Newcomer in Deutschland: Immobilen Scout 24

Online-Marktplatz macht die Wohnungssuche leichter

12.05.2000
BERLIN - An pfiffigen Ideen und Mut mangelt es hiesigen Internet-Jungunternehmern mittlerweile nicht. Beispiel: Immobilien Scout 24. Via Internet und Call-Center treten die Berliner mit dem Anspruch an, Anbietern und Suchenden von Wohnungen und Häusern das Leben leichter zu machen.Von Beate Kneuse*

Wer schon einmal eine Wohnung gesucht hat, weiß, wie nerven- und zeitraubend dies ist. Ist der Umzug mit einem Wechsel der Stadt verbunden, wird die ganze Angelegenheit zur Vollzeitbeschäftigung. Arndt Kwiatkowski sie schon 20-mal in seinem Leben hinter sich gebracht. Im Rahmen seiner Tätigkeit als Berater für Finanzdienstleister kam ihm Anfang 1997 schließlich die Idee, auf elektronischem Wege die Wohnungssuche zu vereinfachen. Zusammen mit Freunden tüftelte er ein Modell aus, das da hieß: eine Datenbank entwickeln, in die gewerbliche wie private Immobilienanbieter ihre Wohnungs- und Hausangebote einbringen, wo Wohnungssuchende sie dann via Internet oder Call-Center abfragen können - zusätzliche Serviceleistungen wie Exposés und Lagepläne inklusive.

Mit einer Seed-Finanzierung der Münchner Venture-Capital-Gesellschaft Wellington Finanz Beratungs GmbH gründete man im November 1997 in München die EIB Wohn- und Immobilien Network GmbH. Wellington war aber nicht nur Geldgeber. "Die Venture Capitalists wickelten in der Anfangsphase unsere gesamte Finanzbuchhaltung ab, stellten Kontakte zur Industrie her und schließlich auch zur TBG Technologie-Beteiligungsgesellschaft", erklärt Kwiatkowski. Der zweite Risikokapitalgeber finanzierte den Neuunternehmern den Aufbau eines Prototypen. Als dann noch die Hamburger Scout-Holding GmbH, eine Tochter des Handelsriesen Metro, und die Depfa Bank AG mit ihrer Softwaretochter Depfa IT Services AG einstiegen, war der Weg geebnet. "Depfa IT Services ist die SAP der Wohnungswirtschaft", sagt Kwiatkowski und fügt erklärend hinzu: "Über eine Schnittstelle zu deren Software können die großen Wohnungsunternehmen auf Knopfdruck ihre Objekte auch bei uns einstellen."

Als Pilotmarkt wählten sich die Münchner Berlin aus, verlegten 1998 auch ihren Firmensitz dorthin und firmierten in Immobilien Scout um. Im vergangenen Jahr fügten sie dem Firmennamen noch die Ziffern 24 hinzu, was die Erreichbarkeit rund um die Uhr unterstreichen soll. Ausschlaggebend für den Umzug nach Berlin waren zum einen die Fördermittel, die den Youngstern in der Hauptstadt zur Verfügung gestellt wurden, zum anderen war dort laut Kwiatkowski der Wettbewerb um die Nachfrager aufgrund des hohen Leerstands von Wohnungen und Häusern besonders ausgeprägt. "Wir haben gedacht, wenn wir es schaffen, uns im härtesten Markt zu behaupten, und der Immobilienwirtschaft beweisen können, einen erheblichen Teil der Nachfrage zu mobilisieren, wird uns das später auch bundesweit gelingen", gibt der heutige Immobilien-Scout-Geschäftsführer zu Protokoll.

Der Erfolg gibt ihm recht. Rasch konnten 30 Prozent aller Wohnungssuchenden in Berlin als Kunden gewonnen werden - und das für eine Internet-Company auf ungewöhnlichem Wege. Denn zunächst starteten die Newcomer mit der Call-Center-Lösung über eine Partnerschaft mit Tele Scout, die ein befreundeter Geschäftsmann aus der Taufe hob. Via Telefon (0180/577 74 44) und Fax nahmen die Neu-Berliner die "Inserate" von Wohnungssuchenden an, durchforsteten die objektorientierte Datenbank nach passenden Angeboten und versandten diese mit umfangreichen Informationen auf dem Postweg innerhalb von ein bis zwei Tagen an die Kunden. Heute unterstützt der Hotline-Partner Immobilien Scout 24 längst nicht mehr nur bei der Wohnungsvermittlung. "Viele unserer Kunden nutzen Tele Scout auch für andere Dienstleistungen. Beispielsweise geben Verwaltungsgesellschaften die Hotline auch als Notruf-Nummer für Schäden in den von ihnen betreuten Häuser und Wohnungen an", berichtet Kwiatkowski.

Parallel zu den Call-Center-Aktivitäten bastelten die Berliner weiter an ihrem Online-Marktplatz und der Ausdehnung der bundesweiten Präsenz. Im Juli 1999 gingen die Youngsters ins Netz (www.ImmobilienScout24. de), zwei Monate später war man mit Vertriebsbüros in Frankfurt am Main, Köln, Hamburg und München in allen wichtigen deutschen Ballungszentren vertreten. Von dort aus werden die großen Kunden direkt betreut. Entsprechend wuchs die Belegschaft. Derzeit beläuft sich der Personalbestand auf etwa 90 Mitarbeiter.

Mittlerweile finden sich im Angebotsbestand der Datenbank rund 40 000 Objekte, mehr als ein Drittel der 100 größten Unternehmen der deutschen Immobilienwirtschaft nutzen laut Kwiatkowski bereits den Service von Immobilien Scout 24. Er verweist aber auch darauf, dass auch viele Privatanbieter mitmachen. Für die ist der Service kostenlos, genauso für die privaten Nachfrager. Finanziert wird die Wohnungsbörse von den gewerblichen Anbietern, die Pauschalbeträge ab 50 Mark pro Monat bezahlen.

Die Preisgestaltung aber dürfte sich noch ändern. Erklärt Petr Bradatsch, der Technikspezialist in der Geschäftsleitung von Immobilien Scout 24: "Im Internet geht der Trend hin zu niedrigen Pauschalbeträgen für die Basisleistung, das ist in unserem Fall die Einstellung des Objektes in die Datenbank. Dies wird erweitert durch Zusatzoptionen, die man für das jeweilige Objekt dazubuchen muss." Im Augenblick aber sei man in Sachen Produktkalkulation noch in der Phase der Entscheidungsfindung. Ähnlich ist es mit den Inhalten. Derzeit sehen die Berliner ihren "Sonderstatus" in der detaillierten Objektdarstellung. Wohnungen und Häuser sind in der Regel ausführlich beschrieben, oftmals stellen die gewerblichen Vermittler aufwendige Exposés öffentlich zugänglich ins Internet. Die Anbieter selbst haben über ihr persönliches Passwort direkten Zugriff auf ihren Objektbestand, können diesen aktualisieren, mit neuen Bildern oder zusätzlichen Informationen versehen.

Neben den Leistungen der gewerblichen Anbieter hat sich Immobilien Scout 24 auch noch einige Add-ons einfallen lassen. So sind über 500 Stadtteile Deutschlands beschrieben nach Wohnqualität und Infrastruktur. Erläutert Bradatsch: "Im Internet kann man sich die Lage des Objektes auf einem Stadtplan anzeigen lassen und sich anschauen, wie es um Kindergärten, Schulen, Einkaufsmöglichkeiten, Restaurants, öffentliche Verkehrsmittel, Autobahnanbindung bestellt ist. Dies ist besonders hilfreich für Leute, die nicht nur die Wohnung, sondern auch die Stadt wechseln." Darüber hinaus findet man Tipps für die Gestaltung von Mietverträgen oder auch Checklisten für den Umzug. Sogar auf Schnäppchensuche kann man bei Immobilien Scout 24 seit einigen Monaten gehen. In Zusammenarbeit mit der Argetra Verlagsagentur informiert der Anbieter über Zwangsversteigerungsobjekte.

Dies alles ist aber nur die Spitze des Eisberges. "Es gibt eine Fülle von Themen für unseren Online-Marktplatz, die sich rund um die Immobilienszene drehen", glaubt Kwiatkowski. Vorstellbar seien, so der Immobilien-Scout-Chef, Inhalte in Sachen Einrichtung und Renovierung oder weitere "Objektarten" wie Ferienhäuser und -wohnungen, Grundstücke oder Seniorenwohnheime. Darüber hinaus liebäugeln die Berliner damit, auch außerhalb Deutschlands aktiv zu werden - etwa in Großbritannien oder Frankreich.

Nicht ganz so auskunftsfreudig geben sich die Immobilien-Scout-24-Macher, wenn es um ihre finanzielle Situation geht. "Wir haben 1999 mehrere Millionen Mark Umsatz erzielt. Aber konkrete Zahlen veröffentlichen wir derzeit nicht", so Kwiatkowski. Für 2002 erwarte man den Return on Investment, lässt sich der Unternehmenschef dann noch aus der Reserve locken. Jetzt an Gewinne zu denken wäre "aufgrund der enormen Werbegelder für den Aufbau der Marke und der hohen Investitionen in das System illusorisch". Ein Gang an die Börse zur Kapitalbeschaffung steht bei den Berlinern momentan allerdings nicht zur Debatte. "Sicherlich ist das eine gute Finanzierungsquelle", konstatiert Kwiatkowski. "Aber ein Börsengang bedeutet viel Vorbereitung und damit Arbeit, die vom eigentlichen Geschäft abhält."

* Beate Kneuse ist freie Journalistin in München.