Oracle klagt SAP des Softwarediebstahls an

18.04.2008
Hochrangige SAP-Manager sollen von den Verstößen ihrer US-Tochter TomorrowNow gewusst haben.

Das Oracle-Management legt in seiner vor rund einem Jahr eröffneten Klage gegen den Konkurrenten SAP erneut nach. Demnach soll SAPs 100-prozentige Tochter TomorrowNow, die Service rund um Oracle-Applikationen anbietet, nicht nur Supportmaterial entwendet, sondern auch Applikationen via Netzzugriff gestohlen haben. Die illegal heruntergeladene Software habe der Anbieter dazu verwendet, Services für andere Kunden zu liefern, die internen Mitarbeiter zu trainieren sowie eigene Updates zu entwickeln.

Außerdem sollen hochrangige SAP-Manager in den USA sowie in der Walldorfer Konzernzentrale bereits zum Zeitpunkt der Akquisition des US-Unternehmens über die illegalen Praktiken informiert gewesen sein - ein Vorwurf, den das SAP-Management bislang strikt zurückgewiesen hat. Wer von den Machenschaften gewusst haben soll, wollte Oracle allerdings nicht näher konkretisieren. Angesichts der neuen Vorwürfe plant Oracle, seine Anklage zu erweitern. Es handle sich um Rechtsverstöße, die ganz anders geartet und noch schwerwiegender seien, als bisher angenommen, hieß es.

Eine Reaktion SAPs in dem seit März vergangenen Jahres andauernden Gerichtsstreit ließ nicht lange auf sich warten. Anwälte des deutschen Softwareherstellers warfen Oracle vor, das US-Unternehmen übertreibe seine Behauptungen, verwende Gerichtsunterlagen für Pressemeldungen und versuche, das Verfahren unnötig in die Länge zu ziehen. "Entgegen den Ermahnungen von Richter Jenkins reicht Oracle weiterhin überzogene Behauptungen ein, die als prozessrelevant getarnt sind", schreiben die Rechtsbeistände.

Oracle hatte SAP im März 2007 verklagt und dabei erklärt, Mitarbeiter der SAP-Support-Tochter TomorrowNow hätten sich fälschlich als Oracle-Kunden ausgegeben, um von Oracle-Servern unrechtmäßig Software-Patches und andere Unterstützungsmaterialien herunterzuladen. SAP hat in der Folge eingeräumt, dass es wohl einige unangemessene Downloads von den Web-Seiten des Konkurrenten gegeben habe. Dabei habe es sich jedoch um Einzelfälle gehandelt. Von einer systematischen Geschäftsstrategie, den Wettbewerber auszuspionieren, könne keine Rede sein.

Der Streit zwischen Oracle und SAP dürfte sich noch Jahre hinziehen. Offiziell wird der Fall erst im Februar 2010 vor einem kalifornischen Bezirksgericht eröffnet. Bis dahin soll es verschiedene Gerichtstermine geben, um das Verfahren vorzubereiten - der nächste steht Ende April an. Die Oracle-Verantwortlichen begründen den späten Gerichtstermin mit dem hohen Aufwand, die Beweise zu sichern. Es müssten Terabytes an Daten gesichtet und ausgewertet werden. Aus SAP-Sicht dient diese Taktik lediglich dazu, den Streit möglichst lange öffentlichkeitswirksam auszuschlachten. Außerdem habe Oracle bislang nicht belegen können, welcher Schaden konkret entstanden sei. Der deutsche Softwarekonzern drängt auf eine außergerichtliche Einigung - ein Ansinnen, dem sich Oracle bis jetzt verweigert.

Auch die Zukunft von TomorrowNow ist ungewiss. Nachdem SAP im Sommer vergangenen Jahres einige Manager, darunter den Chef des Unternehmens, auf die Straße gesetzt und die Firma unter die Kontrolle seiner US-Tochter gestellt hatte, ließ der Konzern im Herbst vergangenen Jahres durchblicken, auch an einem Verkauf interessiert zu sein. Bislang allerdings ohne Erfolg. Erst Anfang April winkte Konkurrent Rimini Street ab. Das Unternehmen, das ebenfalls Service im Oracle-Umfeld anbietet und Interesse angedeutet hatte, stellte klar, dass es keine geschäftliche Grundlage gebe, SAP Geld für TomorrowNow zu bezahlen. Außerdem seien ohnehin bereits etliche große Kunden übergelaufen, behauptete Rimini-Street-Chef Seth Ravin. (ba/tc)

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Infoseiten der Kontrahenten:

www.oracle.com/sapsuit/;

www.tnlawsuit.com.