Testzentren dringend notwendig:

OSI-Entwickler gründen Erfa-Gruppe

15.11.1985

AACHEN (CW) - Entwickler von ISO-OSI-Protokollsoftware trafen sich kürzlich zu einem ersten Erfahrungsaustausch in Aachen. Eingeladen hatte der Lehrstuhl Informatik IV der Technischen Hochschule, der selbst an der Entwicklung von Meßmonitoren für ISO-OSI-Software arbeitet.

Vertreter der Firmen Bull, IBM, Norsk Data, SCS und Stollmann sowie mehrerer kleinerer Softwarehäuser und öffentlicher Einrichtungen bekundeten ihr Interesse an einem derartigen Erfahrungsaustausch zwischen Entwicklern. Gegenstand der Diskussion waren Fragen nach Lücken in den Normen, der Umsetzung von Normsoftware in Hard- und Software auf konkrete Maschinen sowie dem Entwicklungsstand der einzelnen Layer. Es zeigte sich, daß in der Bundesrepublik zur Zeit intensiv an Netzen aller Richtungen gearbeitet wird. Die von der ISO vorgegebenen Normen für offene Systeme werden dabei allgemein anerkannt; aber auch rein nationale Normen finden starke Berücksichtigung (EHKP-Protokolle).

Die Entwicklungsarbeiten konzentrieren sich auf alle Ebenen über dem Layer 2. Hauptsächlich die kleineren Softwarehäuser kämpfen dabei mit Problemen der Zugänglichkeit von Normungsunterlagen etc. Die intensive Arbeit auf diesem Gebiet führt naturgemäß zum Auftreten einer Reihe von Problemen. Auf Ebene 2 wurden Inkompatibilitäten zwischen VLSI-Chips und Dienstdefinitionen in den Normen beklagt.

Bezüglich der Ebenen 3 und 4 wird zur Zeit noch verstärkt mit der vom US-Department of Defense (DoD) favorisierten TCP/IP-Software gearbeitet, die nicht der ISO-Norm entspricht, aber funktional gleichwertig ist. Für den deutschen Markt ebenso aktuell sind EHKP4-Implementierungen. Neben Fragestellungen der Umsetzung dieser Pakete auf konkrete Maschinen entsteht damit das Problem der Überführung in den ISO-Standard. Dieses Problem wird noch verstärkt durch die aus dem MAP-Bereich motivierte Erweiterung der Transport-Klasse 4 um einen verbindungslosen Dienst. Ebenfalls den Ebenen 3 und 4 werden Fragestellungen nach den Gatewayproblematiken LAN-WAN und LAN-PBX zugeordnet, erstere muß auch im Zusammenhang mit dem deutschen Forschungsnetz DFN gesehen werden.

Bezüglich der oberen Layer konzentrierte sich die Diskussion auf File-Transfer-Anwendungen und die Problematik der Qualitätssicherung und Leistungsbewertung der Implementierung und der Protokolle an sich. Hier verstärkt sich die Notwendigkeit der Schaffung von Testzentren, der Definition von Testbettsystemen zur Validierung und der Entwicklung von Meßmonitoren auf allen Ebenen.

Neben den inhaltlichen Fragestellungen kamen die Teilnehmer überein, einen Literaturservice für schwer zugängliche Normungsunterlagen aufzubauen und die Kontakte zu deutschen Gremienvertretern in internationalen und nationalen Normungsausschüssen zu intensivieren. Für die nächsten Treffen der Arbeitsgruppe wurden die Themenstellungen Transportsoftware und höhere Layer, speziell X.400-Implementierungen anvisiert.

Interessenten an der Arbeit dieser Gruppe wenden sich an: Jürgen Suppan-Borowka RWTH Aachen, Informatik IV, Templergraben 64, 5100 Aachen, Telefon 02 41/80 45 71.