CW-Kolumne

Oracle riskiert viel

27.05.2009

Professionalität wird dem Oracle-Management in Sachen Übernahmen und Integration der Unternehmen wohl niemand absprechen. Umso bemerkenswerter ist es, dass Larry Ellison & Co. in den entscheidenden Augenblicken immer wieder Fehler unterlaufen. Wir erinnern uns an das Jahr 2003, als Oracle die feindliche Übernahme von Peoplesoft einläutete, die sich dann bis weit in das nächste Jahr hinzog. Gleich zu Anfang teilte der Oracle-Boss mit, man werde Peoplesofts Produkte über kurz oder lang einstellen und die Kunden auf die Oracle-Applikationen hieven. Was als positives Signal für die Finanzanalysten gedacht war, brachte die Anwender auf, spielte den Gegnern bei Peoplesoft in die Hände und erschwerte den Übernahmeprozess erheblich.

Jetzt, zur bevorstehenden Sun-Übernahme, erlag das Unternehmen abermals der Verlockung, nur den Wallstreet-Bankern gefallen zu wollen. Finanzchefin Safra Catz sagte schon anlässlich der Ankündigung, der Zukauf werde bereits im ersten Jahr nach dem Abschluss mehr als 1,5 Milliarden Dollar zum operativen Gewinn beitragen. Da stellt sich Oracle-Kunden natürlich die Frage: Woher soll‚Äôs kommen? Sun hatte in den letzten Jahren keineswegs mit hoher Profitabilität geglänzt.

Mit der Ankündigung sorgte Oracle nicht nur für Unruhe bei den Sun-Mitarbeitern, die nun schwere personelle Aderlässe befürchten müssen. Auch viele Anwender sind irritiert. Was wird aus Java, MySQL und Solaris, wenn Oracle um jeden Preis entschlossen ist, Suns Produkte zu Geld zu machen? Oder glaubt der Softwareriese wirklich, mit Sparc-Servern und Solaris-Wartung Kasse machen zu können?

Kein Wunder, dass IBMs Softwarechef Steve Mills gleich die Gelegenheit nutzte, um draufzuhauen. Für Oracle gebe es keinen Sinn, auf Dauer in die Prozessor- und Hardwareentwicklung zu investieren. Wenn dem Markt schon für dieses Jahr hohe Gewinne in Aussicht gestellt würden, müssten Mitarbeiter entlassen und die Preise erhöht werden. Natürlich sind das verbale Kraftmeiereien. Aber Oracle muss aufpassen, dass es in seinem Kaufrausch die Kunden nicht vergisst.