiltelefonmarkt vorzudringen. In seiner Amtszeit waren rund zehn Milliarden Dollar für Übernahmen investiert worden. Ein Durchbruch war Barrett auf diesen neuen Geschäftsfeldern nicht vergönnt. An welcher Stelle Intel künftig angreifen will, ist nicht klar. In jedem Fall wird es nicht leicht, die traditionell hohen Gewinnspannen aus dem PC-Bereich auch in anderen Segmenten zu erzielen. Im Stammgeschäft geriet der Konzern zuletzt durch Wettbewerber AMD unter Zugzwang.

Otellini hat die große Zeit der Prozessoren miterlebt, und er hat den Wandel eingeleitet - der Metzgerssohn arbeitet seit über 30 Jahren bei Intel, kaum einer dürfte den Konzern so gut kennen wie der neue Chef. Der bis dato amtierende CEO Barrett rückte durch die Berufung Otellinis auf den Vorsitz des Verwaltungsrates vor. Von dieser Position abgelöst wurde Andy Grove, der Intel in den 90er Jahren wieder auf die Überholspur gesteuert hat. Von seiner Leistung konnte Barrett lange zehren. Aktionäre und Mitarbeiter verabschiedeten Grove auf der Hauptversammlung mit stehenden Ovationen. (ajf)