Großes Interesse, wenig Entwicklungen

Opendoc findet derzeit nicht viel Unterstützung

26.07.1996

Obwohl sich die Entwickler ausgesprochen interessiert zeigen, verhalten sich viele von ihnen abwartend, hat Stefan Wennik, Marketing-Manager von Bitstream, Cambridge, Massachusetts, festgestellt: "Wenn wir Macintosh-Entwickler fragen, ob sie unsere Produkte in Form von Opendoc-Komponenten haben wollen, schauen wir nur in verblüffte Gesichter."

Auch Karl Cremin, Senior-Analyst des amerikanischen Marktforschungs-Unternehmens Mind-Share bestätigt, daß es bislang wenig Vorteile hat, Opendoc zu unterstützen. Das werde sich erst ändern, wenn wichtige Programme mit Opendoc arbeiten, denn, so der Analyst: "Die Vorteile für den User werden erst in der konkreten Anwendung sichtbar."

Opendoc befindet sich in dem bekannten Teufelskreislauf, wonach nur Anwendungen für Plattformen erstellt werden, für die es bereits viele Anwendungen gibt. Scheinbar resigniert hat das Apple-Marketing inzwischen aufgehört, für die Dokumententechnik zu werben, die einst als Revolution der Benutzerumgebung gesehen wurde. Derweil wurde Opendoc stillschweigend zusammen mit IBMs Corba-Implementierung System Object Management (SOM) und demnächst auch dem Opendoc-Web-Browser Cyberdog in den Lieferumfang des Mac- Betriebssystems aufgenommen.

Die IBM dagegen versucht, aus dem unseligen Zirkel auszubrechen. Daher wird Opendoc nicht nur für den Mac und OS/2, sondern in Kürze auch für das hauseigene AIX-Unix und vor allem für die Microsoft-Betriebssysteme Windows 95 und NT angeboten. Dieser Weg liegt nahe, weil die offene Architektur von Opendoc es ermöglicht, in einem Arbeitsgang Opendoc- und OLE-Objekte zu erzeugen. Außerdem lassen sich Opendoc-Parts unverändert als OLE-Server und umgekehrt OLE-Server als Opendoc-Parts verwenden, sofern auf der jeweiligen Plattform OLE und Opendoc installiert sind.