Umstellung von IBM 1130 auf PDP-1145:

"Optical System Design" im Online "Betrieb

24.06.1977

MÜNCHEN (sf) - "Allein die erzielte Reduzierung des Lagerbestandes um 20 Prozent bezahlt uns den Computer", resümiert Gerhart Pfeiffer, EDV-Leiter der C. Reichert Optische Werke AG, Wien. In dem österreichischen 800-Mann-Unternehmen ist vor kurzem die Umstellung von einer IBM 1130, auf eine PDP-11/45 von Digital Equipment abgeschlossen worden. Die einzelnen Phasen erläutert EDV-Chef Pfeiffer im folgenden Bericht:

Die EDV begann bei Reichert im Jahre 1967, als - zunächst nur für den Einsatz im technisch-wissenschaftlichen Bereich - eine IBM 1130 installiert wurde. Eine Zuse Z 11 war bis zu diesem Zeitpunkt bereits 10 Jahre im Einsatz. Das "Wissenschaftliche Rechenbüro" hatte auf ihr ziemlich mühsam seine Linsensysteme durchgerechnet. Schon damals waren die Anwenderprogramme "Hausmarke".

Nachdem die Zuse ihren "letzten Weg" ins Wiener Technische Museum angetreten hatte, wurde mit dem "Optical System Design", der Berechnung von Strahlen in Linsensystemen, begonnen. Wieder wurden die Programme - in Fortran - von den "hauseigenen" Wissenschaftlern erstellt. Eingabemedium wurde die Lochkarte, für die Ausgabe sorgte nunmehr ein schneller Drucker. Die EDV-Abteilung erhielt die Aufgabe, Lösungen für kommerzielle Anwendungen und für den Produktionsbereich zu schaffen, Fortran wurde dafür von uns um ein System eigener Subroutinen erweitert. Es ist das frappierende an dieser Sprache, daß wir mit ihr auch alle unsere kommerziellen Problemstellungen ohne Einschränkung erledigen können.

1 1/2 Jahre Systemauswahl

Im Jahre 1974 war die 1130 an der Kapazitätsgrenze; der Mietaufwand stand in einem Mißverhältnis zu den technischen Möglichkeiten. Neue Anlagen waren leistungsfähiger und billiger. Der an uns herangetragene Problemkreis "Produktionsplanung" war schließlich auslösend - wir gingen auf die Suche nach einem modernen Hardware-Konzept das einen möglichst nahtlosen Übergang zur Online-Verarbeitung in zwei Phasen (1. nur für Wissenschaftler, -2. alle übrigen) ermöglichen sollte. Es galt eine Maschine zu finden, auf der die zehn Mannjahre, die in unserer Software steckten (Maintenance nicht ein gerechnet), mit wenig Umstellungsaufwand weiterhin genutzt werden konnten. Die Systemauswahl erstreckte sich auf fast eineinhalb Jahre. Während dieser Zeit gingen wir die Hersteller von A bis Z durch, bis wir uns schließlich für eine PDP-11/45 von Digital Equipment entschieden.

Die gesamte Fortran-Software mit Commercial Subroutines wurde übernommen. Nach drei Mannmonaten Programm-Adaption wurde im Juli 1975 die PDP-11/45 installiert. Sie lief innerhalb einer Woche voll mit den bestehenden Programmen. Das hat uns überrascht, zumal die Woche praktisch für die Datenübernahme benötigt wurde, eine kürzere Anlaufzeit also organisatorisch gar nicht möglich gewesen wäre. In dieser DEC-Phase 1 hatte die Anlage 64 K-Worte, zwei Wechselplattenspeicher, eine Bandstation, einen Kartenleser, einen Zeilendrucker mit 18 000 lph (durch Spooling jederzeit rasch genug), fünf Video-Terminals mit je 1920 Zeichen sowie einen Matrixdrucker. Die IBM029-059-Locherei blieb bestehen, da ja zunächst nur die Wissenschaftler Online fuhren.

Einsparungen decken EDV-Kosten

In Phase 1 hießen die wichtigsten Batch-Programme Buchhaltung, Standard-Kostenrechnung, Orderschreibung, Produktionsplanung, Brutto- und Netto-Bedarfsermittlung, Stücklistenauflösung und globale Kapazitätsplanung. Bereits in dieser Phase brachte uns das System Einsparungen, deren direkt meßbarer Teil bei weitem die Kosten der EDV überstieg: 20 Prozent weniger Miete, zehnmal höherer Datendurchsatz, Online-Betrieb für die Wissenschaftler, eine drastische Personaleinsparung in den am stärksten erfaßten Fachabteilungen, vor allem aber eine Reduzierung des Lagerbestandes um 20 Prozent. Allein diese Senkung des Inventurstandes bezahlt uns den Computer.

Als Hauptgründe für die Durchsatzsteigerung sind zu nennen: Multitasking, Kernspeichererweiterung, Online-Betrieb des wissenschaftlichen Rechenbüros, die hohe Geschwindigkeit der Plattenspeicher sowie die Schnelligkeit der CPU. Begeisternd ist das Task-Swopping und das Stack-Konzept. Bei Statuswechsel wird lediglich der "impure part", der veränderliche Programmteil, ausgeladen, der (größere) "pure part" bleibt. Der Zeitgewinn dieses Verfahrens ist enorm. An das von uns eingesetzte Betriebssystem RSX-11D haben wir nur noch zwei Wünsche: dynamische Speicherverwaltung und Timesharing-Option.

Phase 2 brachte im Januar 1977 sechs weitere Video-Terminals, zwei Matrixdrucker und zusätzlich 32 KW-Hauptspeicherkapazität. Seit kurzem läuft alles im Online-Betrieb. Die Vorbereitungszeit für Phase 2 betrug insgesamt 2,5 Mannjahre.

C. Reichert, Optische Werke AG

In dem seit mehr als 100 Jahren bestehenden Wiener Unternehmen (augenblickliche Mitarbeiterzahl: zirka 800) werden Mikroskope und Microtome (Apparate, die organische oder anorganische Proben in mikroskopisch kleine Teile "zerlegen") produziert. Rund 95 Prozent der Erzeugnisse sind für den Export bestimmt.