Psychischer Härtetest

Online-Putzkolonnen für das Social Web

20.07.2010
Von pte pte
Das Social Web verlangt zunehmend nach "Online-Putztrupps" - Firmen, die sich tagaus, tagein ausschließlich damit beschäftigen, Webseiten und Social Networks von illegalen Inhalten zu säubern.

Mit dem Boom von nutzergeneriertem Content gelangt auch immer mehr ungeeignetes Material ins Web. Automatisierte Softwarelösungen reichen da häufig nicht mehr aus. Die Inhalte mit müssen von Menschenhand kontrolliert werden. Abgesehen von großen Konzernen können viele Internetunternehmen meist nicht die nötigen Ressourcen aufbringen, sämtliche Inhalte firmenintern zu kontrollieren. Daher lagern sie die Arbeit auf externe Dienstleister aus. Diese sorgen dann oft auch mit unterbezahlten Mitarbeitern dafür, dass Fotos, Videos und andere Inhalte mit illegalem Content aussortiert werden.

Aufgrund der wachsenden Masse an illegalem Content setzen die Internetunternehmen auch auf die Mithilfe der Community. "Für unsere Produktverantwortlichen und unser Customer-Care-Team hat das Thema oberste Priorität. Grundsätzlich gilt hier das 'Notice and Takedown'-Prinzip", sagt Terry von Bibra, Geschäftsführer von Yahoo Deutschland, gegenüber pressetext. "So setzen wir auf die Moderation einer aktiven Community - was auch sehr gut funktioniert - und stellen robuste Systeme zur Verfügung, durch welche unsere Nutzer Verstöße melden können." Die Funktion "Missbrauch melden" sei extrem wichtig. "Alle Meldungen werden sofort genauestens geprüft", betont von Bibra.

Das Outsourcing von Kontrollservices findet üblicherweise in Billiglohnländer wie den Philippinen statt, berichtet die "New York Times". Dort werden oft noch sehr junge Mitarbeiter für die Kontrollarbeiten engagiert. "Dann haben wir auf einmal 20-jährige Kids, die Content beaufsichtigen müssen", sagt Hemanshu Nigam, ehemaliger Sicherheitschef bei MySpace. Zunächst herrsche Begeisterung darüber, endlich einmal Pornografisches zu Gesicht zu bekommen. "Die Kids haben jedoch keine Vorstellung davon, wie verabscheuungswürdig viele der illegalen Inhalte sein können und dass es sie ihr Leben lang verfolgen kann, was sie hier zu sehen bekommen", warnt Nigam.

Doch nicht nur junge unerfahrene Arbeitskräfte können unter diesem Job leiden. "Wir unterstützen einander, wenn es um besonders arge Inhalte geht", berichtet der 52-jährige Ricky Bess, Mitarbeiter bei Telecommunications On Demand, einer Firma aus Orlando, die solche Kontrollservices anbietet.

Die Belastung geht sogar so weit, dass US-Branchengruppe nun finanzielle Mittel fordert, die zur psychologischen Behandlung der Beschäftigten eingesetzt werden sollen. Das Outsourcing-Problem wird dadurch aber nicht gelöst. Laut Nigam, Co-Chairman der Online Saftey and Technology Working Group, steht den ausgelagerten Firmen in der Regel keine therapeutische Hilfe zur Verfügung. (pte)