Speichern und Archivieren/Die Technik der Holografie ist noch nicht serienreif

Optische Bänder zeichnen sich als Speichertyp der Zukunft ab

24.05.1996

Das ungebrochene Wachstum des Unix-Markts sorgt gegenwärtig für eine wahre Explosion der Speichermedienvielfalt - von Audio- und Videobändern bis hin zu optischen Datenträgern. Erschwert wird die Wahl des richtigen Speichermediums dadurch, daß das Optimum für den jeweiligen Einsatzbereich verschiedener Art sein kann. Faktoren, die diese Wahl beeinflussen, sind in erster Linie Aufzeichnungsverfahren, Kapazität, Lebensdauer und der Preis des Mediums. Unabhängig davon sind Unternehmen gezwungen, sich mit der Frage nach der jeweils geeigneten Technologie auseinanderzusetzen, denn die Datenmenge steigt überproportional an.

Heute sind in Firmen durchschnittliche Datenwachstumsraten von jährlich 25 bis 35 Prozent üblich. In vielen Fällen verdoppelt sich das Datenvolumen bereits alle neun Monate. Die Ursache hierfür sind stets komplexere Anwendungen, die Zunahme verteilter Architekturen und die nahezu unbegrenzten Möglichkeiten, die die Leistungssteigerung neuer Rechner erschließt.

Interessante Entwicklungen machen die Wahl des richtigen Speichermediums nicht leichter. Völlig neue Dimensionen für die Speicherung von Massendaten eröffnet derzeit das optische Band. Es vereint die Grundzüge magnetischer und optischer Speichertechnologien. Die Daten werden mit einem Laser auf ein speziell beschichtetes Magnetband geschrieben und von ihm gelesen.

Damit erhält man den größtmöglichen Nutzen aus den Vorteilen beider Technologien. Auf der einen Seite wird als Basismedium ein kostengünstiges Magnetband verwendet, auf der anderen Seite entsteht durch das optische Aufzeichnungsverfahren kein Kontakt zwischen den Schreib-Lese-Köpfen und dem Magnetband selbst.

Unter Verwendung dieser Technologie ist es möglich, die riesige Datenmenge von einem Terabyte auf einer einzigen Bandspule zu speichern. Das entspricht etwa 11 MB oder 6000 DIN-A4-Seiten Rohdaten auf einem Zentimeter Band.

Ein entscheidender Vorteil dieses magneto-optischen WORM-Mediums gegenüber gewöhnlichen Magnetbändern ist seine Langlebigkeit. Ergebnisse unabhängiger Untersuchungen haben eine Haltbarkeitsdauer der aufgezeichneten Daten von 30 Jahren ergeben - und dies nicht nur in vollklimatisierten Datenschutzcentern, sondern in alltäglicher Büroumgebung.

Außerdem ist das Band nahezu unverwüstlich. Es kann hunderttausendmal gelesen werden, ohne daß sich irgendwelche Abnutzungserscheinungen ergeben. Aufgrund der Stärke des Bands erlauben geeignete Laufwerke Suchläufe mit einer Geschwindigkeit von 15,5 Metern pro Sekunde. Dadurch ergibt sich eine für Bandtechnologien beachtenswerte mittlere Datenzugriffszeit von 38 Sekunden bei einer Gesamtlänge des Bands von 800 Metern.

Die Hochleistungslaufwerke selbst arbeiten mit ausgefeilten Fehlerkorrektur- und Fehlerfindungstechniken und liefern so jedesmal, wenn ein Datenzugriff erfolgt, genauen Aufschluß über die Datenqualität. Das optische Bandsystem benötigt etwa 0,5 Quadratmeter Stellfläche - für 1 Terabyte Daten.

Der wichtigste Anwendungsbereich derzeit installierter optischer Bandsysteme ist die Speicherung von Satellitendaten in Bodenstationen rund um die Welt. Aber auch für eine ganze Reihe weiterer Anwendungsbereiche ist das optische Band interessant. So können sie im Bereich der Langzeitarchivierung Mikrofiches ersetzen und gleichzeitig für die Speicherung von Online-Daten in der Bildverarbeitung Verwendung finden. Auch Image-Processing, Video- und Audiospeicherung sowie Medical Imaging gehören zu den möglichen Anwendungsbereichen.

Schon für 1994 waren die ersten Prototypen einer weiteren neuen Technologie angekündigt: holografische Speicher. Sie könnten die Datenträger der Zukunft werden, wenn die versprochenen Leistungsmerkmale umzusetzen sind. Mit Planwerten für die Datentransferrate von 200 MB pro Sekunde und Zugriffszeiten unter 100 Mikrosekunden scheinen sie alle bisherigen Speichermedien in den Schatten zu stellen. Der Zeitpunkt der Serienreife läßt sich allerdings heute noch nicht absehen.

Allgemein ist erkennbar, daß gerade bei Magnetbandtechnologien in Intervallen, die manchmal kürzer als ein Jahr sind, ein Kapazitätsanstieg - meist eine Verdoppelung - zu verzeichnen ist. Betrug zum Beispiel die Speicherkapazität bei DLT-Bändern (Digital Linear Tape) vor drei Jahren noch 5 GB, so ist noch in diesem Jahr bei diesen Tapes mit einer unkomprimierten Datenmenge von 35 GB zu rechnen.

Bei optischen Speichertechnologien hingegen vollzieht sich die Erhöhung der Kapazität eher träge. Erst vor kurzem fand beispielsweise eine Verdoppelung der Kapazität bei optischen Platten im Format 5,25 Zoll auf 2,6 GB statt.

Wer auch immer den Wettlauf um die höchste Speicherkapazität, die schnellste Zugriffszeit oder längste Lebensdauer gewinnen mag, fest steht, daß auch in Zukunft von einer heterogenen Speichermedienwelt auszugehen ist.

Den eindeutigen Trend oder das dominante Speichermedium der Zukunft wird es nicht geben. Existierende Speichermedien werden sicherlich auf lange Sicht nicht zu ersetzen sein, doch sie bekommen durch die neuen Technologien zunehmend Konkurrenz.

Kurz & bündig

Der Markt der Speichermedien entwickelt sich rasant. Optische Datenträger gewinnen an Boden, Magnetbänder bleiben wegen ihrer niedrigen Kosten pro Megabyte Speicherkapazität interessant. Neue Dimensionen eröffnet das optische Band. Und am Horizont zeichnet sich schon eine wei- tere Technologie ab, die alles in den Schatten stellen könnte: die holografischen Speicher.

*Jens Goretzka ist Manager im Bereich Marketing und Systemintegration bei Grau Storage Systems in Böhmenkirch.