Bundesagentur für Arbeit

Online-Portal schützt Bürger vor Corona

06.11.2020
Von 
Christiane Pütter ist Journalistin aus München.
Der sprunghafte Anstieg beim Kurzarbeitergeld und die Unterstützung für Solo-Selbstständige sind nur zwei der Herausforderungen, die die Bundesagentur für Arbeit (BA) durch Corona plötzlich zu bewältigen hat.
In Schutzanzügen bauen Fachkräfte neue Server für die Bundesagentur für Arbeit (BA) ein.
In Schutzanzügen bauen Fachkräfte neue Server für die Bundesagentur für Arbeit (BA) ein.
Foto: Bundesagentur für Arbeit (BA)

"Über Nacht hängen enorm viele Schicksale an der Bundesagentur für Arbeit." So umreißt die Behörde die Ausnahmesituation für Bürger, Mitarbeiter und die eigene IT-Organisation. Die Agentur mit Sitz in Nürnberg erweiterte ihre IT-Strategie um eine "Express-Digitalisierung durch Covid-19". Dafür nutzt sie auch agile Methoden. Aus der Initiative entstand unter anderem ein "lebenslagenbasiertes" Online-Portal, eine überarbeitete Homepage, eine App und ein Chatbot. Intern legt die Behörde den Fokus nun auf mobiles Arbeiten und Agilität. Mit dem Maßnahmenpaket bewarb sich die BA um den DIGITAL LEADER AWARD in der Kategorie "SOCIETY", den diese Bewerbung auch gewinnen konnte.

Rund 800.000 mal pro Tag haben Bürger auf dem Höhepunkt der Coronakrise die Homepage der BA angeklickt. Mehr Betriebe als je zuvor mussten Kurzarbeit beantragen, Hilfen für Solo-Selbstständige und Kleinstunternehmen wurden beschlossen. Außerdem melden sich deutlich mehr Bildungsträger, die Kosten erstattet bekommen wollen.

BA-CIO Markus Schmitz nahm stellvertretend für sein Team den Preis entgegen.
BA-CIO Markus Schmitz nahm stellvertretend für sein Team den Preis entgegen.
Foto: Bundesagentur für Arbeit

Eine der größten behördlichen IT-Infrastrukturen Europas

Nach eigener Darstellung verfügt die BA, die bundesweit rund 600 Jobcenter betreibt, über eine der größten behördlichen IT-Infrastrukturen in Europa. Dazu zählen drei Rechenzentren, etwa 10.000 Server und 16.000 Netzwerkkomponenten. Das IT-Ressort managt 120 Anwendungen und 30 Projekte. Die Agentur will sich als Wegweiser der Digitalisierung verstanden wissen. In der Corona-Krise setzt sie auf Self-Service. Das neu gestaltete Online-Portal soll die Bürger niedrigschwellig informieren. "Lebenslagenbasiert" heißt konkret: Unter arbeitsagentur.de klicken Ratsuchende zunächst an, ob sie Privatperson, Unternehmen oder Institution sind. Private Bürger finden sechs Kapitel vor, von "arbeitslos und Arbeit finden" über "Familie und Kinder" bis "Karriere und Weiterbildung". Ein Corona-Update soll stets aktuelle Informationen bieten.

Unter dem Motto "Express-Digitalisierung durch Covid-19“ hat die BA ein Online-Portal und einen Chatbot entwickelt.
Unter dem Motto "Express-Digitalisierung durch Covid-19“ hat die BA ein Online-Portal und einen Chatbot entwickelt.
Foto: nitpicker - shutterstock.com

Rückenwind erhielt die BA von der Bundesregierung. Am 20. März schrieb diese gemeinsam mit verschiedenen Initiativen den Hackathon "WirvsVirus" aus, um kreative digitale Lösungen gegen die Pandemie zu generieren. Dazu steuert die BA den Chatbot U:Do bei. Binnen drei Wochen war er implementiert. Seine Aufgabe ist es, Antragstellern in Sachen Kurzarbeitergeld intuitiv und leicht verständlich zu helfen. Die Organisatoren des Hackathons kürten den Chatbot zu einem von 20 Siegern. Außerdem hat die BA eine App entwickelt, mittels derer Antragsteller das Formular ohne vorherige Anmeldung hochladen können. Das soll die interne Bearbeitung beschleunigen.

Remote statt im direkten Kontakt

Die genannten Maßnahmen richten sich direkt an die Bürgerinnen und Bürger, in der Behördensprache "Kunden". Interne Herausforderungen ergeben sich nun für die Agenturmitarbeiter, die vor Covid-19 zu schützen sind. Die Behörde musste daher Remote-Arbeitsplätze einrichten und den direkten Kontakt mit den Bürgern kontrolliert zurückfahren. Die Mitarbeiter kommunizieren jetzt viel über Audio- und Videowerkzeuge. Die Agentur hat den IT-Dialog erweitert, und zwar von 6 bis 22 Uhr - auch samstags und an Feiertagen.

Die BA zielt auf ein ganzheitliches Arbeitsplatz-Management ab und hat zum Beispiel Hardware und Software-Lizenzen in drei Stufen ausgebaut. In Zahlen: vor der Corona-Krise verfügte das Haus über 6.500 Lizenzen - jetzt wurden 36.500 zugekauft. Insgesamt 40 Server aus anderen IT-Bereichen wurden umgebaut und in die Remote-Plattform integriert, außerdem knapp 300 Server zugekauft. Künftig sollen statt 6.500 rund 50.000 Nutzer gleichzeitig arbeiten können. In puncto Arbeitskultur will die Behörde eine agile Transition erreichen. Basis dafür sind fünf Bausteine: schlanke Regularien, die Einbindung von Anwender und Kunden, interdisziplinäre Teams, kurze Lieferketten und eine unterstützende Infrastruktur.

Interdisziplinäre Workshops im "BArcamp"

Konkret hat die Behörde dafür etwa das "BArcamp" ins Leben gerufen: Kollegen aus verschiedensten Abteilungen treffen sich regelmäßig in Workshops, um neue Software zur Bewältigung der Corona-Krise zu entwickeln. Zwar verstehen sich die Treffen ausdrücklich als Technologie-Workshops; teilnehmen sollen aber alle, die Interesse und Kreativität mitbringen. Derzeit gibt es zwei BArcamps, eines zum Kurzarbeitergeld und eines zum SGBII ("Grundsicherung für Arbeitssuchende").

Die "IT-Taskforce Corona" der Bundesagentur für Arbeit zählt momentan 21 Mitglieder, darunter CIO Markus Schmitz. Weitere Kollegen organisieren sich in den IT-Taskforces "UCC, Service-Center und Telefonie-Plattform" sowie "Weiterentwicklung und IT-Plattform". Sollte es mit dem DLA nicht klappen, bleibt ihr Engagement dennoch nicht unbemerkt: Hubertus Heil, Bundesminister für Arbeit und Soziales, bedankte sich bei den Kolleginnen und Kollegen öffentlich für "ihren fantastischen Einsatz in schweren Zeiten".

Bundesanstalt für Arbeit (BA) | Digitales Maßnahmenpaket
Branche: Öffentlicher Sektor
Use Case: Schutz von Bürgern und Mitarbeitern vor Infektionen
Projekt: Express-Digitalisierung durch Covid-19
Maßnahmen extern: Self-Service über Online-Portal, Chatbot, Homepage, App
Maßnahmen intern: Homeoffice-Arbeitsplätze, interdisziplinäre Ideen-Workshops, Ausbau von Servern, Lizenzen und Bandbreite
Teams: "IT-Taskforce Corona", darunter CIO Markus Schmitz