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Oracle-Anwender kritisieren die Produktqualität

23.11.2001
Die Qualität der Oracle-Produkte erregt die Gemüter der Anwender. Fehlerbereinigungen mit neuen Bugs und monatelanges Warten auf Problemlösungen ärgern die Datenbankadministratoren.

MÜNCHEN (COMPUTERWOCHE) - Die Qualität der Oracle-Produkte erregt die Gemüter der Anwender. Fehlerbereinigungen, die neue Bugs mit sich bringen, und monatelanges Warten auf Problemlösungen ärgern die Datenbankadministratoren.

Die sich verschlechternde Qualität der Oracle-Programme war das beherrschende Thema auf der Jahrestagung der Deutschen Oracle Anwendergruppe (DOAG) in Mannheim. Zu keinem anderem Thema mussten die Firmenvertreter während der Frage-und-Antwort-Stunde, dem traditionellen Höhepunkt der Veranstaltung, so umfangreich Auskunft geben und so großen Unmut verkraften.

Mit der Qualitätssicherung nimmt es der Softwarehersteller nach Ansicht vieler Kunden nicht so genau. Die Benutzer haben das Gefühl, Oracle liefere unvollständig getestete Softwareversionen und Reparaturprogramme, so genannte Patches, aus. So kritisierte zum Beispiel ein Anwender auf der Konferenz, dass er ständig auf unbedingt benötigte Patches für Bugs warten müsse. In einem Fall harrte ein Kunde vier Monate aus, bis der Bug als solcher von Oracle anerkannt worden war. Erst weitere vier Monate später wurde der Patch geliefert.

"Das sind sicher Einzelfälle", hält Andreas Manthey, Leiter Technologie-Marketing Deutschland, Österreich und Schweiz bei Oracle, dagegen. Solche extremen Wartefristen dürften nicht passieren, "das wollen wir verbessern". Gegenwärtig werde der Support globalisiert und damit der direkte Kontakt zur Entwicklungsabteilung verbessert. So sollen sich die Reaktionszeiten künftig verkürzen.

Wie es zu den vier Monaten Verzögerung gekommen ist, kann sich Manthey nicht erklären. Dieser Fall werde von ihm geprüft: "Das war sicher ein Ausreißer."

Oracle testet seine Software auch in Anwenderumgebungen. So bestätigt Dietmar Neugebauer, Leiter des Oracle-Teams bei BMW, dass Betatestkunden gut in den Qualitäts-Management-Prozess eingebunden seien. Trotzdem funktioniert seiner Ansicht nach die interne Qualitätssicherung nicht. Es sei symptomatisch, dass für die finale Version der Datenbank Oracle 8i (intern die Version 8.1.7) bereits innerhalb kürzester Zeit wieder mehrere Patches ausgeliefert worden seien. "Dabei bringt ein Patch wieder neue Bugs an anderer Stelle mit sich", beobachtet Neugebauer.

"Nicht immer hat Oracle einen Patch zu verantworten", erklärt Manthey dieses Phänomen. Zum Beispiel erfordere eine Fehlerbehebung in Windows NT/2000 durch Microsoft in der Regel auch einen neuen Patch für die Datenbank. Allerdings dürfe es nicht sein, dass dieser wieder neue Fehler nach sich ziehe.

Die Kritik an der Produktqualität traf auf der DOAG-Konferenz den Nerv der Anwender. Mit teilweise lang anhaltendem Szenenapplaus machten sie deutlich, dass nicht nur die Fragesteller unter diesen Problemen zu leiden haben. Das Thema will nun auch die Doag aufgreifen. "Wir werden in unseren Gesprächen mit dem Oracle-Management ständig die Probleme der Anwender auch in Hinblick auf die Verbesserung der Produkt- und Supportqualität kommunizieren und diese zu einem Schwerpunkt unserer Arbeit im nächsten Jahr machen", kündigt Fried Saacke, Vorsitzender der Doag, an. Allerdings sei es natürlich Aufgabe des Herstellers, die Produktqualität zu verbessern.

Bereits mit dem Thema ihrer Konferenz vom vergangenen Jahr konnte sich die Doag gut durchsetzen. Damals stand das Datenbank-Pricing unter Beschuss. Mittlerweile hat Oracle das heftig kritisierte Power-Unit-Pricing wieder zurückgenommen und berechnet nun die Gebühren für die Datenbanknutzung nur noch nach der Zahl der Prozessoren.

Doch ganz vom Tisch ist das Problem trotzdem nicht. So beschwerten sich einige Anwender auf der Konferenz, dass dezentral organisierte IT-Strukturen bei diesem Berechnungsmodell gegenüber der ursprünglichen Preisgestaltung, bei der sich der Preis nach der Zahl der gleichzeitig aktiven Nutzer berechnet hat, benachteiligt sind. Die Lizenzgebühren für viele Rechner, auf denen aber jeweils nur wenige Benutzer arbeiten, schnellen bei dem neuen Preismodell teilweise dramatisch in die Höhe.

Bemängelt wird auch, dass die neue Version der Datenbank-Cluster-Technik "Real Application Cluster" (RAC), des Nachfolgers des "Oracle Parallel Server" (OPS), eigens lizenziert werden muss - auch durch Anwender, die OPS bereits im Einsatz haben. Bei Oracle ist ein Update auf die aktuelle Version einer Software normalerweise über die Wartungsgebühren abgedeckt.

Ein weiterer wichtiger Punkt in der Fragestunde war die fehlende Teilnahme Oracles an Messen und Kongressen. Insbesondere möchten viele Partner auf der CeBIT vertreten sein. Allerdings verweigert sich der Softwarehersteller auch der weltweit größten IT-Messe und setzt stattdessen auf die hauseigenen Events Oracle Openworld und Oracle Appsworld. Dort könnten Anwender und Interessenten nach Ansicht von Ralf Blaschi, Director Marketing für Oracle in Deutschland, besser mit Informationen versorgt werden, als dies auf allgemeinen IT-Messen möglich ist.

Um die CeBIT-Lücke zu schließen, wird die DOAG nach 2001 auch 2002 wieder einen Partnerstand auf der Messe ausrichten. Saacke rechnet mit mehr als 30 Partnern in Halle 4. (mo)