Kommerzielle Softwarelösungen und Bürosysteme in Köln gefragt:

Orgatechnik reüssiert als Mittelstandsmesse

28.10.1988

KÖLN (bk) - Die Orgatechnik hat ihre Position als regionale Bürofachmesse für den Mittelstand gefestigt. Die anwesenden DV-Anbieter konzentrierten sich in ihrem Lösungsspektrum fast ausschließlich auf mittelständische Besucher, die in den ersten beiden Tagen auch zahlreich erschienen. Halbzeits-Fazit einiger Aussteller: "Überraschend guter Besuch für Köln."

Nach der vergangenen Orgatechnik hatte sich herumgesprochen, daß nur die DV-Anbieter in Köln am rechten Platz sind, die Lösungsangebote für die mittelständische Wirtschaft präsentieren können. Entsprechend rar machten sich heuer Hersteller, die sich eher im technischwissenschaftlichen Midrange-Bereich zu Hause fühlen oder aber auf den Großkundenbereich setzen. Zu den Abstinenzlern zählten unter an derem Digital Equipment, Data General, Prime und Hewlett-Packard. HP-Pressesprecher Michael Krug erklärte im Vorfeld der Orgatechnik: "Wir schicken unsere Vertriebspartner und Händler nach Köln. Für sie ist die Orgatechnik das richtige Forum."

Ganz ähnlich dachte man auch bei Data General. Pressesprecherin Marlo Thompson: "Wir sind zuletzt nur noch wegen unserer Vertriebspartner zur Orgatechnik gegangen. Da sich diese jedoch in diesem Jahr nicht mehr auf einem Gemeinschaftsstand, sondern mit eigenen Ständen in Köln präsentieren wollten, ergab sich für uns die Möglichkeit, mit der Orgatechnik eine weitere Universalmesse aus unserem Messeprogramm zu streichen. Gerade für diese sehr regionale Veranstaltung standen die Kosten in keinem Verhältnis zum Nutzen." Da der Trend inzwischen stark zu Branchenmessen, Hausmessen oder Seminarveranstaltungen ginge, sei es auch nicht weiter erstaunlich, daß immer mehr DV-Anbieter den Universalmessen den Rücken kehrten.

Wer sich als DV-Anbieter dem Mittelstand jedoch mit den entsprechenden Lösungspaketen präsentierte und im Vorfeld gezielt akquiriert hatte, konnte bereits an den ersten beiden Orgatechnik-Tagen mit dem Besucherandrang zufrieden sein. Bereits am Vormittag des ersten Tages waren sowohl die Stände als auch die Gänge der "Computerhalle" gut gefüllt. Werner Fuhrmann, Standleiter der Bull AG: "Der Besuch in den ersten vier Stunden am Eröffnungstag war um 100 Prozent besser als im vergleichbaren Zeitraum 1986." Die Kölner hatten zur diesjährigen Orgatechnik ihren Stand vergrößert und präsentierten sich auf 500 Quadratmetern mit rund 30 Vertriebspartnern, die an die 60 Lösungen demonstrierten.

Angenehm überrascht über das lebhafte Besucherinteresse war auch Lutz Leinert, Pressesprecher der Augsburger NCR GmbH: "Nach anderthalb Tagen hatten wir rund 60 Prozent mehr Besucher auf dem Stand als in den ersten beiden Tagen vor zwei Jahren." Dabei waren gerade die Augsburger mit viel Skepsis in die Domstadt gereist. "Normalerweise", so Leinert, "bringt uns die Orgatechnik viel Kosten, aber dafür um so weniger Erfolg. Deshalb haben wir in diesem Jahr unsere Standfläche wie auch die Mitarbeiterzahl gegenüber 1986 um rund ein Drittel reduziert. Wenn wir aber früher erfahren hätten, daß DEC und Hewlett-Packard nicht an der Orgatechnik '88 teilnehmen, wäre auch eine NCR-Absage durchaus möglich gewesen." Die ersten beiden Tage seien jedoch - zumindest von der Quantität her - für Kölner Verhältnisse überraschend gut gewesen.

Hoch zufrieden mit dem Orgatechnik-Beginn waren die Messe-Cracks der IBM. Nach dem Motto: "Nicht länger kleckern, sondern klotzen" hatten die Stuttgarter in diesem Jahr gleich eine ganze Halle mit einer Gesamtfläche von 4000 Quadratmetern gemietet. Davon nutzten sie 1400 Quadratmeter und veranstalteten nahezu ihre eigene Mittelstandsmesse. 200 IBM-Mitarbeiter betreuten mit 400 Vertriebspartnern und Händlern, die an rund 100 Demo-Punkten ihre Lösungen für die mittelständischen Kunden zeigten, die Besucher. Noch vor zwei Jahren hatte sich die IBM mit einer Standgröße von rund 600 Quadratmetern beschieden und sich mit 80 Mitarbeitern und 40 Vertriebspartnern präsentiert. Robert Haak, Leiter Messen und Ausstellungen: "Der Aufwand hat sich voll gelohnt. Schon in den ersten vier Stunden des Eröffnungstages hatten wir einen Besucherschnitt, den wir vor zwei Jahren pro Messetag erreichten."

Nichts geändert hatte sich in den ersten beiden Tagen dieser Orgatechnik an der Herkunft der Messebesucher. Einhellige Meinung der befragten Aussteller: "Die Orgatechnik ist eine ausgedehnte Westmesse. Die Grenze ist bei der Mainlinie zu sehen. Nur selten verirrt sich ein Besucher aus der südlichen oder nördlichen Region nach Köln " Somit bleibt es beim regionalen Charakter der Kölner Veranstaltung, auch wenn Messedirektor Hans Wilke immer wieder die Internationalität seiner Orgatechnik beschwört und heuer am ersten Messetag "rund 30 Prozent mehr ausländische Gäste als 1986" gezählt hatte (siehe auch Tabelle).

Kritik muß sich Wilke auch in Sachen Expansion gefallen lassen. Vor allem der Nixdorfer Standleiter Wolfgang Kuntz sprach deutliche Worte: "Die Orgatechnik ist ausgeufert wie ein Krebsgeschwür. Von den Besuchern ist sie kaum noch zu bewältigen Darüber hinaus weist die Infrastruktur inzwischen erhebliche Mängel auf. Bevor die Messegesellschaft für 1990 eine neue Halle baut sollte sie lieber dafür sorgen, daß mehr Parkplätze zur Verfügung stehen und die Zufahrt zum Messegelände besser geregelt ist". In der Tat: An der ersten Tagen herrschten rund um Köln teilweise chaotische Verkehrsverhältnisse.