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Open-Source-Guru: SCOs Beweise sind falsch

20.08.2003
Von SCO vorgelege Beweise, die den angeblichen Code-Transfer von Unix zu Linux dokumentieren sollen, zielen ins Leere, sagt der Open-Source-Aktivist Bruce Perens.

MÜNCHEN (COMPUTERWOCHE) - Eine von SCO auf der Hausmesse SCOforum vorgelegte Präsentation sollte beweisen, dass Unix-Code unrechtmäßig in Linux kopiert wurde (Computerwoche online berichtete). Die Beweise zielen jedoch ins Leere, glaubt der Open-Source-Verfechter Bruce Perens, der Kopien des gezeigten 15-zeiligen Code-Ausschnitts prüfte. Demnach habe SCO die Rechte an den fraglichen Programmzeilen zwar von AT&T übernommen. Sie seien aber auch unter der BSD-Lizenz (Berkeley Software Distribution) veröffentlicht worden. Damit sei es zulässig, den Code in Linux zu verwenden. Bei den öffentlich gezeigten Zeilen handele es sich um einen Teil der Speicherverwaltung von Linux.

Dieser von SCO auf der Hausmesse SCOforum gezeigte Code soll unrechtmäßigen Code-Transfer von Unix zu Linux beweisen. (Quelle Perens.com)
Dieser von SCO auf der Hausmesse SCOforum gezeigte Code soll unrechtmäßigen Code-Transfer von Unix zu Linux beweisen. (Quelle Perens.com)

Im übrigen habe SCO selbs den Code 2002 der Open-Source-Gemeinde in Form des 16-Bit-Systems "Ancient Unix" unter der GPL (GNU General Public License) überlassen. "Damit ist der Code urheberrechtlich geschützt und wird auf Basis einer gültigen Lizenz in Linux verwendet", sagte Perens, der seine Code-Analyse veröffentlicht hat.

SCO hält unterdessen an der Meinung fest, dass der Code unrechtmäßig kopiert wurde. Das Unternehmen erklärte bereits mehrmals, sich durch Open-Source-Lizenzen wie die GPL nicht daran hindern zu lassen, gegen Urheberrechtsverletzungen vorzugehen, die durch von Dritten beigesteuerten Code entstanden seien. (Computerwoche online berichtete)

Der rigorosen Ablehnung der GPL seitens ihrer Geschäftsführung stehen einige SCO-Entwickler allerdings kritisch gegenüber. So sagte auf dem SCOforum zum Beispiel der SCO-Angestellte Kean Johnston, dass das Unternehmen in sein Produkt UODK (UnixWare/OpenServer Development Kit) rund 150 quelloffene Tools integriert habe - unter anderem den unter der GPL veröffentlichten GCC (GNU C Compiler). Es sei vorteilhaft, die GNU-Tools zu integrieren, so Johnston. Von SCO unabhängige Programmierer wie Hans Anderson, Chef der Entwicklungsabteilung beim US-Unternehmen Price Data Systems, wurden deutlicher: "SCOs OpenServer-Compiler wäre Mist, wenn der GCC nicht enthalten wäre. Er unterstützt verbreitete Programmiersprachen wie Fortran und Objective C nicht."

Davon unbeeindruckt kündigte SCO-Geschäftsführer Darl McBride an, dass sein Unternehmen nun gegen Linux-Anwender vorgehen will, die nicht zum Erwerb einer Anfang August veröffentlichten "Intellectual Property License for Linux" bereit sind. Mit dieser Lizenz verlangt die Unix-Firma 1400 Dollar pro Server-CPU. Bis Ende Oktober gilt ein "Einführungspreis" von 700 Dollar. Wer Linux auf dem Desktop nutzt, soll 200 Dollar pro CPU zahlen. Man habe bereits zehn Prozent aller Linux-Server-Anwender identifiziert, sagte McBride. In den kommenden Wochen will der Geschäftsführer 40 Prozent aller Unternehmen kennen, die das quelloffene Betriebssystem einsetzen. Sie sollen unter Klageandrohung schriftlich aufgefordert werden, entsprechende Lizenzabkommen zu unterschreiben. (lex)