Oracle sucht neuen Kurs

15.02.2006
Von 
Martin Bayer ist Chefredakteur von COMPUTERWOCHE, CIO und CSO. Spezialgebiet Business-Software: Business Intelligence, Big Data, CRM, ECM und ERP.
Das Datenbankgeschäft scheint ausgereizt. Der Hersteller setzt deshalb verstärkt auf Middleware und Applikationen. Doch die Integration der vielen Zukäufe sowie die Konkurrenz von IBM und SAP erschweren diese Pläne.

Nur die Nummer zwei zu sein ist für Oracle-Chef Lawrence Ellison schwer zu ertragen. Verbissen versucht der ehrgeizige Hobby-Segler, der den Datenbankanbieter seit fast 30 Jahren im Stile eines Alleinherrschers führt, Boden auf Konkurrenten wie IBM und SAP gutzumachen.

Hier lesen Sie …

• welchen Herausforderungen sich Oracle stellen muss;

• wie Lawrence Ellison den Konkurrenzkampf gegen SAP und IBM gewinnen will;

• welche Trümpfe Oracle noch im Ärmel hat.

Bislang ohne durchschlagenden Erfolg. Zwar liefert sich Oracle im weltweiten Datenbankmarkt ein Kopf-an-Kopf-Rennen mit IBM und landet Gartner zufolge nur knapp geschlagen auf Rang zwei. Im globalen Geschäft mit Middleware und Business-Applikationen ist die Rangfolge dagegen eindeutig. IBM und SAP liegen seit Jahren deutlich in Führung und halten Ellison auf Distanz.

Ellison behält das Ruder fest in der Hand

Oracle-Chef Lawrence Ellison ist eine der schillerndsten Persönlichkeiten im weltweiten IT-Zirkus. Während des Übernahmekampfes verglich der damalige Peoplesoft-Chef Craig Conway das Angebot seines ehemaligen Brötchengebers Ellison damit, dass dieser einen Hund kaufen wolle, nur um ihn daraufhin zu erschießen. Ellison konterte: "Ich liebe Tiere. Wenn Craig und sein Hund nebeneinander stünden und ich hätte nur eine einzige Kugel - sie wäre nicht für den Hund bestimmt." Das Duell verlor Conway, der im zermürbenden Übernahmepoker schließlich nachgeben musste.

Auch mit dem Kauf von Siebel Systems traf Ellison auf einen ehemaligen Mitarbeiter. Tom Siebel hatte bei Oracle Karriere gemacht, bevor er sein eigenes Softwareunternehmen gründete. Als seine Firma boomte, ließ Siebel kein gutes Haar an seinem ehemaligen Arbeitgeber. Umso geknickter erschien Siebel im September 2005, als Ellison triumphierte und die Übernahme nicht mehr zu vermeiden war.

Intern duldet Ellison keine Nebenbuhler. Conway und Siebel waren nicht die einzigen, die den Kürzeren gegen Ellison zogen. Im Jahr 2000 verließ Ray Lane, President und Chief Operating Officer (COO), der zuvor als Favorit für die Nachfolge Ellisons gehandelt wurde, den Konzern. Angeblich hatte der Oracle-Chef zunehmend selbst im Tagesgeschäft mitgemischt und damit die Kompetenzen Lanes beschnitten.

Probleme hatten zuletzt vor allem die Finanzchefs von Oracle. Harry You, der im Sommer 2004 die Nachfolge des langjährigen Chief Financial Officer (CFO) Jeffrey Henley angetreten hatte, warf nach einem Jahr das Handtuch. Sein Nachfolger Greg Maffei hielt es sogar nur vier Monate aus.

Seitdem verantwortet Oracle-President Safra Catz die Finanzangelegenheiten des Konzerns. Neben Resident Charles Phillips, der als treibende Kraft hinter den Zukäufen gilt, sehen Experten die Managerin als zweite starke Kraft hinter Ellison. Die Nachfolgefrage haben aber bislang weder Catz noch Phillips gestellt. Ellisons Thron bleibt unantastbar.