Optische Speicher konkurrieren mit Platten- und Bandspeichern

29.10.1993

MUENCHEN (CW) - In den vergangenen drei Jahrzehnten gab es eine kontinuierliche Veraenderung im Bereich der Massendatenhaltung: Zunehmend ist ein Trend zu beobachten weg von der Technologie eines Anbieters hin zu unterschiedlichen Datenhaltungskonzepten verschiedener Hersteller. In den 60er Jahren verwalteten Anwender ihre Daten mehr oder weniger auf einem einzigen Medium, heute besitzt der Benutzer die Auswahl unter verschiedenen Technologien, Aufnahmeformaten und -mechanismen.*

Heutzutage sind Applikationen zunehmend verteilt. In der Folge bedeutet das, dass die Anwendungen auf einem Speichermedium gelagert werden, deren Daten hingegen holt sich der Anwender moeglicherweise von ganz anderen Medien. Gegebenenfalls legt er sie dann wieder in noch anderen Speichersilos ab.

Mit dem schieren Anwachsen der heutzutage transportierten Datenmengen geraten die Speicherhierarchien und -konzepte in Schwierigkeiten. Wachsender Speicherbedarf und Backup-Operationen, die zunehmend laenger dauern, sowie intensiverer Datenverkehr zwischen Netzen tragen immer mehr zur Belastung von Fileservern bei. Faktoren wie die Speichergeschwindigkeit und - transportabilitaet nehmen auf jedem Level der Speicherhierarchien mehr denn je an Bedeutung zu. Anwender wollen demgegenueber aber wenige, ueberschaubare Loesungen.

Hier nun entfaltet die Speichertechnologie magneto-optischer (MO) Medien ihre Staerken bezueglich ihrer mittlerweile erheblich gesteigerten Geschwindigkeit und Kapazitaeten. Fortschritte in der Technologie machen es moeglich, dass optische Laufwerke in Sachen Datenzugriffszeiten mit Festplattensystemen annaehernd mithalten koennen. In puncto Kosten pro MB und der Faehigkeit, Daten zwischen unterschiedlichen Medien hin- und herzutransportieren, sind die optischen Speicher den Festplatten und Bandspeichern sogar eher ueberlegen.

Unbegrenzte Kapazitaeten und kurze Zugriffszeiten

Im folgenden soll beschrieben werden, welche Moeglichkeiten optische Speichertechnologien offerieren. Hierzu gehoert die Option, Festplattensysteme in Bereichen zu ersetzen, wo Datentrans- portabilitaet ein Muss darstellt; ferner die Moeglichkeit, Bandspeicher gegen optische Speicher dann auszutauschen, wenn lange Transferzeiten unakzeptabel sind. Ausserdem kann man die neuen Technologien als Alternative zu Plattenspeichern sehen, wenn es naemlich darum geht, praktisch unbegrenzte Speicherkapazitaeten bei annehmbaren Zugriffszeiten vorzuhalten.

1988 stellten Sony und Maxtor erstmals wiederbeschreibbare optische Laufwerke vor. Zwei Jahre spaeter betrat Maxoptix, eine Subdivision von Maxtor, mit der "Tahiti"-Linie den Markt wiederbeschreibbarer optischer Medien. Deren Vorteil gegenueber den WORM-Speichern ist, dass sie so leicht zu handhaben sind wie etwa Winchester-Plattenlaufwerke. Ausserdem benoetigen sie fuer die Anbindung etwa an Workstations keine speziellen Softwaretreiber.

Ein ganz wesentlicher Vorteil der wiederbeschreibbaren optischen Medien gegenueber anderen Speichertechnologien sind ihre vergleichsweise niedrigen Kosten. Ueber lange Sicht fallen - verglichen beispielsweise mit Festplatten - wesentlich geringere Kosten pro MB an. Als austauschbare Speicher koennen jederzeit Cartridges mit Speicherkapazitaeten von ueber 1 GB fuer relativ wenig Geld hinzugefuegt werden. 1992 praesentierte Maxoptix ferner Multifunktions-Laufwerke, die sowohl die wiederbeschreibbaren als auch WORM-Medien bedienen koennen und mit denen sich grosse Archive aufbauen lassen.

Mit der Entwicklung der optischen Medien gingen auch Bemuehungen um die Verbreitung von industrieweit anerkannten Standards einher, die die Kompatibilitaet der unterschiedlichen Medien und die Moeglichkeiten zur weitestgehenden Datenaustauschbarkeit sicherstellen sollten. 1991 wurde der erste MO-Standard von der International Standards Organization (ISO) fuer 5,25-Zoll-Laufwerke mit einer Kapazitaet von 650 MB festgeschrieben. Ihm folgen heute die meisten Hersteller. Neben der ISO arbeiten noch zwei weitere Normierungsgremien - das American National Standards Institute (ANSI) und die European Computer Manufacturers Association (ECMA) - mit den Herstellern daran, Nachfolgestandards zur originaeren 650-MB-Norm zu entwickeln. 1992 etwa "ratifizierte" die ECMA das Technologieverfahren der "Zoned Constant Angular Velocity" (ZCAV), bei dem bis zu 1 GB Daten gespeichert werden. Dieser Standard durchlaeuft gerade das Zustimmungsverfahren bei der ISO.

Anwenderbedarf treibt Technologie-Entwicklung an

Ebenfalls 1992 hiess die ECMA einen 1,3-GB-Standard gut, im Laufe der Zeit wird zudem - so zumindest die Meinung in der Industrie - auch eine 2,6-GB-Normierung sich durchsetzen. Dies wird allerdings von Fortschritten in der Lasertechnik abhaengen und wohl nicht vor 1995 kommen.

Angetrieben wurden die Technologieentwicklungen bei den wiederbeschreibbaren Medien durch den hohen Speicherbedarf, den vor allem Anwender von leistungsstarken Workstations fuer die Bildverarbeitung und -speicherung hatten.

Speicherhungrige Anwendungen - hierzu waeren unter anderem das elektronische Druckvorstufen-Verfahren, DTP, Grafikdesign, CAD oder CAE sowie Analysearbeiten zu zaehlen - konnten einerseits realistischerweise mit Bandspeichermedien nichts anfangen, weil diese sowohl beim Zugriff als auch bei den Suchzeiten zu langsam sind. Andererseits strapazieren diese datenintensiven, bilderverwertenden Anwendungen die Kapazitaeten von Festplattenspeichern ueber Gebuehr. Zudem konnten die Daten nicht ohne weiteres auf konventionellen magnetischen Disks transportiert werden.

Als Ergebnis laesst sich feststellen, dass man etwa im Druckvorstufenbereich relativ schnell von austauschbaren Festplattensystemen wegkommt und zu hoeherkapazitiven, wiederbeschreibbaren optischen Medien uebergeht. Ein zwei Seiten grosses Tabloid etwa mit grob geschaetzt 720 MB an Daten musste sich der Anwender mit rund 800 Dollar teuren Festplattenkapazitaeten erkaufen. Das Aequivalent bei optischen Medien kostet ihn - legt man Strassen- preise zugrunde - weniger als 150 Dollar. In diesem Druckbereich Taetige koennen Tausende von komplexen Grafiken und andere Daten auf einer einzigen 5,25-Zoll-MO-Disk speichern.

Auf diese neuen Moeglichkeiten griff unter anderem auch die US- Regierung zurueck. Wegen der Transportabilitaet beziehungsweise Mobilitaet bei hoher Speicherkapazitaet der MO-Silos verwendete sie diese als Alternative zu herkoemmlichen Technologien waehrend ihrer Kriegfuehrung gegen den Irak in der Aktion "Desert Storm". Die US- Regierung bunkerte strategische Fluginformationen, die von Satelliten gesendet wurden.

Optische Laufwerke fuer rauhes Umfeld

Die so gespeicherten Daten konnten die Bomberpiloten waehrend des Fluges benutzen, um ihre jeweilige Mission und Zielvorgaben abzurufen. Diese Daten konnten ferner wieder zu Analysezwecken verwendet werden.

Ein anderes Argument fuer MO-Speicher sind Netze: GB-grosse Dateien lassen sich zwar, technisch gesehen, sehr wohl ueber ein LAN verschieben. Tatsaechlich zwingen sie ein Netz mit diesen Belastungen jedoch meistens in die Knie, zumindest werden die Antwortzeiten erheblich verlaengert. Es ist auch zunehmend nicht mehr tolerierbar, wenn Anwender untaetig an einer 10 000 oder 20 000 Dollar teuren Workstation sitzen, waehrend diese gerade von einem Winchester-Speichersystem dort abgelegte Bilddaten erfragt. Deshalb sind bei solchen Anwendungen etwa Bandspeicher nicht akzeptabel.

Optische Laufwerke setzt man zudem mit Erfolg in Umgebungen ein, deren aeusseres Umfeld eher als rauh zu bezeichnen ist. So werden etwa Maxoptix-Laufwerke in F16-Flugzeugen fuer Anwendungen eingesetzt, wo unter anderem Einsatzkontrollfunktionen oder Logistikunterstuetzung bedient werden muessen, oder wo die Distribution von Daten gefragt ist.

Jukebox als Speichersilo

Mit dem Einsatz von magnetooptischen Speichern umgeht man in diesem Anwendungsbeispiel anders als bei der Benutzung von Bandspeichern auch den Umweg, Daten erst auf grosse Host- Speichersubsysteme zu uebertragen, um sie von dort abrufen und dann weiter nutzen zu koennen.

Grundsaetzlich kann man festhalten, dass MO-Systeme schnelle Zugriffszeiten, praktisch unbegrenzte Kapazitaeten und ein hohes Mass an Datentransportabilitaet bei geringen Kosten gewaehrleisten. Gemessen pro MB spricht man typischerweise von einem Zehntel der Ausgaben, die Anwender bei MO-Speichern im Vergleich zu Festplatten- oder Bandalternativen zu investieren haben.

Bei extrem hohem Bedarf an Speicherkapazitaet lassen sich darueber hinaus MO-Medien in Jukebox-Installationen einbinden. Beispielsweise werden bei Multimedia-Anwendungen, die komplexe Bild- und Audiodaten benutzen, bekanntermassen aeusserst grosse Speichermengen gebraucht. Die MO-Laufwerke zum Beispiel von Maxoptix eignen sich da fuer die Jukebox-Angebote von Herstellern wie NKK, Kodak, DISC, US Design, Docupoint sowie IDE.