Das große Doag-Interview

Oracle-Anwender fordern mehr Einfluss

10.11.2009
Von 
Martin Bayer ist Chefredakteur von COMPUTERWOCHE, CIO und CSO. Spezialgebiet Business-Software: Business Intelligence, Big Data, CRM, ECM und ERP.

Oracle sollte auf die Marktsituation Rücksicht nehmen

COMPUTERWOCHE: Im Sommer dieses Jahres hat die Doag die Preiserhöhungen seitens Oracles kritisiert. Hat sich der Hersteller in dieser Sache mittlerweile bewegt?

SAACKE: Oracle hat die Lizenzpreise im Schnitt um etwa 20 Prozent angehoben, bei einzelnen Lösungen sogar deutlich darüber. Im Euro-Bereich hat sich diese Maßnahme wegen der ungünstigen Umrechnungskurse noch gravierender ausgewirkt. Für uns war diese Preiserhöhung nicht erklärlich. Ein Hersteller sollte schließlich auch auf die Situation und die Gegebenheiten im Markt eingehen und entsprechend agieren. Aus unserer Sicht ist es unverständlich, dass Oracle angesichts der schwierigen Situation, in der viele Unternehmen derzeit stecken, die Preise derart anhebt. Oracle kompensiert das zwar erfahrungsgemäß unterschiedlich stark durch Rabattierungen. Wir würden uns aber eher darüber freuen, wenn der Hersteller von vornherein eine marktgerechte und marktorientierte Preispolitik verfolgen würde und nicht im Nachhinein gigantische Rabatte gewähren müsste. Davon profitieren in erster Linie die großen Unternehmen, die auch hohe Volumina abnehmen. Die kleinen und mittelständischen Unternehmen haben davon erfahrungsgemäß weniger.

COMPUTERWOCHE: Wie hat Oracle auf Ihre Kritik reagiert?

SAACKE: Es gibt bislang keine Reaktionen von Oracle zu diesen Preiserhöhungen. Das hätte mich auch gewundert. Klar wäre es schön, wenn sich da noch etwas bewegt hätte. Derzeit sieht es allerdings nicht danach aus. Momentan gewährt Oracle lieber höhere Rabatte, als die eigene Preisliste noch einmal zu verändern.

COMPUTERWOCHE: Wie sah denn die Preisentwicklung in den vergangenen Jahren aus?

SAACKE: In den Jahren zuvor gab es für uns praktisch keine Veränderungen. In den USA wurden die Preise im vergangenen Jahr deutlich angehoben, etwa um die zehn Prozent. Doch das schlug durch Währungseffekte nicht nach Deutschland durch, so dass die Preise konstant blieben. Dafür kam es in diesem Jahr doppelt so dick. Es wäre zu wünschen, dass ein Hersteller an dieser Stelle flexibler und sensibler agiert und sich vor allem auch die einzelnen Märkte anschaut. Zudem ist es fraglich, ob es einem Hersteller hilft, wenn die Angaben auf den Preislisten und die in der Realität geforderten und erzielten Preise so weit divergieren. Für die Anwender ist das alles andere als durchsichtig.

COMPUTERWOCHE: Also sind die Preislisten nicht das Papier wert, auf denen sie gedruckt sind?

SAACKE: Im Prinzip machen das alle Softwarehersteller so. Auf der anderen Seite können die Anwenderunternehmen natürlich auch den Erfolgsdruck, unter dem Oracle steht, für sich und die eigene Verhandlungsposition nutzen. Das geht aber nur, wenn man als Kunde langfristig plant und sich auch genügend Zeit lässt, um mit Oracle zu verhandeln.

COMPUTERWOCHE: Wie sollten sich die Anwender konkret verhalten?

SAACKE: Niemals Lizenzen einsetzen, die man nicht besitzt. Eine Zwangsnachlizenzierung ist das teuerste, was einem passieren kann. Zudem zieht das die schlechtestmögliche Verhandlungsposition nach sich. Wenn Anwender ihre Lizenzierungsbasis sauber und transparent führen und dies auch dem Hersteller offenlegen können, gestaltet sich die Verhandlungsposition wesentlich besser. Steigen die Unternehmen zudem frühzeitig in die Verhandlungen ein, lassen sich erhebliche Nachlässe erzielen. Frühzeitig heißt im Idealfall: Der Geduldsfaden sollte im besten Fall bis zum Mai des jeweils kommenden Jahres reichen.

NEUGEBAUER: Hilfreich ist auch, die Alternativen gegenüber Oracle aufzuzeigen. Anwender sollten deutlich machen, dass sie sich als Unternehmen auch Produkte anderer Hersteller ansehen. Legt man sich von vornherein fest und lässt das den Hersteller auch spüren, engt sich der eigene Verhandlungsspielraum natürlich ein.

COMPUTERWOCHE: Trotz des wirtschaftlichen Drucks steigert Oracle seine Gewinne. Irgendetwas scheint der Hersteller also richtig zu machen.

NEUGEBAUER: Oracle konsolidiert wie viele andere Hersteller. Im Grunde betrifft das alle Bereiche im Konzern, von der Entwicklung bis zum Vertrieb. Damit versucht der Hersteller, seine Kosten zu reduzieren. Die Strategie, alles im Konzern zentral zu steuern, rührt unter anderem daher.

SAACKE: Oracle verdient an den Lizenzen nicht die entscheidende Marge. Die Gewinne resultieren hauptsächlich aus dem Support und der Wartung, also den Posten, die sich langfristig kalkulieren und gut optimieren lassen. Dieses Modell schafft im Grunde erst die Basis dafür, bei den Lizenzpreisen Rabatte einräumen zu können. Dazu kommt, dass sich auch im Rahmen der zahlreichen Übernahmen die Kosten drücken lassen. Das war zuletzt ein wichtiger Erfolgsbaustein für Oracle. Auch bei Sun ist im Grunde jetzt schon klar, welche Mitarbeiter auf der Verliererseite stehen: Das sind die Mitarbeiter in der Administration. Leute in der Entwicklung und im Vertrieb werden dagegen weiter gebraucht.