Vergleich von Developer 2000 und Power Objects

Oracle-Entwicklungs-Tools sind zueinander inkompatibel

19.01.1996

Waehrend Oracle mit Developer 2000 Unternehmensentwickler adressiert, soll Power Objects auf dem Desktop, also bei den Hobby- und semiprofessionellen Entwicklern, Anklang finden. Hauptkonkurrenten sind Microsofts "Visual Basic" und "Powerbuilder" von Powersoft.

Entwickeln laesst sich mit Power Objects auf 16- und 32-Bit-Windows- , OS/2-Warp- sowie auf Macintosh-Rechnern. Die OS/2-Ausfuehrung unterstuetzt die Opendoc-Technik von IBM und Apple. Zielplattformen sind Windows, Macintosh und OS/2 Warp. Die Windows-95-Variante erscheint unterentwickelt, weil zum Beispiel viele Steuerelemente nicht beruecksichtigt werden.

Das Produkt eignet sich, wie Michael Schneller vom technischen Marketing bei der Oracle GmbH wirbt, fuer Applikationen mit mittlerem Funktionsumfang oder mit einer beschraenkten Anzahl von verknuepften Masken, fuer Einzelplatz-Applikationen, fuer den Einsatz bei Aussendienst-Mitarbeitern mit Laptops, fuer eine Migration von bestehenden Visual-Basic-Anwendungen und fuer Workgroup-Loesungen.

Developer 2000 hingegen ist insbesondere fuer den Einsatz in abteilungsbezogenen und -uebergreifenden Bereichen gedacht - fuer Anwendungen, die bei vielen Benutzern und grossen Datenmengen oder hohem Tansak-tionsaufkommen portabel sein muessen. Hier geht es um Programme, die ausgedehnte Reports erfordern, Trigger und Prozeduren benoetigen, sowie um Applikationen, die Verknuepfungen von komplexen Grafiken enthalten oder Bestandteil einer CASE- Umgebung sind.

Power Objects verfuegt ueber wiederverwendbare Komponenten wie Visual Basic Custom Controls (VBX) und OLE Custom Controls (OCX), die eine Programmierung per Drag and drop erlauben. Die integrierte Entwicklungsumgebung enthaelt zudem Werkzeuge und Funktionen zum objektbasierten Programmieren, einen Report-Writer, einen Datenbank-View-Generator, einen Interpreter und einen grafischen Debugger. Allerdings weisen Konkurrenzprodukte wie "Delphi" von Borland und Powerbuilder wesentlich leistungsfaehigere Berichtsgeneratoren auf.

Im Gegensatz zu Developer 2000 verfuegt Power Objects ueber einen Compiler, der Exe-Dateien erstellt. Die Files haben jedoch einen Mindestumfang von 2 MB, so dass es vorteilhafter sein kann, statt dessen P-Code zu erzeugen und den Applikationen eine Runtime- Version beizufuegen. Die Laufzeitlizenzen sind kostenlos.

Zu den Developer-2000-Funktionen, die man bei Power Objects vergeblich sucht, zaehlen ein Performance-Analyse-System (PECS), eine ODBC-Schnittstelle, CASE-Integration, Moeglichkeiten zur Partitionierung und eine Versionsfuehrung. Zudem lassen sich Dokumentationen zu den Applikation generieren. Die Funktionen fuer Reports ("Reports"), Grafikerstellung und -einbindung ("Graphics") sowie der Maskengenerator "Forms" bilden separate Module, so dass eine Installation des Gesamtsystems annaehernd 100 MB umfasst. Power Objects begnuegt sich dagegen mit rund 25 MB.

Viele der gaengigen und teilweise aufwendigen Schritte zur Entwicklung von Datenbank-Applikationen sind in Power Objects automatisiert, etwa das Starten einer Session, das Erstellen von Master-Detail-Relationen, die Kaskadierung von Loesch- und Aktualisierungsbefehlen zwischen Master- und Detailtabellen sowie die Verbindung von Daten und Masken. Des weiteren enthaelt das Tool die Basic-aehnliche, prozedurale Sprache "Oracle Basic". Diese besteht aus einer standardisierten Basic-Syntax, die um Methoden der objektorientierten Programmierung und um CASE-Statements erweitert wurde.

Power Objects kann mit zwei Datenbanken arbeiten, mit der Oracle- 7-kompatiblen, 300 KB grossen, relationalen und lokalen SQL- Datenbank "Blaze" sowie mit der Client-Server-Version von Oracle 7. Ueber das Oracle Call Interface (OCI) laesst sich von Blaze aus auf Oracle-7-Daten zugreifen.

Darueber hinaus stehen fuer Verbindungen zum SQL Server von Microsoft, dem SQL Server von Sybase und DB2 native und OLE- basierte Treiber bereit. ODBC von Microsoft soll allerdings erst ab der Folgeversion unterstuetzt werden. Dass die Version 1.0 lediglich Einzelschluessel fuer den Index unterstuetzt und keine Sekundaerindizes, ist enttaeuschend.

Die Desktop-Ausfuehrung kostet derzeit bei Oracle etwa 230 Mark, die Client-Server-Version rund 440 Mark. Eine kostenlose 90-Tage- Variante von Power Objects koennen Interessenten aus Online- Diensten beziehen. Ausserdem stellt Oracle im World Wide Web Objekte von Fremdanbietern zur Verfuegung, die mit dem Tool geschrieben wurden.

Die Preise fuer Developer 2000 liegen bei zirka 10000 Mark in der Windows-Ausfuehrung; fuer den Einsatz auf den Betriebssystemen Sun Solaris und HP-UX muss der Anwender rund 15000 Mark investieren.

*Michael Matzer ist freier Autor in Seefeld/Oberbayern.