Marketing-Fanfaren für die neue DB-Version

Oracle predigt Revolution und praktiziert Evolution

27.06.1997

Objektorientierte Kernfunktionen wie Vererbung (inheritance) und Polymorphie unterstützt Oracle 8 nicht. Dafür aber, so David Wells, Senior Consultant bei der Ovum Ltd., London gebe es sogenannte Object Views und -Pointer.

Die lassen Tabelleninhalte wie Objekte aussehen. So könnten etwa Tabellenzeilen und -spalten zu Objekten umfunktioniert werden. Darüber hinaus biete Oracle mit dem aktuellen Datenbank-Release einige Objekttypen an. Insgesamt jedoch beträgt der objektrelationale Funktionsumfang von Oracle 8 nur 20 Prozent.

Schon damit macht Oracle 8 technisch gesehen allerdings Boden gegenüber den Datenbanksystemen "Universal Server" von Informix und "Universal Data- base" von IBM gut, und zwar mehr als es der Konkurrenz lieb sein kann, so Wells.

Objektorientiert oder nicht?

Wichtiger als die Frage: Objektorientiert oder nicht?, sei für den Anwender ohnehin, daß er auf sanfte Weise in die Welt der multimedialen Daten hineinwachsen könne. Das bekommt insbesondere Informix zu spüren (siehe Seite 7). Die IBM- und Informix-Systeme eigneten sich für die fortschrittlicheren, das Sybase-System für die konservativen und die Oracle-Datenbank für Anwender im Zwischenbereich.

Daß allerdings ein Wechsel auf diese als universal bezeichneten objektrelationalen Systeme für die Unternehmen notwendig wird, steht für Ovum-Berater Wells außer Frage. Ob eine Bank die Fotos ihrer Kreditkartenkunden verwalten, eine Versicherung die Korrespondenz mit Kunden und Beratern besser organisieren oder ein Handelshaus geografische Angaben mit Informationen über Kundengruppen koppeln will, immer müssen komplexe Informationen herkömmliche Datentypen ergänzen. Objektrelationale Datenbanken erlauben benutzerdefinierte Datentypen und Methoden.

Fokus auf Performance und Skalierbarkeit

Darüber hinaus lassen sich für die als universal bezeichneten objektrelationalen Datenbanken der Konkurrenz bereits Funktionserweiterungen des Datenbank-Kernels schreiben. Auch in Oracle 8 sollen künftig solche von Anwendern oder Fremdanbietern in C++ oder Java entwickelten Module, sogenannte Cartridges, die Datenbankfunktionalität ergänzen. Um sie einfügen zu können, will sich Oracle des von der Object Management Group (OMG) stammenden Message-basierten Middleware-Standards Common Object Request Broker Architecture (Corba) bedienen. Das könnte sich gegenüber den proprietären Ansätzen von Informix, Microsoft und IBM als Vorteil erweisen. Marktbeobachter bezweifeln jedoch, daß eine solche Lösung ausreichend performant sein kann. Mit entsprechender Technik ist laut Wells außerdem erst ab Version 8.1 zu rechnen.

Der Fokus des 8.0-Release liegt eindeutig auf der Steigerung von Performance und Skalierbarkeit der relationalen Funktionsweise - Eigenschaften, die Anwender insbesondere für den Betrieb von Data-Warehouses benötigen. "Im Data-Warehousing liegt auch in den kommenden Jahren noch das größte Wachstumspotential für Datenbankanbieter", meint Wells.

"Pooled" und "Multiplexed User Connections" etwa sollen den Aufwand für die Ein- und Ausgabe reduzieren. Bei der ersten Variante werden Zugriffe zusammengefaßt, bei der zweiten läßt sich die Input-Output-Last über Konzentratoren bündeln. Damit steigt die Skalierbarkeit.

Neu sind Features für ein Server-basiertes Queuing sowie eine Reduktion des Aufwands für Transaktionen und Speicheranforderungen. Laut Oracle lassen sich nun insgesamt 512 Petabyte (1 Petabyte = 1000 Terabyte) adressieren, wobei die Tabellen bis zu 1000 Spalten enthalten können.

Dabei ist es möglich, die Tabellen zu partitionieren. Operationen lassen sich damit auf Tabellenfragmenten ausführen. So führen etwa Wartungsarbeiten nicht mehr zum Ausfall von Anwendungen. Die Tabellen-Partitionen können online hinzugefügt, entfernt oder umbenannt werden. Das gilt auch für Tabellen, die aus der Datenbank-Vorgängerversion stammen.