Individualisierte Programmierer-AusbiIdung:

Online-Programmierung in CDI-Seminaren

27.04.1979

Auch die Programmierung verlangt Computerleistung am Arbeitsplatz. Diese Behauptung will Bernhard Fucyman, Dozent für Programmierung und Systemanalyse am Control Data Institut in Frankfurt, im folgenden belegen. Er berichtet, daß bereits Seminar-Teilnehmer bei der Ausbildung zum Programmierer von den Vorteilen der Bildschirmprogrammierung profitieren.

Die herkömmliche Ausbildungsmethode: In einem Gruppen- oder Klassenverband wurden dem Schüler Wirkungsweise und Verwendung von Instruktionen vermittelt. Dies geschah meist in Form eines Frontalunterrichts mit zwischengeschalteten Diskussionen. In der anschließenden Übungszeit schrieb der Schüler kleine Programme, um das Gelernte zu üben und zu vertiefen. Diese wurden auf Karte oder Diskette erfaßt und in den Batchstapel eingefügt. Der Schüler mußte danach auf seine Ergebnisse unter Umständen mehrere Stunden warten. Syntax- und Logikfehler machten weitere Versuche erforderlich. Es konnte somit leicht ein Tag vergehen, bis der Schüler zu einem fehlerfreien Programm und damit zu seinem für den Lernfortschritt wichtigen Erfolgserlebnis kam. Die Folge war, daß sich Frustration und Wartezeiten ungünstig auf den Lernprozeß ausgewirkt haben. Der Frontalunterricht bewirkte, daß eher die Leistungsschwächeren das Unterrichtstempo bestimmten und die Leistungsstärkeren kaum gefördert werden konnten.

In gleicher Weise, wie Online-Programmierung die Effektivität der Programmierleistung erhöht, beeinflußt sie auch die Programmierausbildung in durchaus positivem Sinne. Ein Time-Sharing-Arbeitsplatz vermittelt das Gefühl, alleiniger Systembenutzer zu sein. Der Schüler bekommt damit eine engere Verbundenheit zu "seinem Computer" als er dies im Closed-shop haben könnte. Er sieht die Ergebnisse seiner Programmierversuche sofort, kann unmittelbar im Source Code andern und weitere Versuche starten. Er kann so lange ohne zeitliche Unterbrechung korrigieren, bis der am Bildschirm gezeigte Output seinen Erwartungen oder der gestellten Aufgabe entspricht. Dadurch muß er nicht alte Gedankengänge immer wieder nachvollziehen, sondern er kann jede Codeänderung sofort verifizieren und sich "spielerisch" vorantasten. Das Ändern im Source Code kann mit leistungsfähigen Editoren stark erleichtert werden.

Die Ausbildung ist individualisiert, die häufige "Was passiert, wenn..."Frage kann sich der Schüler experimentell selbst beantworten. Der Lehrer kann den Frontalunterricht auf ein Minimum reduzieren und gewinnt damit mehr Zeit für die Beratung und "Nachhilfe". Es wird weitere Zeit dadurch gewonnen, daß der Programmcode vom Konzept unmittelbar in die Tastatur getastet wird und nicht den Umweg über ein Codierformular und Datenträger machen muß. Jeder Schüler des Control Data Instituts bekommt ein bestimmtes Benutzerprofil in dem Parameter, in dem unter anderem die tägliche Verweildauer am Bildschirm und die benutzbaren Resourcen definiert sind. Das Accountsystem in NOS gibt über die tatsächliche Verweildauer Auskunft wie auch über Compileraufrufe, Startversuche und Anzahl der Jobaborts. Damit sind Fakten gegeben, die, durch Tests ergänzt, eine objektive Leistungsbeurteilung erlauben.

Alle diese Vorteile sind so deutlich sichtbar, daß diejenigen Institute, die sich mit der Ausbildung zum Programmierer beschäftigen, nun dazu übergehen müssen, die Online-Programmierung in ihrem Unterricht einzuführen. Das Control Data Institut beispielsweise wird ihren bisherigen Schulcomputer durch eine CDC Cyber 171 ersetzen, die dann die Online-Programmierung nicht nur wie bisher den Teilnehmern an CDI-Seminaren, sondern allen Teilnehmern an Programmierlehrgängen ermöglicht.