Wiederholte Angriffe gegen Microsoft

Oracle erwägt den internen Wechsel zu Star Office

24.09.1999
MÜNCHEN (CW) - Breitseiten gegen Microsoft und Lobhudeleien für die eigene Company: Oracle-Chef Larry Ellison nutzte jetzt eine E-Business-Veranstaltung in Bonn, um sein Unternehmen im schönsten E-Commerce-Glanz zu präsentieren.

In Bonn frönte der Oracle-Troß - allen voran Larry Ellison - wiederholt seiner Lieblingsbeschäftigung: Man präsentierte sich als Nummer eins unter den E-Commerce-Software-Lieferanten. Jede Statistik, die Ellison zur Untermauerung seines Beitrags heranzog, plazierte den Hersteller in einer Pole-Position. Nur in der ERP-Hitliste beschied er sich mit Platz zwei, um dann doch wieder auf die "Einzigartigkeit" seiner Suite zu verweisen, die einen Zugriff ausschließlich über den Browser ermögliche.

Jegliche IT-Infrastruktur, und da ließ der Oracle-Chef gar keinen Zweifel aufkommen, wird künftig im Internet aufgehen. Einher damit schreite der Trend zur Zentralisierung, der Zugriff erfolge über simple Browser-Systeme. "Big is beautiful" lautet deshalb sein keineswegs uneigennütziges Internet-Motto. Schließlich sieht Oracle die eigenen Anwendungen und Datenbanksysteme auf den großen Servern gut untergebracht.

Da will der Hersteller selbst mit überzeugendem Beispiel vorangehen. Spätestens Ende nächsten Jahres plant Ellison, die weltweit zirka 40 Data-Center für Personal- und Rechnungswesen auf zwei globale (Kalifornien und Großbritannien) zu begrenzen. Die 200 Mail-Server habe man schon konsolidiert und so 80 Prozent Kosten eingespart. Darüber hinaus sei durch die Zentralisierung auch die Informationslage verbessert worden.

"Ein großer NT-Server hier, ein kleiner NT-Server dort - eine Katastrophe", nutzte Ellison die Gelegenheit, um gegen das "fette" Client-Server-Modell des Rivalen Microsoft zu argumentieren. Im Gespräch ging er noch einen Schritt weiter. NT sei zu beschränkt für den Server und zu groß für den Desktop. Schließlich würde heute ein PC primär zum Betrieb eines Browsers und einer Textverarbeitung eingesetzt, und damit habe sich seine Network-Computing-Idee, wenn auch anders als ursprünglich angestrebt, durchgesetzt. Gegen den PC selbst sei nichts einzuwenden, die von Microsoft mit NT eingeschlagene Richtung lehne er jedoch grundsätzlich ab. Ellisons Rat an Gates: "Die Zukunft für Microsoft auf dem Desktop liegt in Windows CE."

Im übrigen sieht der Oracle-Chef die Gates-Company nicht als wirklichen Konkurrenten an. Sie sei im Segment der netzorientierten Firmen irrelevant, und Microsoft-Domänen wie Textverarbeitung, Tabellenkalkulation etc. lägen nicht im Bereich der Oracle-Geschäftsfelder. Für sein Unternehmen schloß Ellison zudem kategorisch aus, von Office 95 auf ein nächstes Release aufzusteigen. Man wolle Microsofts Preispolitik bei Updates, die ihm ohnehin eher wie eine Steuer vorkomme, nicht folgen. Als Alternative bei Oracle wird deshalb das jetzt von Sun übernommene "Star Office" gehandelt - zumindest für neue Mitarbeiter. Ganz wolle man man sich nicht von Office 95 trennen - schließlich habe man ja dafür bezahlt.