E-Commerce

Open-Source-Webshop Magento im Test

12.04.2012
Von Daniel Nitz

Funktionen und Features

Multishop-Fähigkeit und Mehrsprachigkeit:

Eine benutzerfreundliche Funktion von Magento: Der One-Page-Checkout.
Eine benutzerfreundliche Funktion von Magento: Der One-Page-Checkout.

Magento deckt alle üblichen Shop-Features ab und bringt - obwohl erst kurz auf dem Markt - auch im Standardumfang innovative Funktionen mit, die Konkurrenzprodukte zum Teil erst nachrüsten müssen. Eine Stärke des Systems ist die Multishop-Fähigkeit. Betreiber können mehrere Shops auf einer Datenbasis verwalten, was die Produktpflege deutlich erleichtert. Der wohl größte Nachteil in diesem Zusammenhang ist allerdings die fehlende Mandantenfähigkeit, die das System nicht unbedingt zur ersten Wahl im Enterprise-Segment macht. Hier haben andere professionelle E-Commerce-Lösungen sicher einen Vorsprung.

Gleichwohl unterstützt Magento über 60 verschiedene Sprachen, unterschiedliche Währungen und Steuerzonen, die sich individuell pflegen lassen. Damit eignet sich das Programm auch für multinationale Unternehmen, die mehrsprachige Oberflächen realisieren wollen. Ferner sind bei Magento marktübliche Bezahlsysteme integriert, von der Kreditkartenzahlung (direkt oder mittels Payment Gateways wie PayPal) über Vorauskasse und Nachnahme bis hin zum Google Checkout. Hinzu kommen die derzeit rund 90 Bezahlsystem-Anbindungen aus der Community.

Flexibilität in der Attributsgestaltung:

Ein weiteres Highlight in Magento sind die exzellenten E-Commerce-Funktionen für die Suchmaschinenoptimierung. Das System erzeugt selbständig sprechende URLs, die von Suchmaschinen leicht verarbeitet werden können. Für jedes Produkt lassen sich zudem aussagekräftige Seitentitel und Meta-Tags individuell festlegen. Dies trägt dazu bei, dass ein Online-Shop bessere Platzierungen erhält und somit mehr Besucher generiert.

Ein großer Vorteil von Magento ist darüber hinaus die Flexibilität in der Attributsgestaltung. Shop-Betreiber können Attribute und Attribut-Sets flexibel definieren. Die Verwendung Letzterer, beispielsweise Schuhe oder Notebooks, erleichtert den Umgang mit produktspezifischen Attributen bei gleichzeitiger Verbesserung der Übersicht und des Pflegeprozesses. Allerdings wird diese Flexibilität durch das EAV-Modell (Entity Attribute Value) erzielt, was zu einer sehr hohen Datenbank-Auslastung aufgrund komplexer SQL-Abfragen führt. Wegen der dynamischen Inhalte können diese Abfragen nicht immer im Cache gehalten werden.

Marketing- und Social-Commerce-Features:

Die Vielzahl der Marketing- und Promotion-Features in Magento ermöglicht es Shop-Betreiber, beispielsweise verschiedene Preisregeln festzulegen, über die sie Aktionen für bestimmte Produkte schnell und effektiv gestalten können. Auch lassen sich unkompliziert Product-Bundles anbieten, Cross-Selling-Features auf Artikelseiten und Upselling-Funktionen im Warenkorb nutzen sowie Gutscheincodes individuell konfigurieren. Gleichzeitig existiert ein einfaches Newsletter-Modul. Hier bietet Drittanbieter-Software jedoch in der Regel deutlich mehr und auch bessere Funktionen.

Auch das integrierte Content-Management-System (CMS) von Magento lässt sicher zu wünschen übrig. Allerdings sollte man hier auch bedenken, dass Varien mit Magento ganz klar den Schwerpunkt auf eine E-Commerce-Software legt und nicht andere Systeme neu erfinden will. So gibt es zum Beispiel einige mehr oder weniger gute Ansätze zur Integration eines Third-Party-CMS.

Nennenswert sind die im Standard vorhandenen Social-Commerce-Funktionen von Magento, die bei anderen Shopsystemen erst nachgerüstet werden müssen. Sie reichen vom Review-System für Produktbewertungen und Sterne-Rating über Tagging und Tag Clouds bis hin zum Wunschzettel mit Send-to-Friend-Funktion. Benutzer können zudem mehrere Produkte auf einen Blick vergleichen. Durch den modularen Aufbau lassen sich Social-Commerce-Konzepte, etwa die Integration von Communities zur Kundenbindung und -gewinnung, relativ leicht umsetzen.

One-Page-Checkout und Reports:

Insgesamt weist das Frontend von Magento eine hohe Usability auf, da es größtenteils über Ajax-Technik gesteuert wird und Benutzer die Ladezeiten wegen des asynchronen Nachladens der Inhalte als sehr gering empfinden. Eine äußerst bedienerfreundliche Funktion ist der One-Page-Checkout. Dieser ermöglicht es dem Kunden, den gesamten Checkout, der sonst über mehrere Seiten verläuft, auf einer einzigen Seite abzuschließen.

Der Kauf von Produkten ohne vorheriges Anlegen eines Kundenkontos besitzt den Vorteil, dass Neukunden nicht durch lange Registrierungsprozesse vom Kauf abgeschreckt werden. So lässt sich die Abbruchrate reduzieren. Dazu trägt auch das Ausblenden anderer Shopelemente bei, die den Benutzer beim Checkout nur ablenken würden.

Über so genannte Sales- und Traffic-Reports sind Anwender in der Lage, Verkaufsstatistiken zu generieren sowie Verkäufe und Vorgehen der User auszuwerten. Diese Funktionen ersetzen aber kein echtes Web-Controlling, wie es beispielsweise mit "etracker" oder "nedstat" möglich ist. Analysiert werden können beispielsweise abgebrochene Warenkörbe und Suchanfragen. Konkrete Ergebnisse etwa aus Wunschzetteln, Tags und Suchabfragen lassen sich dann als Verbesserungen am Shop vornehmen. Allerdings nutzt Magento den Google-Chart-Dienst zur Erzeugung von Grafen, sodass die erhobenen Daten von Google genutzt werden könnten. Das ist sicher ein kritischer Aspekt, den man zumindest abschalten sollte.

Pflegeprozesse und Rechte-Management:

Allgemein gilt: Will man alle Features von Magento voll ausnutzen, ist ein ziemlicher Pflegeaufwand notwendig. Die Daten einfach aus einem früheren System zu exportieren, reicht nicht aus. Vielfach ist eine Nachbearbeitung unerlässlich. Die Daten müssen ausführlich strukturiert und eingepflegt werden. Die Pflege ist in der Folge dann aber auch einfacher zu handhaben. Es ist allerdings fraglich, ob ein One-Man-Shop oder kleinere Unternehmen dies adäquat bewältigen können. Für Shop-Betreiber mit vielen Mitarbeitern sollte dies allerdings kein Problem darstellen. Hier birgt Magento einen weiteren Vorteil: Das umfassende Rechte-Management ermöglicht eine granulare Rechteverteilung und gewährt den Mitarbeitern ausschließlich Zugriff auf ihre Aufgabenfelder.