Operator: Vom DV-Schlußlicht zum System-Manager?

21.12.1979

Die Ära des "Gerätebedieners" in der EDV geht zu Ende. Der Operator der Zukunft wechselt in das Lager der DV-Spezialisten. Im öffentlichen Dienst ist der Mann an der Maschine bereits heute weitgehend dem Programmierer gleichgestellt. "Es werden künftig Kenntnisse und Fähigkeiten von einem Operator verlangt", prophezeit Theo Hansen, Leiter des Universitäts-Rechenzentrums Ulm, "die hinsichtlich Hardware eine Technikerausbildung und hinsichtlich Betriebs-Software eine Fachhochschulausbildung erfordern. "Auch Kerstan von Witzleben (Donnelley & Gerardi GmbH) sieht den Operator künftig als "qualifizierten, gut ausgebildeten Fachmann, dessen Routine im Beobachten der Systeme und der Interpretation verschiedener Systemzustände liegt". "Allein, training on the job' reicht in diesem Job bereits heute nicht mehr aus."

Theo Hansen

Leiter des Universitäts-Rechenzentrums, Ulm

Die Entwicklungen, die bei der Hardware in vollem Gange sind und sich bei der Software bereits abzuzeichnen beginnen, werden auch Berufsbilder der EDV stark beeinflussen. Die technologisch bedingten Veränderungen betreffen insbesondere auch das Operating. Mit der Einführung der Datensammelsysteme und der dezentralen Aufstellung von Terminals und Terminalgruppen hat sich die Tätigkeit der Peripherie des Operators stark gewandelt: Lochkartenleser werden kaum noch genutzt, auftragsbezogenes Trennen von Listing hat sich erheblich reduziert. In Zukunft dürfte der Ausgabe von Listen auf dem Schnelldrucker häufig auch eine Nachbearbeitung folgen wie Separieren, Schneiden, Kuvertieren oder Binden. Wie lange die Bedienung von Band- und Plattenlaufwerken im heutigen Umfange erhalten bleibt, wird von der Verbesserung vorhandener und der weiteren Entwicklung neuer Speichertechnologien bestimmt werden.

Steuerpultbedienung in dem Sinne, daß steuernd in die Auftragsbearbeitung eines Systems eingegriffen wird, um den Durchsatz zu optimieren, gehört bereits heute der Vergangenheit an. Wie sich das Operating von Großrechnern gestalten wird, hängt davon ab, wie die Verantwortlichkeiten für die Betriebsbereitschaft eines Systems zwischen Rechenzentren und den Herstellerfirmen geregelt werden. Die Ausfallzeiten für das System und seiner Teile dürfte minimiert werden können, wenn nicht nur die Überwachung, sondern auch die Überprüfung der Funktionsfähigkeit von Systemteilen sowie die Beseitigung von Bagatellfehlern wie Verschmutzung von Schreib-/Leseköpfen, Kontaktfehlern bei außen liegenden Steckern von den Rechenzentren übernommen würden, wobei eine genaue Abgrenzung nicht einfach ist. Es stellt sich die Frage, ob auch fehlerhafte Steckeinheiten von Operatoren ausgetauscht werden dürfen.

Das Operating sollte auch Entscheidungen darüber umfassen, auf welche Weise die Betriebsziele, wie Minimierung der Responsezeiten, Erledigung von zeitkritischen Aufträgen, bei Ausfall von Systemteilen noch am besten approximiert werden können. Um solche Entscheidungen treffen zu können, müssen nicht nur für die Betriebsstatistik klare Prioritäten gesetzt, sondern auch von den Steuerpultbedienern genaue Kenntnisse in der relevanten Betriebssoftware gefordert werden.

Wenn Operating in Zukunft die hier skizzierten Aufgaben beinhaltet, dann ist "der Operator" kein Anlernberuf mehr, denn es werden Kenntnisse und Fähigkeiten verlangt, die hinsichtlich Hardware eine Technikerausbildung und hinsichtlich Betriebssoftware eine Fachhochschulausbildung erfordern.

Peter Kaiser

DV-Chef, Deutsche Vereinigte Schuhmaschinenfabrik Frankfurt

Blicken wir zurück und betrachten uns den Operator der Vergangenheit und mit welchen Methoden wir ihn ausgebildet haben, dann muß man feststellen, daß für den Operator von heute und morgen doch entschieden andere Wege beschritten werden müssen.

Die Operatoren von gestern waren in den meisten Fällen wenig oder gar nicht auf den Beruf vorbereitet. Eine Vielzahl von ihnen kam aus gewerblichen Berufen und versuchte, über den Einstieg als Operator in der Datenverarbeitung Fuß zu fassen. Die wenigen wirklich guten Leute aber waren leider nie sehr lange im Job zu halten. Dafür gab es natürlich mehrere Gründe:

1. Die Ausbildung -

Die Operatorausbildung in der Vergangenheit beschränkte sich sehr oft auf ein Anlernen, das in der Regel vom DV-Chef- oder Senioroperator in die Hand genommen wurde. In den seltensten Fällen wurde ermöglicht, Aus- und Weiterbildungsseminare zu besuchen, die für die Tätigkeit des Operators und dessen Ansehen positive Wirkungen gezeigt hätten.

2. Die Stellung innerhalb der Datenverarbeitung-

Der Operator stand innerhalb der EDV-Hierarchie meist auf der untersten Stufe. Dies war natürlich eine Folge der unzulänglichen Ausbildung, was sich letztlich auch im Gehalt ausdrückte.

3. Arbeitszeiten-

Der Operator mußte häufig ungünstige Arbeitszeiten und Überstunden hinnehmen. Ein Resultat aus dem damals ungünstigen Preis-/Leistungs-Verhältnis des Computers, was viele Unternehmen zwang, den Computer in zwei oder sogar drei Schichten einzusetzen.

Der Operator von heute und morgen sollte meiner Meinung nach, bevor er sich entschließt, diesen Beruf zu ergreifen, eine abgeschlossene Ausbildung innerhalb eines kaufmännischen Berufes besitzen Danach muß eine umfangreiche Ausbildung bei einem Hersteller oder in einem kommerziellen Ausbildungscenter folgen. Dieser Lernprozeß muß den Operator in die Lage versetzen, das System zu beherrschen und es ständig wechselnden Anforderungen und Belastungen anzupassen. Neben dieser reinen systembezogenen Ausbildung sollte eine betriebsinterne Ausbildung absolviert werden, die ein umfangreiches Wissen über Betriebsorganisation und spezielle EDV-Anwendungen vermittelt.

Ein in dieser Weise ausgebildeter Operator steht natürlich in der EDV-Hierarchie auf einer wesentlich höheren Stunde als der minimal ausgebildete Mitarbeiter der vergangenen Jahre.

Das neue Berufsbild des Operators sollte dem Anwendungsprogrammierer gleichgestellt sein eher noch höher eingestuft werden. Denn moderne Compiler und Testhilfen unterstützen den Anwendungsprogrammierer heute wesentlich mehr in seinem Wirkungskreis, und sein Einfluß auf das Systemverhalten ist sehr eingeschränkt. Der Operator hingegen hat mit den modernen Betriebssystemen umfangreiche Steuerungsmittel, um einen Computer gut oder schlecht laufen zu lassen. Das bedeutet, er ist im wesentlichen daran beteiligt ob die Investition Computer erfolgreich ist und ob die User-Abteilungen zufrieden oder nicht zufrieden sind.

Es wird aber voraussichtlich noch eine Weile dauern, bis sich dieses neue Operator-Bewußtsein in allen Unternehmen durchgesetzt

Kerstan von Witzleben

EDV-Leiter, Dennelley + Gerardi GmbH & Co. KG, Ettlingen

Die Zeit, in der die Nachtschicht getrost in der Eingangshalle auf Besucherstühlen schlafen konnte, bis der Job der Nacht vollbracht war, ist schon einige Zeit vorbei. Die Systeme sind schneller geworden, der Multipartitionsbetrieb wird wesentlich stärker, die Systeme laufen zunehmend im Onlinebetrieb, und die DFÜ-Möglichkeiten werden immer mehr genutzt.

So wie sich die Anwendungen im Laufe der letzten zehn Jahre gewandelt haben, so haben sich auch die Anforderungen im Operating gewandelt. Der Betrieb eines Rechenzentrums erfordert immer mehr den gut geschulten Spezialisten. Genügte es früher im Tagesbereich auf Fehler zu reagieren, so muß es heute im Stundenbereich geschehen. Bei zunehmender Abhängigkeit der Fachbereiche von der Datenverarbeitung wird sich die Frist sicherlich noch wesentlich verkürzen. Der Batchbetrieb bei modernen Systemen bezieht sich auf Tagesabschlüsse sowie vorbereitende Arbeiten für den nächsten Tag, die nach dem TP-Geschäft laufen und vor dem nächsten Ausschalten des Fachbereiches erledigt sein müssen.

Aus den vorgenannten Gründen ist es für die Anwender immer notwendiger, sichere Systeme zu fahren, die möglichst wenig störanfällig sind. Je mehr dieser Forderung aber Rechnung getragen wird, um so weniger besteht Notwendigkeit, den laufenden Betrieb einzugreifen. Das heißt jedoch auch, daß die Anforderungen an den Operator im Fehlerfall wesentlich höher sein werden und sein müssen, zumal es immer weniger banale Fehler geben wird. Hier wird künftig die Schaltstelle sein, die immer qualifiziertere Entscheidungen treffen muß, wie etwa:

- welcher Fehler vorliegt,

- wer den Fehler bearbeiten muß, welche Priorität die Fehlererklärung hat.

Die Ausbildung muß daher zwangsläufig wesentlich umfangreicher und detaillierter sein. Es genügt nicht mehr mit Training "on the job" Leute heranzubilden, die der Effizienz der Computer willen für hohen Durchsatz im Rechner sorgen. Wir brauchen Operatoren, die im Fehlerfalle qualifiziert beobachten, kombinieren und entsprechende Entscheidungen, auch in kritischen Situationen, treffen können.

Das bedingt auch, daß Hersteller von Soft- und Hardware noch mehr Möglichkeiten in die Systeme einbauen, die genügend Hinweise geben, um Entscheidungen zu ermöglichen. Die Schulungsangebote müssen so erweitert werden, daß diese Vorgehensweise möglich wird.

Den Operator der Zukunft sehe ich als qualifizierten, gut ausgebildeten Fachmann, dessen Routine im Beobachten der Systeme und der Interpretation verschiedener Systemzustände liegt. Im Ausnahmefall muß er schnell und richtig reagieren, und dazu gehört eine qualifizierte Ausbildung.