Das Wartungsgeschäft treibt die Gewinnspanne hoch

Oracle braucht Übernahmen

25.06.2004
MÜNCHEN (CW) - Mit mehreren milliardenschweren Zukäufen will Oracle in den kommenden Jahren seine Abhängigkeit vom Datenbankgeschäft reduzieren. Das gute Ergebnis des abgelaufenen Fiskaljahrs bildet dafür den Grundstein.

Das Hauptproblem der Softwerker von Oracle ist derzeit ihr angeschlagenes Image unter Investoren und Beobachtern: Der Konzern hegt extrem feindliche Übernahmepläne gegen Peoplesoft, beschäftigt mit Firmenchef Lawrence Ellison einen der letzten Lautsprecher der Branche und kommt zudem abseits der ausgetretenen Datenbankpfade kaum voran. Als Reaktion haben Aktionäre in den vergangenen Monaten viele Anteile abgestoßen: Von seinem Jahreshöchststand im Januar mit rund 15,50 Dollar ist das Papier auf inzwischen gut elf Dollar gefallen, nur knapp über dem 52-Wochen-Tief. Die Fantasie, dass Oracle eine organische Diversifizierung gelingen kann, ist verflogen.

Peoplesoft soll erst der Anfang sein

Die Anfang Juni 2003 angekündigte Akquisition des Rivalen Peoplesoft soll nur ein erster Schritt sein, um neben den Datenbanken ein weiteres, stabiles Standbein zu schaffen. Oracles Finanzchef Jeffrey Henley kündigte anlässlich der Vorlage der Jahresbilanz in einer Telefonkonferenz an, der Konzern plane in den kommenden Jahren verschiedene milliardenschwere Zukäufe - ungeachtet dessen, wie der derzeit laufende Kartellprozess und die Schlacht um Peoplesoft ausgehen. Es gebe einige potenzielle Ziele, so Henley, die auch außerhalb des Applikationsbereichs angesiedelt sind. Firmennamen nannte der Finanzchef nicht; zu erwarten seien aber Transaktionen im gegenseitigen Einvernehmen.

Das nach Microsoft zweitgrößte Softwareunternehmen der Welt hat Zukäufe nötig, denn das eigene Wachstum der vergangenen Jahre konnte die Investoren nicht überzeugen. Oracle pendelt in einem Umsatzkorridor von 9,5 Milliarden bis 10,5 Milliarden Dollar, der Gewinn wies eine ähnliche Konstanz auf. Angesichts der gravierenden Branchenkrise jammern die Anteilseigner und Analysten allerdings auf einem hohen Niveau - der Konzern zeigt zumindest kaum Schwächen und ist solide finanziert. So stiegen die kurzfristig verfügbaren Mittel der Datenbanker von 6,4 Milliarden Dollar vor einem Jahr auf aktuell 8,6 Milliarden Dollar.

Zudem konnte Oracle die operative Gewinnspanne seit der Spitze des Dotcom-Booms im Jahr 2000 von gut 20 auf zuletzt 38 Prozent im gesamten Fiskaljahr ausbauen; viel besser wirtschaftet auch Erzrivale Microsoft nicht. Zum Vergleich: SAPs Marge verbesserte sich seit dem Geschäftsjahr 2000 von 13 Prozent auf gegenwärtig 25 Prozent. Peoplesoft kam, belastet durch die wenn auch einvernehmliche Übernahme von J.D. Edwards, zuletzt auf lediglich vier Prozent; ohne die Sondereinflüsse lag das Unternehmen knapp hinter SAP. Im traditionell starken Abschlussquartal (Ende: 31. Mai) erreichte Oracle sogar eine Gewinnspanne von 46 Prozent.

CEO Ellison gab sich optimistisch, die Kennzahl weiter steigern zu können. Innerhalb von fünf Jahren sei eine Marge von 50 Prozent im Fiskaljahr möglich. Der Hintergrund: Die Zuwachsrate im Softwarebereich Updates und Support war mit 15 Prozent zuletzt fast doppelt so groß wie in der Sparte der Neulizenzen. Damit setzte Oracle im vergangenen Geschäftsjahr rund 3,54 Milliarden Dollar um, Update- und Supportverträge spülten 4,53 Milliarden Dollar in die Kassen. Laut Ellison, der seit Jahren auf die steigende Bedeutung des Wartungssegments verweist, nähert sich dessen operative Marge der Marke von 90 Prozent. Damit lässt sich auch der herrschende Wettbewerbs- und Preisdruck bei Datenbank-Neulizenzen verkraften.

Boom bei Linux-Datenbanken

Hier läuft in der Tat nicht alles nach Plan für Oracle, doch Grund zur ernsten Sorge besteht kaum. Laut Gartner hat IBM den Marktanteil im Segment relationaler Datenbanken im Jahr 2003 bei konstant 35,7 Prozent gehalten und den Umsatz um knapp fünf Prozent gesteigert. Oracles Anteil schrumpfte hingegen von 33,4 auf 32,6 Prozent. Allerdings: Der am schnellsten wachsende Bereich sind Datenbanken für die Linux-Plattform. Sie legten 2003 Gartner zufolge insgesamt um 158 Prozent zu, während Oracle hier seine Umsätze um 360 Prozent ausweiten konnte. Die Marktforscher taxieren den Konzern auf einen Linux-Marktanteil von 69 Prozent, etwa 28,5 Prozent entfallen auf IBM.

Viel kritisiert wurde das enttäuschende Applikationsgeschäft. Im Abschlussquartal schrumpfte Oracles Umsatz um sechs Prozent gegenüber dem Vorjahr auf 231 Millionen Dollar. Währungsbereinigt hätte der Rückgang neun Prozent betragen. Im gesamten Fiskaljahr steigerte sich der Konzern jedoch um zehn Millionen auf 615 Millionen Dollar - angesichts eines schwachen Marktumfelds kein schlechter Wert. Verglichen mit neuen Datenbanklizenzen im Wert von 2,9 Milliarden Dollar ist der Umsatzanteil aber immer noch klein.

Gute Zahlen in Europa

Als stabile Region hat sich für Oracle Europa erwiesen. Der Umsatz mit Datenbanken stieg gegenüber dem Vorjahr um zwölf Prozent, die Einnahmen aus dem Applikationsgeschäft wuchsen sogar um 15 Prozent. Währungsbereinigt wies der Konzern allerdings in beiden Fällen stagnierende Zahlen aus, und das Abschlussquartal blieb als einziger Zeitraum hinter den Werten des Vorjahres zurück. Die Einnahmen in den USA stiegen um ein Prozent auf 4,98 Milliarden Dollar, das Europageschäft verbesserte sich von 3,25 Milliarden auf 3,68 Milliarden Dollar. Zahlen aus den einzelnen Ländern nannte Oracle nicht.

Hinter den Erwartungen zurück blieb die Consulting-Division. Deren Umsatz lag in jedem Quartal unter dem Wert des vergleichbaren Vorjahreszeitraums. In Summe hatte Oracle mit Beratungsleistungen im Fiskaljahr 2003 noch 1,76 Milliarden Dollar umgesetzt, zuletzt waren es mit 1,59 Milliarden Dollar etwa zehn Prozent weniger. Zumindest hier muss das Softwarehaus der schwachen Marktsituation Tribut zollen. Daher wäre es auch nicht überraschend, wenn eine der angekündigten Übernahmen im Consulting-Sektor stattfinden würde - Peoplesoft-Erfahrung der Berater käme sicher nicht ungelegen. (ajf)

Satte Gewinne

Im traditionell starken Abschlussquartal des Fiskaljahres (Ende: 31. Mai 2004) steigerte Oracle den Gesamtumsatz um neun Prozent auf 3,1 Milliarden Dollar. Der Nettoprofit verbesserte sich um 15 Prozent auf 990 Millionen Dollar. Operativ verzeichnete der Konzern einen Gewinn von 1,4 Milliarden Dollar und somit eine neue Rekordmarge von 46 Prozent.

Der Umsatz im Fiskaljahr belief sich auf 10,2 Milliarden Dollar, sieben Prozent mehr als im Vorjahr. Oracles Nettogewinn stieg um 16 Prozent auf 2,7 Milliarden Dollar. Mit einem operativen Profit von 3,9 Milliarden Dollar und einer Gewinnspanne von 38 Prozent wurden ebenfalls neue Rekorde aufgestellt.

Für das laufende Quartal, das traditionell der schwächste Zeitraum im Gesamtjahr ist, stellte Oracle einen Umsatzzuwachs von sechs bis neun Prozent in Aussicht, basierend auf den Einnahmen im Vorjahreszeitraum von 2,07 Milliarden Dollar. Das Geschäft mit Neulizenzen soll von 525 Millionen Dollar um fünf bis 15 Prozent steigen.

Abb: Kaum Bewegung in den Jahresabschlüssen

Oracles Gewinne lassen nicht auf eine Krise schließen, doch die Umsätze des Konzerns stagnieren seit Jahren. Der hohe Nettoprofit im Fiskaljahr 2000 umfasst rund vier Milliarden Dollar an Erträgen aus Investitionen. Quelle: CW