Open-Source-Lizenzen: Kostenlos heißt nicht frei

12.09.2006
Von Ralph Schweikert

Auch für den Anwender riskant

Diese Bestimmungen gelten im Übrigen nicht nur für Softwarehersteller und Händler, sondern auch für deren Kunden. Angenommen, ein Unternehmen stellt Software für die Warenwirtschaft her und integriert OSS. Wenn es bei der Distribution seiner Software gegen die Lizenzbedingungen verstößt, verliert im schlimmsten Fall auch der Anwender des Warenwirtschaftssystems die Erlaubnis, das System einzusetzen - unabhängig von den Folgen. Dabei spielt es keine Rolle, ob es sich bei um eine Standardapplikation handelt oder um eine Individualentwicklung.

Nun ist es für viele Lizenznehmer aber nicht überprüfbar, ob in einem lizenzierten Programm mit Open-Source-Software gearbeitet wurde. Schützen können sie sich aber, indem sie eine Schadensersatzklausel in den Vertrag aufnehmen, die ihnen im Falle einer Lizenzverletzung Schadensersatz zuspricht.

Verschiedene Arten von Lizenzen

In der Lizenzgebung wird zwischen zwei Typen unterschieden:

  • Copyright-Lizenzen gelten für kommerzielle Software, die urheberrechtlich geschützt ist. Die Nutzungsbedingungen kann der Hersteller nach seinen Vorstellungen gestalten. Bei dieser Art von Lizenz ist der Sourcecoude in der Regel nicht zugänglich.

  • Für OSS gelten hingegen Copyleft-Lizenzen; sie verpflichten den Hersteller grundsätzlich, die auf der OSS-Grundlage entwickelte Software als offene Lösung kostenfrei weiterzuverbreiten.

Um unterschiedlichen Nutzungsinteressen gerecht zu werden, wird zusätzlich zwischen Copyleft- und Non-Copyleft-Lizenzen unterschieden.

- Non-Copyleft-Lizenzen zeichnen sich dadurch aus, dass sie dem Lizenznehmer alle Freiheiten einer Open-Source-Lizenz einräumen; sie enthalten keine Einschränkungen für die Veränderung und Verbreitung der Software. Der Lizenznehmer kann veränderte Versionen der Software unter beliebigen Lizenzbestimmungen weiterverbreiten, also auch in kommerzielle, Copyright-geschützte Software überführen. Allerdings muss der Urheber-Hinweis ebenso wie der Haftungsausschluss in der Dokumentation oder im Sourcecode erhalten bleiben.

Die GPL nimm es ganz genau

Innerhalb der Copyleft-Lizenzen wird dann noch zwischen strengen und beschränkten Copyleft-Lizenzen differenziert: Zu den Lizenzen mit einem strengen Copyleft-Effekt gehört die GPL. Hier ist der Lizenznehmer verpflichtet, die von der ursprünglichen Software abgeleiteten Werke unter den Bedingungen der Ursprungslizenz weiterzuverbreiten. Auf GPL basierende Werke müssen für jedermann ohne Lizenzgebühren und mit offenem Quelltext zugänglich bleiben. Nach Paragraf 6 der GPL dürfen die durch die Lizenz garantierten Rechte bei der Weitergabe des Programms nicht eingeschränkt werden.

Diese Bedingungen akzeptiert der Nutzer automatisch, indem er die Software kopiert, weiterverbreitet oder verändert. Er kann den Quelltext eines Programms beliebig oft kopieren und weitergeben, muss aber jede Kopie mit dem entsprechenden Copyright-Vermerk und einem Haftungsausschluss versehen. Außerdem muss er dafür sorgen, dass alle Vermerke bezüglich der GPL und der fehlenden Gewährleistung (Garantie) unverändert erhalten bleiben. Schließlich ist er verpflichtet, jedem Kopieempfänger ein Exemplar der GPL auszuhändigen.

Hat der Distributor den Open-Source-Code bearbeitet, gelten zusätzliche Bedingungen: Er muss die Veränderungen auffällig kennzeichnen, mit einem Datum versehen und auch die neue Version unter die GPL stellen.