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Open-Source-Lizenzvergeber OSI hat neue Leitung

04.04.2005

MÜNCHEN (COMPUTERWOCHE) - Die Open Source Initiative (OSI), die für die Genehmigung von Open-Source-Lizenzen zuständige Institution, hat ihren Aufsichtsrat von fünf auf neun Mitglieder erweitert. Zum jetzigen Aufsichtsrat ("Board") kommt möglicherweise noch ein zehntes Mitglied. Ausgeschieden ist der langjährige OSI-Präsident Eric Raymond, der allerdings weiterhin mit dem Board in einer noch nicht bekannten Weise zusammenarbeiten will.

Neue Mitglieder im OSI-Aufsichtsrat sind:

* Chris DiBona von Google,

* Bruno Souza, ein brasilianischer Java-Spezialist,

* Rishab Aiyer Ghosh, ein indischstämmiger Niederländer, der an der Universität Maastricht lehrt und Koordinator von FLOSS ist, einer EU-geförderten Initiative für freie und quelloffene Software,

* Sanjiva Weerawarana, Sri Lanka, ein langjähriger IBM-Forscher, der sich gerade selbständig macht und

* Joichi Ito, ein Netzwerkspezialist und ICANN-Mitglied aus Tokio, der in den Leitungsgremien mehrerer, vor allem auf Weblogs spezialisierter Firmen sitzt.

Wie hier berichtet, war diese Erweiterung das vorrangige Anliegen des OSI-Interims-Präsidenten Michael Tiemann (Cheftechniker von Red Hat). Weitere Mitglieder der Boards sind Danese Cooper (Schriftführerin und Schatzmeisterin) von Intel, Ken Coar von der Apache Software Foundation sowie Russ Nelson von Crynwr Software, der Anfang dieses Jahres kurzzeitig OSI-Präsident war (Computerwoche.de berichtete).

Der neue Aufsichtsrat wird nun einen neuen OSI-Präsidenten wählen und sich dann an das wichtigste Vorhaben machen: die Reduktion der ausufernden Zahl von Open-Source-Lizenzen. Derzeit gibt es über 50 Lizenzvarianten. Vor allem Unternehmen haben beklagt, die Vielfalt behindere die Entwicklung von Open-Source-Software. Sie müssten zuviel Zeit mit der Lektüre schwer verständlicher juristischer Texte verbringen.

Allerdings hat nicht die OSI, sondern die Industrie dieses Problem geschaffen. Die OSI hat die Lizenzentwürfe der Industrie genehmigt, weil sie möglichst vielen IT-Herstellern die Möglichkeit bieten wollte, Open-Source-Software anzubieten. Die meisten von der OSI genehmigten Open-Source-Lizenzen verwenden mehr oder minder wörtlich die Mozilla Public License. Die nimmt allerdings mehrfach explizit Bezug auf den Browser Mozilla. Daher haben Firmen eigene Lizenzen entwerfen müssen und bei dieser Gelegenheit in ihren Formulierungen das eigene Unternehmen und seine Produkte erwähnt. Wie hier berichtet gibt es inzwischen Vorschläge, die Lizenzvielfalt durch neutrale Formulierungen zu reduzieren. Das Ziel sind rund zehn Open-Source-Lizenzen.

Als erstes Unternehmen hat Intel einen mutigen Schritt getan. Das Unternehmen zog die "Intel Open Source License" bei der OSI zurück. Diese Lizenzform hat jetzt den Status "inactive". Das bedeutet, sie gilt weiter für Projekte, die sie bisher verwendet haben, ist aber für neue Entwicklungen nicht mehr nutzbar. Die Lizenz war Intel-intern seit mehreren Jahren und in Fremdprojekten nur sehr selten verwendet worden. Intel möchte seine Open-Source-Beiträge unter eine neue Lizenz stellen, welche die OSI im Rahmen ihrer künftigen Basislizenzen formulieren wird. (ls)