Digitalisierung im Möbelhaus

Online-Möbel: Einrichtungshäuser vor dem Aus?

04.02.2016
Lange spielte der Online-Handel im Möbelbereich eine untergeordnete Rolle. Das ändert sich nun: Online-Möbel stehen hoch im Kurs. Eine aktuelle Studie sieht viele Möbel- und Einrichtungshäuser durch den Boom gefährdet.

Im deutschen Möbelhandel schrillen die Alarmglocken: Der Online-Handel schickt sich an, die Welt der Ikeas, Höffners, XXXLs und Rollers dramatisch zu verändern. Nach einer Studie des Kölner Handelsforschungsinstituts ECC droht jedem dritten der rund 30.000 deutschen Möbel- und Einrichtungshäuser bis zum Jahr 2020 das Aus - im schlimmsten Fall. Zwar entfallen bislang nach Angaben des Bundesverbandes des Deutschen Möbel-, Küchen- und Einrichtungsfachhandels (BVDM) nur gut 6 Prozent des Gesamtumsatzes der Branche auf den Online-Handel. Doch die Signale, dass der Online-Handel im Begriff ist nach dem Buchhandel und der Textilbranche auch die Möbelbranche durcheinanderzuwirbeln, sind unübersehbar.

Einigen klassischen Einrichtungshäusern könnte der neue Trend zum Online-Möbel laut einer Studie zum Verhängnis werden.
Einigen klassischen Einrichtungshäusern könnte der neue Trend zum Online-Möbel laut einer Studie zum Verhängnis werden.
Foto: Diego Cervo - shutterstock.com

Möbelhäuser: Rekordzahlen im Online-Handel

Der zur Start-Up-Schmiede Rocket Internet gehörende Online-Möbelhändler Home24 etwa steigerte seine Umsätze in den ersten neun Monaten des Jahres 2015 um 63 Prozent auf über 171 Millionen Euro. Der Versandhändler Otto - nach eigenen Angaben die Nummer eins im Online-Einrichtungssegment - kam 2015 auf rund 700 Millionen Umsatz. In diesem Jahr rechnet man mit einem weiteren Plus in dreistelliger Millionenhöhe.

"Im Moment werden hauptsächlich kleinere Einrichtungsgegenstände im Internet bestellt, aber die Verbraucher werden es in Zukunft auch immer öfter wagen, größere Stücke wie Sofas oder sogar ganze Küchen im Internet zu ordern", erwartet der ECC-Branchenexperte Jens Rothenstein. "Viele Händler scheinen die Bedrohung noch nicht erkannt zu haben." Das könnte sich rächen: Im schlimmsten Falle steht nach der ECC-Studie ein Drittel der Möbel- und Einrichtungshäuser vor dem Aus.

Möbelbranche: Königsweg Cross-Channel-Strategie?

Doch nicht alle Branchen-Experten schätzen die Lage so dramatisch ein. Unbestritten ist jedoch, dass die Branche vor großen Veränderungen steht, wie Sebastian Deppe von der Unternehmensberatung BBE bekräftigt: "Alle großen Möbelhändler haben erkannt, dass es wichtig ist im Online-Handel dabei zu sein. Allein das wie ist strittig".

So ist etwa Ikea - Marktführer im deutschen Möbelhandel - längst dabei, sein Online-Standbein zu stärken. Dafür errichtet der Konzern inzwischen neben den klassischen Einrichtungshäusern auch sogenannte Pick-up-Points - Abholstationen, die online bestellte Artikel für die Kunden bereithalten. "Ziel ist es, dass möglichst viele Menschen in Deutschland innerhalb einer Fahrtzeit von 20 bis 45 Minuten bei Ikea einkaufen oder ihre online bestellten Ware abholen können", erklärt Ikea-Manger Klaus Cholewa. Allerdings hat es der schwedische Gigant mit dem Ausbau seines Internet-Angebots nach Einschätzung von Branchenkennern nicht zu eilig. Schließlich sind Impulskäufe im Ikea-Einrichtungshaus ein wesentlicher Bestandteil des Geschäftsmodells. Und die sind im Internet wesentlich schwerer zu erzielen.

"Der Online-Anteil wird kontinuierlich wachsen, aber es ist eine Evolution, keine Revolution", glaubt deshalb Marco Atzberger vom EHI. wahrscheinlich liege die Zukunft in der Verbindung beider Vertriebswege. Atzberger verweist darauf, dass nicht nur der Online-Handel wächst, gleichzeitig würden auch weiterhin neue Riesen-Möbelhäuser gebaut. "Es gibt immer noch viel Bedarf ein Möbel zu sehen und auszuprobieren", betont er.

Probleme drohen nach seiner Einschätzung vor allem inhabergeführten kleineren Geschäften, die nun gleichzeitig durch die Großflächen und durch die Online-Händler unter Druck gesetzt würden. Dadurch könne sich die Marktbereinigung beschleunigen. (dpa/fm)