Maßgeschneiderte Versionen beeinträchtigen Kompatibilität:

OS/2 kann zum Problem werden

18.03.1988

DALLAS (IDG) - Softwareentwickler warnen Multivendor-Anwender vor Schwierigkeiten mit unterschiedlichen, für die jeweiligen Rechner verschiedener Hersteller optimierten Versionen des neuen PC-Betriebssystems OS/2. Zur Zeit haben erst wenige Hardwarehersteller OS/2 für ihre Produkte angepaßt, darunter Compaq, IBM und Zenith. Das Problem wird jedoch mit jedem weiteren Anbieter signifikanter.

"Es kann zum Alptraum werden, all diese unterschiedlichen Versionen zu verwalten", erklärte Wayne Erickson, Chef des Softwarehauses Microrim, das sein Datenbankprodukt Rbase bisher für die OS/2-Versionen von Compaq und IBM zertifiziert hat.

Computer Associates hat eine ganze Reihe von Testkopien seines Produkts Expert/2 an ebenso viele OS/2-OEMs gesandt, um die Kompatibilität mit den jeweiligen Versionen sicherzustellen. "Wir haben einige Abweichungen festgestellt, und manche Versionen funktionieren einfach nicht", sagte dazu der Entwicklungsleiter von Computer Associates, Christopher Frew. Verantwortlich für die Fehlfunktionen seien in den meisten Fällen Gerätetreiber und die Verwaltung der Speicherkonfiguration.

Die Compaq-Version soll sich relativ gutmütig verhalten: Die einzigen Änderungen, die das Unternehmen an der Software vorgenommen hat, betreffen die Unterstützung eines Tape-Backup-Laufwerks sowie von Grafikboards und Plasma-Displays.

Micropro International glaubt, IBM wolle sich mit der Extended Edition und ihrer Mainframe-Konnektivität als Hebel verstärkt ins Spiel bringen. "Die meisten Firmen entwickeln mit einem Allerwelts-Batriebssystem von Microsoft. Daneben gibt es eine abgeschottete OS/2-Version von IBM. Die Leidtragenden werden die Anwender sein, wenn in den nächsten zwei Jahren die Software auf den Markt kommt, die nur unter der Extended Edition läuft", beschreibt Micropro-Geschäftsführer Leon Williams seine Sicht der Dinge.

Der DV-Manager, der seine Hardware von verschiedenen Anbietern zusammenkaufe, müsse sicherstellen, daß alles zusammen funktioniere. Mit dieser Aussage schob der Leiter der Abteilung Software Business Systems bei IBMs Entry Systems Division den Schwarzen Peter dem Anwender zu.

"Wir versuchen ja nicht absichtlich, dem Wettbewerb wehzutun. Wir erfüllen lediglich die Anforderungen unserer Kunden. Wir werden das Zusammenspiel zwischen Hard- und Software auch weiter kontinuierlich anpassen."

Microsoft schließlich, der Urheber des bewußten Betriebssystems, begnügt sich mit einem Appell an die Hardwareentwickler. Der Softwareanbieter fordert die Rechnerhersteller auf, ihre jeweiligen OS/2-Versionen nicht zu drastisch an ihre differierenden Hardwaresysteme anzupassen und dadurch Kompatibilität aufzugeben.