Orgatechnik im dritten Versuch:Wieder mal Eintopf stan neuvelle cuisine?

11.01.1980

MÜNCHEN (CW) - Das Kölner Konzept einer umfassenden, internationalen Messe für die gesamte Büro- und Informatikbranche hat in diesem Herbst seine dritte Bewährungsprobe zu bestehen. Als Knüller der Vernstaltung gab IBM 1978 eine Weltpremiere mit der Vorstellung ihres Datenbank-Computers /38, was die Messe bedeutend aufwertete und andere Computerhersteller einem gewissen Zwang ausetzt, auf der "3. Internationalen Büromesse Köln " vom 21. bis 26. Oktober 1980 vertreten zu sein. Fraglich, ob der EDV-Sektor diesmal wie ein nach der neuerelle cuisine gekochtes Menü wohlgeordnet zuf dem Teller präsentiert.

Das Messekonzept mit seinem Versuch, die Kölner Veranstaltung im zweijährigen Rhythmus zu einem internationalen Order- und Informationsmarkt für die gesamte Bürowirtschaft zu machen,

birgt für den vorwiegend EDV-Interessierten die Gefahr, sich in einer "Gemischtwarenhandlung" zurechtfinden zu müssen.

Das Produktangebot reicht wie vor zwei Jahren von der Büroeinrichtung über Textverarbeitung bis zu Bankeinrichtungen, Ausstattungsgegenständen wie Heizung und Klimatisierung im Büro, Geräte zur Postbearbeitung, zur Zahlenverarbeitung und zum Geldverkehr, Kommunikations- und Lehranlagen, Organisationsmitteln und zu Artikeln aus dem Bereich Bürobedarf.

Die Messeleitung hob hervor, daß die Aussteller mit Vergrößerungswünchen an sie herangetreten seien. Die für den EDV-Bereich bestimmte Flache mußte bereits jetzt ausgeweitet werden.

Vertellung der EDV nach dem Eintopf-Rezept

Auch bei der Orgatechnik '80 gehen die einzelnen Ausstellungsbereiche wieder ineinander über. Von der Messeleitung war zu hören, daß für die Aussteller aus dem EDV-Bereich zwar an eine schwerpunktmäßiche Konzentration gedacht sei. Insgesamt wird aber dieser Bereich - aus der Sicht der Messegesellschaft - wieder in die anderen Exponatgruppen "integriert", was beim Spezialisten den Eindruck hervorrufen kann, hier sei nach dem Eintopf-Rezept gekocht worden.

Bisher liegen 168 Suneldungen von Ausstellern auf dem Gebiet der Datenverarbeitung vor, immerhin acht mehr, als nach der Angebotsstatistik vor zwei Jahren vertreten waren.

Auf dem Sektor Minicomputer fehlt nach den vorhandenen Aufstellungen der Marktführer Digital Equipment, außerdem fiel auf, daß in der vorläufigen Ausstellerliste weder Perkin Elmer Interdata noch Texas Instruments aufgeführt sind. Doch liegen die Anmeldungen von Data General GmbH, Dietz Computer Systeme, Hewlett Packard GmbH I und Tandem Computers der Messegesellschaft vor. Bei den Bürocomputern sind alle namhaften Hersteller wie CTM Computertechnik, Datasaab, Hermes-Precisa, die Kienzle Apparate, Log-Abax der heißdiskutierte Adam-Hersteller Logical Machine, Nixford, Philips Data Systems, Ruf Computer, Taylorix Organisation, Triunf-Adler und Wang vertreten. Zwar fehlt Apple noch unter den Ausstellern von Personalcomputern, doch haben sich Commodore Büromaschinen wie die Tandy Corp. bereits einen Platz reservieren lassen.

Die DFÜ-Hardware präsentieren in Köln die Case Kommunikations-Systeme GmbH aus Meerbusch, Racal-Milgo und die TDT Transfer Data Test, um nur einige zu nennen. Im Bereich Universalrechner werden nach den vorliegenden Meldungen Honeywell Bull, der Orgatechnik Akquisitor IBM, ICL, NCR, Siemens und die Sperry Rand mit ihrem Geschäftsbereich Sperry Univac vertreten sein. Burroughs fehlt noch auf der vorläufigen Liste.

Textverarbeitung noch unter der letzten Orgatechnik

Die Meldungen in der Gruppe Textverarbeitungsgeräte und -Systeme liegen derzeit noch unter denen, die 1978 auf der Kölner Fachmesse repräsentiert waren. 151 Aussteller buchten bisher ihren

Platz; auf der zweiten Messe mit dem internationalen Flair waren insgesamt 209 Aussteller vertreten. Alphatext-Organisation Deutschland hat sich angemeldet, die CPT-Text Computer-Vertriebs-GmbH, CVG Computer und Textsysteme Vertriebgeselschaft, die daticelectronic, die Olympia Werke, Rank Xerox und die Redactron sind in dem vorläufigen Ausstellerverzeichnis aufgeführt. Die Exxon-Tochter Vydec fehlt, um die Sammlung der bedeutenden Her- steller auf dem TV-Sektor zu vervollständigen.

Fachveranstaltungen untermauern den Messeschwerpunkt

Auf der diesjährigen Orgatechnik bietet die Messegesellschaft in Zusammenarbeit mit anderen Organisationen Fachveranstaltungen an, die die Bedeutung des EDV-Bereiches als eigene Fachmesse untermauern. Am Vortag der offiziellen Eröffnung der Kölner Messe beginnt der Kongreß für Textverarbeitung. Der AWV-Ausschuß für wirtschaftliche Verwaltung in Wirtschaft und öffentlicher Hand e. V. und der VTV - Verband für Textverarbeitung e. V. im AWV, Eschborn, stellen ihre Veranstaltungsreihe vom 20. bis zum 22. Oktober vorläufig noch unter das Motto: "Zwanzig Jahre vor 2000". Als Ziel nannte der AWV, die Entwicklungstrends und die Entwicklungsmöglichkeiten der Textverarbeitung auf Grundlage der aktuellen Problemlage aufzuzeigen. Mit dem endgültigen Programm ist nach dem 25. Februar zu rechnen.

Die Gesellschaft für Datenschutz und Datensicherung e. V. (GDD), Bonn, veranstaltet vom 23. bis zum 24. Oktober ihre vierte Datenschutz-Fachtagung (DAFTA).

Als weitere Themen für die Büroausstellung hat die Messeleitung einen Kongreß für Telekommunikation vorgesehen, der den Ausstellungsschwerpunkt Telematik ergänzen soll. Hauptthema bilden dabei die Informations- und Kommunikationssysteme der achtziget Jahre. Gästen aus der öffentlichen Verwaltung, der Kreditwirtschaft und dem Versicherungswesen beabsichtigt der Veranstalter besondere Symposien zu bieten. In den Seminarpreisen - sie sind der Messegesellschaft zum Teil noch nicht bekannt - ist jeweils der Preis für den Messebesuch eingeschlossen.

Die Messe hat zu kämpfen

Trotz oder wegen ihrer Neukonzeption hat die Büromesse zu kämpfen. Die Veranstaltung wurde 1976 auf die geraden Jahre verlegt, um Überschneidungen mit der westdeutschen Büromesse in Düsseldorf und der Münchner Systems zu vermeiden. Die im Rahmen der Hannovermesse alljährlich abgehaltene CeBit macht ihr die vor allem EDV-interessierten Gäste streitig. 1976 kamen 37,2 Prozent der Anwender und 22,2 Prozent der Wiederverkäufer allein deshalb nach Köln, um den DV-Teil zu sehen, erklärte Hans Wilke, graue Eminenz bei der Kölner Messe- und Ausstellungsgesellschaft in einem Interview mit der COMPUTERWOCHE (20. Oktober 1978, Seite 4). Eine Befragung nach den Interessensschwerpunkten ist in dem 78er Report nicht enthalten, so daß keine Trendaussage für den DV-Bereich möglich ist. Es wird sich zeigen, ob sich das Konzept gegen die Messekonkurrenz klar genug abgrenzt um von einer Bewährung im dritten Jahr sprechen zu können.