MGM und Spiegel-Verlag wollen mit einer Studie Aufklärungsarbeit leisten

Online-Werbung zielt bisher völlig am Kunden vorbei

20.12.1996

Obwohl bei einem Online-Werbeauftritt die Qualität noch wichtiger ist als bei klassischer Werbung, sind die Werbeinhalte bisher nicht an den Bedürfnissen der Nutzer ausgerichtet. Wegen langweiliger Gewinnspiele ruft kein WWW-Surfer eine entsprechende Web-Site auf die Anwender wollen vielmehr detaillierte Produktinformationen, Online-Beratung und -Services. Dies sind die zentralen Aussagen der Untersuchung "Die optimale Online-Werbung für jede Branche", die von der MGM Media Gruppe München und dem Spiegel-Verlag nun in Hamburg vorgestellt wurde.

Die vom Institut für Marketing an der Bundeswehr-Universität Hamburg wissenschaftlich betreute Studie wird von ihren Initiatoren als weltweit bis dato einzige "Primär-Analyse" des Verhaltens von Online-Kunden gegenüber der Werbung im Cyberspace bezeichnet. Die Ergebnisse basieren auf einer zweifachen repräsentativen Befragung von 815 Online-Usern, die um Auskunft gebeten wurden, wie stark ihre Nutzung des World Wide Web oder eines Online-Dienstes von den Werbeinhalten abhängt.

Zielgruppe der Studie sind vor allem potentielle Werbeträger im Internet respektive Agenturen, Marketing-Verantwortliche und die Medien. Die Auswertung soll, wie es in Hamburg hieß, für zehn Schlüsselbranchen (Automobile, Hausgeräte, Unterhaltungselektronik, Mode/Kosmetik, Getränke, Nahrungsmittel, Pharma, Banken, Versicherungen und Reiseveranstalter) eine Art Leitfaden darstellen, mit dessen Hilfe jedes Unternehmen seinen jeweils spezifischen Auftritt im Internet planen oder schon bestehende WWW-Engagements besser gestalten kann. Bei der Präsentation der Studie legten die Autoren vor allem auf zwei Feststellungen Wert: Erstens werde sich Online-Werbung als künftig sehr lukrativer Markt etablieren.

Immerhin belegen jüngste Prognosen, daß in Deutschland bis zum Jahr 2003 in den untersuchten zehn Branchen knapp eine Milliarde Mark für Online-Werbung ausgegeben werden dürfte (siehe Abbildung auf Seite 31), manche Schätzungen gehen sogar von bis zu fünf Milliarden Mark aus. Zweitens dokumentiere die Studie, daß die Werbeauftritte in den einzelnen Branchen unterschiedlich sein müssen, um bei den Konsumenten auf Interesse zu stoßen.

So können nach den vorliegenden Ergebnissen beispielsweise Unternehmen aus der Unterhaltungselektronik eher auf Interaktivität in ihren Online-Auftritten verzichten als etwa die Automobilhersteller. Letztere gehören in Deutschland neben den Banken und Versicherungen zu den schon "Etablierten" im Cyberspace, in ihren Internet-Angeboten lassen sich aber, so die Studie, die von den Konsumenten geforderten Informationen kaum finden. Eine Verbesserung durch übersichtlichere Produktangebote mit interessanten Zusatzdienstleistungen sei daher unerläßlich. Home-Banking reiche beispielsweise als einziges Online-Angebot der Banken längst nicht mehr aus.

Nachdrücklich forderten die befragten Online-Nutzer mehr Service, zum Beispiel die Möglichkeit zur Abfrage aktueller Reiseangebote oder zur individuellen Urlaubsplanung über einen Reisedienstleister.

Zeiten der ziellosen WWW-Surfer sind vorbei

Entscheidend für die Akzeptanz und Nutzung künftiger Online-Angebote und damit verbundener Werbung werden daher, wie die Autoren der Untersuchung betonen, zielgruppengenaue Ansprache und kompetente Beratung sein. Gleichzeitig seien innerhalb der verschiedenen Altersgruppen deutliche Präferenzen der Online-User für bestimmte Online-Angebote auszumachen. Last, but not least, mache der Anteil der "Product Freaks", die detaillierte Informationen zu eine Ware oder Dienstleistung wünschen, branchenübergreifend schon fast 50 Prozent der Cyberspace-Konsumenten aus. Die Zeiten, in denen Online-Nutzer das Netz ohne Ziel absuchten, sind vorbei, hieß es in Hamburg.