Bayerns Finanzminister Faltlhauser zum Linux-Einsatz in der Staatsverwaltung

"Open Source ist eine Alternative"

04.07.2003
MÜNCHEN (wh) - Nach der Entscheidung der Stadt München für Linux wird das Thema Open Source auch mit Bezug auf das Bundesland Bayern heiß diskutiert. Finanzminister Kurt Faltlhauser zeigte sich im Gespräch mit der COMPUTERWOCHE offen für einen verstärkten Einsatz quelloffener Software.

CW: Die 79 Vermessungsämter in Bayern haben ihre IT-Infrastruktur mit rund 3000 Arbeitsplätzen auf Linux umgestellt. Befürworten Sie einen Wechsel weiterer Behörden des Freistaats auf Open-Source-Software?

FALTLHAUSER: Die Bayerische Vermessungsverwaltung hat bereits vor dem Umstieg auf Linux mit Unix gearbeitet. In dieser besonderen Situation war die Wahl von Linux die wirtschaftlichste Lösung: Das schon vorhandene Know-how konnte unmittelbar und ohne zusätzliche Schulungsmaßnahmen genutzt werden. Zudem war eine rasche Umstellung möglich. Gerade in Zeiten, wo jeder Euro zweimal umgedreht werden muss, hat jede Behörde den für sie wirtschaftlichsten Weg zur bürgernahen Aufgabenerfüllung zu wählen. Da ist natürlich auch Open-Source-Software ein Thema.

CW: Das Bundesfinanzministerium betreibt seine Kernanwendungen aus Kostengründen auf Linux-Rechnern. Inwieweit ist ein vergleichbarer Schritt in Ihrer Behörde ebenfalls denkbar?

FALTLHAUSER: Natürlich beobachten wir interessiert, was andere machen und wie sich die schnelllebige IT-Welt entwickelt. Wenn für das bayerische Finanzministerium Entscheidungen anstehen, werden wir alle Möglichkeiten prüfen.

CW: Wie beurteilen Sie die Entscheidung der Stadt München zugunsten einer Linux-basierenden IT-Infrastruktur?

FALTLHAUSER: Die Kommunen entscheiden eigenverantwortlich über die Gestaltung ihrer IT-Infrastruktur.

CW: Der Bayerische Oberste Rechnungshof (ORH) hat bereits im Jahr 2001 auf die Gefahr der Abhän-gigkeit von einem Softwareanbie-ter hingewiesen und demnach den Einsatz von Open-Source-Software in der Verwaltung empfohlen. Wie hat die bayerische Finanzverwaltung auf die Empfehlung des ORH reagiert?

FALTLHAUSER: In der Steuerverwaltung besteht die Gefahr der Abhängigkeit von einem Softwareanbieter schon deshalb nicht, weil sie aufgrund der besonderen Aufgabenstellung und Sicherheitsbedürfnisse fast alle Programme selbst entwickelt. Die Bayerische Vermessungsverwaltung hat bereits seit 1994 bei der Softwareentwicklung Linux eingesetzt und für den Produktionsbetrieb getestet. Seitdem tauschen wir regelmäßig mit dem Obersten Rechnungshof unsere Erfahrungen aus.

CW: Die Firma Microsoft wurde in den USA wegen Verstößen gegen Kartellgesetze verurteilt. Auch in der EU läuft ein Kartellverfahren gegen das Unternehmen. Welche Rolle spielen diese Tatsachen bei der Softwareauswahl für die bayerische Verwaltung?

FALTLHAUSER: Das spielt für mich keine Rolle. Wir analysieren das Aufgabenprofil und wollen dafür die jeweils sicherste und wirtschaftlichste Lösung. Open Source ist dabei eine Alternative zu proprietären Produkten.