DV-Manager vermissen Unterstützung beim Downsizing

Open Systems: Anbieter haben wenig Kredit bei ihren Kunden

27.03.1992

TORONTO (IDG) - Mainframe-Anwender mit Interesse am Downsizing vermissen eine angemessene Unterstützung seitens ihrer Anbieter. Entsprechende Klagen wurden auf einem Symposium für DV-Manager zum Thema Unix und offene Systeme in Kanada laut. Die Hersteller, so zeigte die Veranstaltung, sind es nicht gewohnt, auf Kundenforderungen einzugehen.

"Wir stehen in IBMs Kundenrangliste an zwölfter oder 15. Stelle - bislang habe ich aber nicht registriert, daß wir auch mit der gebührenden Aufmerksamkeit behandelt worden wären", beklagte sich etwa Ed Hoerner, DV-Manager bei den GTE Telephone Operations. Auf Unterstützung des Herstellers sei sein Unternehmen aber im Moment wegen eines Downsizing-Projektes besonders angewiesen: In nächster Zeit werde GTE nämlich 80 bis 100 Daten-Server installieren und außerdem zwei der insgesamt sechs Rechenzentren schließen.

Wie wenig die Anwender den Herstellerbekenntnissen zu Systemoffenheit und Standardisierung trauen, zeigte auf der Konferenz eine Äußerung von Tom Nash, Manager im Forschungsbereich bei der Petrotechnical Open Software Corp. (POSC): "Wir dürfen in unseren Forderungen nach offenen Systemen nicht nachlassen, sonst denken die Hersteller, die Anwender hätten ihr Interesse verloren, und kehren zu ihren proprietären Produktstrategien zurück."

Mitglieder der POSC, dazu zählen Konzerne wie Mobil Oil, Chevron und BP, haben kürzlich die für sie gültigen Spezifikationen für offene Systeme veröffentlicht. Insgesamt 27 Unternehmen, die dieser Gruppe angehören, bekennen sich dem nach zu Standards.

Dazu gehören IEEE/Posix, XPG3 von X/Open die grafische Benutzeroberfläche OSF/Motif, TCP/IP und OSI. Während Anwender bei den Softwarehäusern großes Entgegenkommen finden, haben Hardware-Anbieter mit dem selbstbewußten Kundentyp, der seine Anforderungen unmißverständlich deutlich macht, ihre Schwierigkeiten.

Glen Breed, Manager für neue Technologien bei der BP-Forschungsabteilung, beschreibt das neuartige Verhältnis zwischen DV-Kunden und Herstellern : " In der Vergangenheit saß ich da, und der Hardware-Anbieter erzählte mir, er mein Problem lösen würde. Heute bringe ich meine konkreten Vorstellungen vor, und der Hersteller nimmt meine Wunschliste entgegen."

Daß traditionelle DV-Hersteller mit dieser neuen Rolle nicht ohne weiteres zurechtkommen würden, war den Teilnehmern wohl bewußt. Auf das gewinnträchtige Mainframe-Geschäft, so zeigte der Erfahrungsaustausch, verzichten die Anbieter nur ungern zugunsten preiswerterer DV-Strategien.

So bemerkte Ed Borkovsky, Finanzchef der Uniforum und erfahrener Open-Systems-Berater, erste Downsizing-Erfahrungen hätten viele Anbieter davon zurückgehalten, Anwender beim Wechsel auf offene Systemumgebungen weiterhin zu unterstützen. "Ein Mainframe-Hersteller wird kaum mit einem Kunden zusammenarbeiten, der offen bekennt, daß er künftig ohne Mainframes auskommen will."

Auf Herstellerseite bemühte sich unter anderem Tom Vassos, Marketing-Manager bei IBM Kanada, die nervös gewordenen IBM-Anwender zu beruhigen: "Wir haben in den vergangenen zwei Jahren deutlich gemacht, daß wir unsere Kunden auf dem Weg zu offenen Systemen unsere Hilfe anbieten wollen. AIX läuft auf IBM-Plattformen vom Mainframe bis zum Desktop. Außerdem haben wir angekündigt, daß wir die Distributed Computing Environment von der OSF in das SAA-Konzept integrieren werden."