Oracle bastelt an Linux-Konzept

24.10.2006
Spekulationen zufolge plant Oracle eine engere Verzahnung der gesamten Produktpalette mit Ubuntu-Linux.

Die Gerüchteküche brodelt: Nachdem bereits im Frühjahr dieses Jahres darüber spekuliert worden war, Oracle könnte sich einen Linux-Distributor einverleiben, gibt es nun neue Anzeichen für eine Open-Source-Annäherung. Branchenbeobachter gehen davon aus, dass Oracle bis Ende des Monats eine Reihe vorkonfigurierter Lösungen auf Linux-Basis ankündigen wird. Grundlage soll die Distribution des europäischen Linux-Anbieters Ubuntu sein.

"Wir haben gehört, dass Ubuntu daran arbeitet, seine kürzlich vorgestellte Server-Version für alle wichtigen Oracle-Produkte zu zertifizieren", berichtet Katherine Egbert, Analystin von Jefferies & Company. Der europäische Linux-Anbieter hatte im Mai diese Jahres eine Server-Variante seines Systems auf den Markt gebracht. Oracles Pläne könnten eine Reaktion auf die Probleme in der Zusammenarbeit mit Rat Hat sein.

Branchenbeobachtern zufolge wäre eine Kooperation für beide Seiten fruchtbar. Ubuntu hätte mit der Unterstützung Oracles im Rücken bessere Chancen, sein Linux-System im Rechenzentrumsumfeld zu platzieren.

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Oracle wiederum könnte mit vorgefertigten Linux-Paketen vor allem kleine und mittelständische Kunden ansprechen.

Oracles Linux-Ambitionen sind nichts Neues. Im Februar 2006 hatte der Hersteller mit Sleepycat den Anbieter einer Open-Source-Datenbank übernommen. In der Folge wurde darüber spekuliert, Oracle könnte auch Jboss, Anbieter eines quelloffenen Application Server, schlucken. Dabei war allerdings Red Hat schneller. Der Linux-Distributor schnappte sich Jboss im April dieses Jahres. Oracle-Chef Lawrence Ellison ließ sich davon jedoch nicht irritieren. Im Gegenteil: Mit selbst gestreuten Informationen fachte er die Diskussionen um Oracles Linux-Strategie weiter an. "Ich hätte gerne den kompletten Software-Stack", sagte er.

Wie künftig eine Zusammenarbeit zwischen Ubuntu und Oracle aussehen könnte, bleibt offen. Analystin Egbert glaubt nicht, dass Oracle das Linux-System separat anbieten wird. Vielmehr sei zu erwarten, dass der Datenbankanbieter vorkonfigurierte Pakete auf Linux-Basis auf den Markt bringen werde. Die Analystin rechnet mit dedizierten Hardware-Appliances, die je nach Anforderung mit einem bestimmten Software-Stack ausgeliefert werden.

Die Konkurrenz will sich von den Gerüchten rund um Oracle nicht irritieren lassen. "Wir werden das tun, was unsere Kunden von uns verlangen, unabhängig davon, was Oracle unternimmt", kommentierte Tim Yeaton, Senior Vice President für das Marketing von Red Hat, die jüngsten Spekulationen. Man gehe nicht davon aus, die Initiative könnte dem eigenen Geschäft schaden.

Ubuntu-Chef Mark Shuttleworth wollte ein potenzielles Engagement von Oracle im Linux-Markt weder begrüßen noch ablehnen. Es sei nicht besonders lukrativ für Oracle, Linux selbst anzubieten und zu unterstützen. Das bedeute jedoch nicht, es hätte keinen strategischen Wert für Oracle, sich im Linux-Umfeld zu engagieren. (ba)