Oracle forciert Social CRM

04.11.2008
Vertriebsleute sollen mit Web-2.0-Methoden produktiver werden und via Web-Communities mehr über die Kunden erfahren.

Konsumenten in Web-Communities tauschen sich über die Qualität von Produkten und Dienstleistungen aus - die Softwareindustrie überlegt, wie sie davon profitieren kann. Das gilt insbesondere für die Hersteller von Lösungen für das Customer-Relationship-Management (CRM) wie Oracle und SAP. Unter dem Slogan "Social CRM" vermarktet Oracle nun Bausteine, die den Anwender in die Lage versetzen sollen, die Ideen von sozialen Netzwerken im Internet für den Verkauf und die Kundenbetreuung zu verwenden.

Zu Social Media gehören beispielsweise Web-Gemeinschaften wie Facebook.com, Linkedin.com oder Xing.com, auf denen Nutzer ihr eigenes Profil erstellen können und mit Gleichgesinnten Online-Beziehungen pflegen. Über solche Netzwerke diskutieren Teilnehmer beispielsweise über die Vor- und Nachteile eines bestimmten Mobilfunktelefons. Nach Ansicht von Experten beeinflussen Social Media die Kaufentscheidungen von Konsumenten, da sie den Empfehlungen von anderen Netzmitgliedern mehr Vertrauen schenken als den Marketing-Informationen des Herstellers.

Oracle entwickelt deshalb die "Social CRM Applications", die die eigenen CRM-Produkte ergänzen sollen. "Transaktionale CRM-Programme werden nicht verschwinden, doch die klassischen Lösungen bekommen von der Stimmungslage unter Käufern in sozialen Netzen nichts mit", begründet Anthony Lye, Senior Vice President Oracle CRM, die Marschrichtung in Richtung Web 2.0. In Anlehnung an diese Technik spricht der Softwareanbieter inzwischen auch von CRM 2.0.

Kein Data Mining im Web 2.0

Lye zufolge geht es nicht darum, aus Social-Media-Sites Daten abzusaugen. Vielmehr sollen CRM-Nutzer beispielsweise in der Lage sein, mit einem Kunden, der Mitglied eines Netzwerks ist, nach dessen Einwilligung in Kontakt zu treten. Daher arbeitet Oracle daran, die eigene CRM-Suite für soziale Netze zu öffnen. Dazu ist es notwendig, die Beziehungen, die Kunden auf Plattformen wie Linkedin.com und Xing.com untereinander pflegen, im Datenmodell des CRM-Systems abbilden zu können. Das erfolgt über Metadaten, die sich das Oracle-Programm über eine Schnittstelle wie die von Google entwickelte Opensocial API besorgt.

Klassisches CRM reicht nicht

Bestehende CRM-Software, deren Modell mit einer Hierachie von Käufer und Lieferant arbeitet, ist laut Lye nicht in der Lage, solche Beziehungsgeflechte abzubilden. In sozialen Netzwerken kann nämlich eine Person mehrere Rollen einnehmen, was sich im Datenmodell widerspiegeln muss.

Als Beispiele für Social-Media-Ansätze in CRM bemüht Lye bereits bekannte Bausteine wie "Sales Prospector". Das Produkt ist seit diesem Sommer verfügbar. Der Softwarevertrieb bei Oracle nutzt Sales Prospector intern, um Erfahrungen über Verkaufsstrategien auszutauschen und Umsatzprognosen anzustellen. Das gemeinsame Wissen der Verkäufer soll helfen, viel versprechende Kunden und Verkaufschancen zu identifizieren. Dazu zählt, Ähnlichkeiten zwischen Softwarekunden herauszufinden und diese Informationen für den Verkauf zu nutzen. Das Modul lässt sich mit Siebel CRM, aber auch mit SAP-Software verbinden.

Communities vom Hersteller

Nach Überzeugung von Oracle sollten Firmen bei ihren CRM-Konzepten nicht nur bestehende soziale Netze berücksichtigen, sondern selbst solche Plattformen errichten. "Kunden erwarten, dass der Hersteller eines Produkts auf seiner Website soziale Netze bereitstellt", meint Lye. Diese Systeme könnten anders als die Netze wie Facebook auf die Bedürfnisse der Käufer zugeschnitten sein und hochwertige Informationen enthalten. Kritiker fragen sich jedoch, ob Kunden das genauso sehen. Denn ihnen dürften Herstellernetze, in denen angeblich offen diskutiert wird, zunächst suspekt vorkommen.