Mit knapp 100 000 Besuchern unerwartet hoher Andrang auf der US-Messe:

OS/2-Spektakel verleiht der Comdex Konturen

13.11.1987

LAS VEGAS (CW) - Wie erwartet beherrschten die Novitäten zum Thema "PS/2 und OS/2" die Szene auf der diesjährigen Herbst-Comdex in Las Vegas. Weitere Produkt-Highlights bestätigten den allgemeinen Trend In Richtung LAN-Vernetzung, wobei auch der Bückenschlag zu DEC und Apple zunehmend an Bedeutung gewinnt.

Mit rund 100 000 Besuchern, rund 10 000 mehr als zunächst erhofft, profilierte sich die Comdex inzwischen als d i e Fachmesse in den USA. Dies schlägt sich unter anderem auch darin nieder, daß die Messe als Forum für weltweite Ankündigungen genutzt wird, so beispielsweise von IBM in Sachen OS/2 (siehe hierzu "Big Blue serviert OS/2 häppchenweise", Seite 1). Andere sprangen auf diesen Zug auf und gaben sich hard- oder softwarekompatibel oder beanspruchten gar beides.

Novell etwa kündigte für sein Netzwerk-Betriebssystem Netware Erweiterungen an, die ähnliche Features bieten sollen wie IBMs OS/2 Extended Edition. Die Erweiterungen beinhalten unter anderem Fehlertoleranz- und Netzwerkmanagement-Funktionen, die bisher nach den Worten von Craig Burton, dem Senior Vice President für Planung und Entwicklung bei Novell, weder im OS/2 noch in den bisherigen Produkten des LAN-Spezialisten implementiert sind. Als Auslieferungstermin sei der Juli 1988 ins Auge gefaßt, unmittelbar nach der Auslieferung der OS/2 Extended Edition durch IBM selber.

Novell ist damit, so Präsident Raymond Noorda, der erste LAN-Anbieter, dem der Marktführer hierfür technische Unterstützung sowie die notwendige Dokumentation verfügbar gemacht habe. Daneben wolle man jedoch auch auf PC-Ebene über das Netz Kompatibilität zur OS/2 Standard Edition bieten. Entsprechende Produkte sind für das erste Quartal 1988 vorgesehen.

Schon die Ähnlichkeit der Bezeichnung soll es suggerieren: Mit der "Personal-Workstation-2"-Familie stellte die Unisys Corp. drei Rechner vor, die auf den Intel-Prozessoren 80286 und 80386 basieren und neben Microsofts MS-DOS auch Xenix System V, Windows 2.0 sowie MS OS/2 beherrschen.

OS/2 wird von allen drei Modellen 300, 500 und 800 unterstützt, während Windows 2.0 auf der Version 300 und 500 läuft beziehungsweise Windows/386 auf dem Modell 800. Xenix ist für die Serien 500 und 800 verfügbar. Die beiden letztgenannten Rechner sind mit umschaltbaren Ports für synchrone und asynchrone Kommunikation ausgestattet und sollen bereits in diesem Monat auf dem US-Markt ausgeliefert werden; das kleine Modell wird mit einem speziellen Terminalemulations-Board von Unisys kommunikationsfähig gemacht und kommt im Januar nächsten Jahres.

Phoenix Technologies aus Norwood, Massachusetts, demonstrierte, daß PS/2-Clones sich bereits am Horizont abzeichnen: Mit dem "Basic Input/Output System (Bios) stellte das Unternehmen eine wesentliche Software-Komponente für die PS/2-Reihe vor, wobei als Kompatibilitäts-Testfeld auf der Comdex die gesamte PS/2-Hardware von IBM bis zum Modell 60 diente. Im Januar 1988 sollen die Bios-Programme für die Modelle 30 und 25 ausgeliefert werden, und noch im ersten Quartal des nächsten Jahres will man auch entsprechendes für die Modelle 50,60 und 80 verfügbar machen.

Die kanadische Quantum Software Systems Ltd. nahm für sich in Anspruch, mit ihrem Betriebssystem QNX das erste Betriebssystem für die PS/2-Familie zu präsentieren, das über Multiuser-, Multitasking- sowie über Netzwerkfunktionen verfügt und zudem abwärts-kompatibel zu den IBM PC, PC AT und XT sowie kompatiblen Rechnern ist. Für die Vermarktung von QNX haben die Kanadier sich mit Hewlett-Packard zusammengetan.

Kompatibilität auf der Ebene von IBMs Micro Channel Bus Architecture bewiesen unter anderem IDE-Associates Inc. und die DCA-Tochter 10Net Communications, die bis vor kurzem noch als Fox Research Inc. firmierte. IDEAssociates stellte mit IDEAcomm 3278/DFT und 3270/ SNA zwei Karten für die IBM-PC-Reihe und die PS/2-Familie vor, die 3278- oder 3179-Terminals beziehungsweise 3287-Drucker emulieren. 10Net Communications war mit einer neuen Netzwerk-Adapterkarte vertreten, die PS/2-Geräte und IBM PC über die Twisted-Pair-Kabel des 10Net-LAN verbindet.

Den Trend in Richtung Vernetzung unterschiedlicher LANs unterstrichen auf der Comdex eine Reihe von Anbietern. So zeigte die Microcom Inc. "LAN Bridge" ein Produkt für die Verbindung von Ethernet- oder Token-Ring-Netzen über Wähl- und Mietleitungen. LAN Bridge ist lauffähig auf den Betriebssystemen Netware von Novell, 3+ von 3Com und DECnet von Digital Equipment und ermöglicht auch die Verknüpfung von TCP/IP-Netzen.