Datenbankanbieter kann Einnahmen mit seinem Kernprodukt kaum steigern

Oracles Gewinnwarnung zieht Softwarebranche runter

09.03.2001
MÜNCHEN (CW) - Die aufziehende Rezession der US-amerikanischen Wirtschaft trifft jetzt die etablierten Softwarehersteller. Oracle muss die Umsatzprognose für das laufende Quartal deutlich reduzieren. Analysten erwarten bald auch Probleme bei Anbietern wie i2, Manugistics und Siebel.

"Eine große Zahl unserer Kunden hat sich entschieden, Ausgaben wegen des Konjunktureinbruchs in den USA zu verschieben", begründet Oracle-Chef Larry Ellison den unerwarteten Umsatzeinbruch seines Unternehmens. Quasi in letzter Minute haben vor allem die Firmen- und Finanzchefs in den Unternehmen bereits angebahnte Geschäfte platzen lassen. Sie wollen zunächst abwarten, wie sich die US-Konjunktur entwickelt. Daher rechnet das Unternehmen aus Redwood Shores nur noch mit einem Gewinn von zehn Cent pro Aktie statt der von Analysten prognostizierten zwölf Cent.

Europa-Geschäft steht gut da

Oracle ist von der US-Konjunktur besonders stark abhängig. 57 Prozent seines Umsatzes erzielt das Unternehmen im amerikanischen Raum. Da nützt es nicht viel, dass die Verkäufe in Europa und dem asiatisch-pazifischen Raum gut verlaufen.

Die Oracle-Mitteilung kommt nicht unerwartet. In den letzten Wochen häuften sich kritische Analystenstimmen, die einen Rückgang im Datenbankgeschäft prognostizierten. Auch andere Unternehmen, die wie Oracle stark von Firmenkunden abhängen, mussten ihre Umsatzprognosen in jüngster Zeit zum Teil deutlich nach unten korrigieren, unter anderem Sun, Hewlett-Packard und Intershop.

Nur SAP zeigt sich weiterhin optimistisch und hält an der Prognose fest, den Umsatz im ersten Halbjahr um 23 Prozent zu steigern. Konkrete Planzahlen hat das Unternehmen bislang noch nicht veröffentlicht. Nach Informationen der "Financial Times Deutschland" rechnet das Walldorfer Softwarehaus aber im Jahr 2001 mit einem Gewinn vor Steuern von 1,66 Milliarden Euro bei einem Umsatz von 7,55 Milliarden Euro. Damit soll der Umsatz gegenüber dem Vorjahr um 17 Prozent steigen.

Das ist deutlich mehr, als Analysten Oracle zugestehen. Merrill Lynch geht für das Geschäftsjahr 2001 bei Oracle (Ende: 31. Mai) nur noch von einem Umsatzanstieg von zwölf Prozent auf 11,3 Milliarden Dollar aus. 2002 soll es der Softwarehersteller wieder auf ein Plus von 16 Prozent bringen, also 13,2 Milliarden Dollar Umsatz.

Ob das Unternehmen diese Prognosen erfüllen kann, hängt stark davon ab, wie gut die betriebswirtschaftliche Standardsoftware "E-Business Suite" angenommen wird. Während die Datenbankverkäufe nach Angaben von Ellison praktisch kaum gestiegen sind, verbucht der Anbieter bei seiner Anwendungslösung noch einen Zugewinn von 50 Prozent. Allerdings ist auch dieses Wachstum geringer als erwartet ausgefallen. Prognostiziert waren 75 bis 100 Prozent. Zurzeit macht das Geschäft mit der E-Business-Suite rund ein Viertel des Oracle-Umsatzes aus.

ERP-Markt schwächelt

Die eigenen Prognosen einzuhalten dürfte Oracle auch in diesem Markt langfristig schwer fallen. "Wir erwarten eine Abschwächung im ERP-Markt, da die meisten unserer Kunden ihre ERP-Installationen abgeschlossen haben oder abschließen", erklärt Dale Kutnick, Analyst bei der Meta Group. Er stellt fest: Das Beratungsunternehmen ist auch bezüglich des Wachstums bei den Highflyern im Unternehmensoftwaremarkt skeptisch und erwartet Auswirkungen auf Anbieter von Supply-Chain-Management (SCM) wie i2 und Manugistics sowie Customer-Relationship-Management (CRM) wie Siebel, die ihre Software in der Vergangenheit sehr teuer verkaufen konnten. Bei Siebel soll sich sogar bereits der Auftragseingang abgeschwächt haben - nicht zuletzt, weil die etablierten ERP-Anbieter ihr Produktportfolio im CRM-Bereich ausgebaut haben.

Neben den sich kurzfristig auswirkenden zurückgestellten Investitionsentscheidungen dürfte einigen IT-Anbietern mittelfristig ein neues Investitionsverhalten von Kundenfirmen Probleme bereiten. "Die Projekte werden am härtesten betroffen sein, die keinen direkten Einfluss auf das Unternehmensergebnis haben", prognostiziert Meta-Analyst David Cearley. Das Beratungsunternehmen empfiehlt Anwendern, IT-Ausgaben auf die Projekte zu konzentrieren, die einen klaren Return on Investment aufweisen.

Abb: Umsatzverteilung

Das US-Geschäft macht den Löwenanteil am Umsatz aus. (Quelle: Oracle)