Oracle-Chef Larry Ellison: Windows-NT ist kein Markt

15.07.1994

MUENCHEN (IDG) - Mit seiner Art, sich als Oracles Mitbegruender, CEO und President ungezwungen und effektvoll in Szene zu setzen, sorgt Larry Ellison schon mal fuer Veraergerung unter den Konkurrenten. Waehrend er die objektorientierten Systemtechniken von Steve Jobs in den Himmel hebt, kommt ihm der Begriff "Betriebssystem" im Zusammenhang mit Windows NT nicht ueber die Lippen.*

IW: Wird es jemals ein Oracle-Release fuer Windows NT geben?

Ellison: Ein NT-Markt existiert nicht. Wir wuerden die NT-Fahne so hoch halten wie es geht, wenn die Leute sowas tatsaechlich kaufen sollten. Bisher gibt es niemanden, der es benutzt. Ich sollte nicht sagen niemanden, wahr ist aber, dass der Markt sehr schwach reagiert.

Ich sehe nur zwei Chancen: Entweder veschwinden alle derzeitigen NT-Fehler ueber Nacht - dabei gebe ich zu bedenken, Oracle ist nach 17 Jahren immer noch nicht nicht fehlerfrei -, oder die Anbieter, die NT auf ihre Hardware portieren, muessen mindestens soviel Aufwand hineinstecken wie in Unix.

Ausserdem muesste Microsoft ungefaehr 10000 Support-Leute anheuern und diese ueber den gesamten Erdkreis verteilen oder seine Partner dazu bringen, dies fuer sie zu erledigen.

IW: Sie arbeiten eng mit Steve Jobs zusammen. Raeumen Sie Nextstep groessere Chancen ein als NT?

Ellison: Steves Probleme sind keinesfalls technischer Natur. Er verfuegt ueber die einzig ausgereifte Objekttechnologie im Markt - und die ist ganz wunderbar. Zum Erfolg benoetigt er allerdings dringend die Rueckendeckung anderer Unternehmen.

Wir alle, HP, IBM, Novell, Lotus muessen aufstehen und Nextstep zu der Entwicklungsumgebung fuer Unix erklaeren. Die Industrie beginge einen furchtbaren Fehler, wenn sie weiterhin die Vorteile dieser Technologie missachtete.

Taligent ist noch immer ein Traum. Wer braucht Taligent denn ueberhaupt und was ist an Nextstep auszusetzen?

*Das Interview fuehrten Jai Singh und Scott Mace von der CW- Schwesterpublikation "Infoworld" (IW).