Larry Ellison der Selbstherrlichkeit bezichtigt

Oracles geschasster Topmanager Lane wehrt sich

21.07.2000
MÜNCHEN (CW) - Oracles ehemaliger Chief Operating Officer (COO) Ray Lane ist keineswegs "in gutem Einvernehmen" gegangen, wie Oracle-Chef Larry Ellison behauptet hatte. Nach langem Schweigen klagt Lane nun über den miserablen Stil des Firmengründers.

Mit gezielten Interviews in der US-Presse hat der ehemals zweitwichtigste Mann von Oracle ein wenig schmeichelhaftes Bild der Zustände in der Führungsetage des Datenbankanbieters gezeichnet. Firmengründer und Chief Executive Officer (CEO) Ellison steht - nicht zum ersten Mal - als "Bad Boy" da.

Per Telefon, so Lane, habe Ellison ihm am 30. Juni 2000 weitere Beschlüsse über tief greifende organisatorische Veränderungen mitgeteilt. Die waren derart gewichtig, dass sie erstens gewöhnlich monatelang unter Führungskräften diskutiert worden wären und zweitens Lane Verantwortungsbereiche und damit firmeninterne Macht nahmen. Er habe dem nicht zugestimmt und seinen Eindruck ausgesprochen, er solle gehen - was Ellison bestätigte. Der Rücktritt war also nicht, wie behauptet, seit langem abgesprochen.

Jahrelang habe sich Ellison, so Lane, nur um die Entwicklung von Produkten gekümmert, seit Anfang letzten Jahres aber jede Entscheidung, selbst über Punkte wie die Anschaffung von Computern oder 150 Dollar Sonderbonus für einzelne Angestellte, an sich gezogen. Ellison schob sich auf Kosten seines Stellvertreters in den Vordergrund, übernahm wieder Pressekonferenzen, Gespräche mit Analysten und Reden auf Veranstaltungen.

Lanes Ausführungen - auch die, er habe "80 Prozent der Führungsarbeit gemacht" - lassen durchaus erkennen, dass er selbst ein Faible für firmeninterne Macht und deren Symbole hat. Das ändert aber nichts daran, dass der für erstklassige Anzüge und Tischmanieren bekannte Ellison hinter verschlossenen Türen vor rüden Attacken nicht zurückschreckte. Inzwischen sind weitere Vorfälle zwischen Ellison und Lane durchgesickert, die nicht gerade imageförderlich für den Firmengründer sind.

So wurde bekannt, dass Ellison Treffen der Führungsmannschaft ohne Lane einberufen hatte. In einem Fall habe er von Topmanagern verlangt, direkt an ihn zu berichten und seinen Vize dabei zu übergehen. In anderen Sitzungen hatte der Boss seinen anwesenden Adjutanten demonstrativ ignoriert. Bei einer weiteren Gelegenheit sei Ellison in das Büro seines COO gestürmt und habe ihn vor anderen Managern niedergeschrien, weil er nicht über einen geplatzten Kontrakt informiert war - obwohl es sich nicht um einen Deal besonderer Größenordnung handelte.

Lane beklagt nicht prinzipiell den Verlust von Verantwortungsbereichen wie Support, Schulung oder Kontakt zu Anwendergruppen. Ein CEO habe das Recht zu radikalen Eingriffen. Vielmehr kritisiert Lane den Stil von Ellison: "Ich kann mich nicht in solch ein System einpassen. Ich war einer der Entscheider, und jetzt gibt es nur einen, der bei Oracle entscheidet: Larry."