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Oracle bietet 5,1 Milliarden Dollar für Peoplesoft

06.06.2003
Oracle bietet im Rahmen einer freundlichen Übernahme 16 Dollar für jede Aktie von Peoplesoft. Craig Conway unterstellt, Larry Ellison wolle ihm die Übernahme von J.D. Edwards vermasseln.

MÜNCHEN (COMPUTERWOCHE) - Oracle hat heute die Absicht bekundet, den Wettbewerber im Bereich betriebswirtschaftlicher Standardsoftware Peoplesoft zu übernehmen. Oracle bietet nach eigenen Angaben 16 Dollar in bar für jede Peoplesoft-Aktie, das Angebot summiert sich somit auf rund 5,1 Milliarden Dollar.

Peoplesoft wiederum hatte erst vor wenigen Tagen angekündigt, sich J.D. Edwards einverleiben zu wollen. Diese Transaktion sollte im kommenden Herbst abgeschlossen werden. Oracle erklärte dazu, es werde nach der eventuellen Übernahme von Peoplesoft neu entscheiden, ob J.D. Edwards gekauft wird. Peoplesoft-Chef Craig Conway bezeichnete Oracles Offerte gegenüber dem "Wall Street Journal" später als ein "Beispiel scheußlichen Verhaltens einer scheußlichen Firma" (Conway arbeitete selbst acht Jahre lang für Oracle) mit dem Ziel, Peoplesoft die Übernahme von J.D. Edwards zu vermasseln.

"Das ist als wolle man gerade Hochzeit feiern und Larry Ellison taucht mit einer Schrotflinte auf und zwingt einen, stattdessen ihn zu ehelichen", sagte Conway in einem Interview aus Paris. Der Verwaltungsrat seines Unternehmens werde Oracles Angebot aber in jedem Fall prüfen und baldestmöglich eine offizielle Stellungnahme dazu abgeben.

An der Nasdaq notierte die Peoplesoft-Aktie gestern zum Fixing bei 15,07 Dollar, das von Oracle gebotene Premium fällt also gering aus. "Angesichts Peoplesofts gegenwärtiger Aussichten und Pläne glauben wir, dass wir den Peoplesoft-Aktionären ein überzeugendes Angebot vorlegen", kommentierte Oracles Finanzchef Jeff Henley. "Wir gehen ferner davon aus, dass die Übernahme Oracles Gewinn pro Aktie bereits im ersten kombinierten Quartal erhöht. Wir erwarten substanzielle Kosteneinsparungen und minimale Integrationsrisiken."

Oracle-Chef Lawrence "Larry" Ellison habe ein Schreiben an den Verwaltungsrat von Peoplesoft geschickt, in dem er den Wunsch ausdrücke, das Angebot für die freundliche Übernahme zu diskutieren, teilte das Untenrehmen weiter mit. "Die Übernahme von Peoplesoft wird Oracle umgehend profitabler und wettbewerbsfähiger machen", erklärte Ellison. "Obwohl wir Neukunden nicht aktiv die Peoplesoft-Produkte verkaufen werden, wollen wir für alle Peoplesoft-Produkte umfassenden Support anbieten. Darüber hinaus werden wir die fortschrittlichen Features der Peoplesoft-Produkte in kommende Versionen der Oracle eBusiness Suite übernehmen."

In einer Telefonkonferenz erklärte Ellison, Peoplesoft-Gründer Craig Conway habe ihn bereits vor einem Jahr kontaktiert und eine Zusammenlegung des ERP-Geschäfts (Enterprise Resource Planning) beider Firmen vorgeschlagen. Anwendern, die noch mit Peoplesoft 7 arbeiten, versprach der Oracle-Chef einen längeren Support dieser Version. Peoplesoft selbst hatte angekündigt, die Wartung bis Jahresende einzustellen. Peoplesoft-Kunden sollen die Möglichkeit erhalten, ihre Umgebung auf die E-Business-Suite zu migrieren. Dies sei auch nicht aufwändiger als ein Umstieg von Peoplesoft 7 auf das akuelle Release 8.8, so Ellison. Für viele Kunden biete dies Vorteile - da sie oft ohnehin eine Oracle-Datenbank einsetzen, erhielten sie künftig Support aus einer Hand.

Sein Angebot will Oracle am kommenden Montag lancieren. Beraten wurde das kalifornische Unternehmen von Credit Suisse First Boston, das auch einen entsprechenden Überbrückungskredit für die Finanzierung bereit stellt.

Unabhängig davon teilte Oracle außerdem mit, es werde im vierten Fiskalquartal auf Basis vorläufiger Resultate einen Nettogewinn von 14 bis 15 Cent pro Aktie erzielen und damit die Erwartung der Analysten erreichen oder übertreffen. Die endgültige Quartalsbilanz veröffentlicht das Unternehmen am 17. Juni. (tc)