Apple plant angeblich einen Network Computer

Oracle-Chef Ellison zieht der Datenbank-Pflicht die NC-Kür vor

23.01.1998

Vor gut zwei Wochen hatten hochrangige Oracle-Mitarbeiter erklärt, Ellison werde anstelle des NC-Evangeliums wieder verstärkt die Datenbank-Botschaft verkünden. Dieses Bekenntnis war nötig geworden, nachdem das Ergebnis des letzten Quartals deutlich hinter den Erwartun- gen zurückgeblieben war (siehe CW Nr. 1 vom 2. Januar 1998, Seite 25).

Ob die Wiederbelebung des Stammgeschäfts erfolgreich verlaufen kann, steht jedoch in Frage. Wachstumsraten von nur noch drei Prozent im vergangenen und sechs Prozent im vorletzten Quartal zeugen von einer schleppenden Marktentwicklung in Oracles Datenbankgeschäft.

Ellison scheint denn auch die Perspektiven für sein Unternehmen weniger in den traditionellen Marktsegmenten zu sehen. Anläßlich der Consumer Electronics Show (CES), die vor wenigen Tagen in Las Vegas zu Ende ging, prophezeite er starkes Wachstum für Oracle im Network-Computing-Markt - und hier vor allem im Consumer-Segment.

Sein Unternehmen liefere unter anderem Software an eine Tochtergesellschaft der Thomson Consumer Electronics, die vor Weihnachten Zehntausende von NCs in den Home-Markt abgesetzt haben soll. Dabei handle es sich um Geräte für den Internet-Zugriff, die mit Microsofts Web-TV-Boxen vergleichbar sind.

So richtig in Schwung soll das Geschäft jedoch erst dann kommen, wenn Oracles Tochter Network Computer Inc. (NCI) seine Internet-Produkte erfolgreich in die digitalen Set-top-Boxen der Kabelindustrie integriert hat. In diesem Zusammenhang arbeiten Oracle und NCI im sogenannten Open-Cable-Projekt mit, einem Konsortium von Kabelfernseh-Betreibern. Die Initiative versucht, Hardware- und Softwarestandards für digitale Set-top-Boxen zu entwickeln, damit diese auf einer Vielzahl von Prozessoren und Betriebssystemen aufsetzen können.

Bezüglich der Hardware sprach der Oracle-Gründer in Las Vegas vor allem über Apple, wo er seit einigen Monaten im Verwaltungsrat sitzt. Der Anbieter werde in diesem Jahr einen NC auf den Markt bringen, der unter dem Mac-Betriebssystem laufe und in erster Linie auf den Home-Markt sowie auf Bildungseinrichtungen abziele. Das preiswerte Gerät werde wahlweise mit oder ohne Festplatte geliefert und basiert voraussichtlich auf einem Power-PC-750-Prozessor. Mehr wollte Ellison nicht preisgeben, da er sich nicht mit seinem "besten Freund", dem Apple-Interimschef Steve Jobs, anlegen wolle.