Dienste für Prozessintegration und Outsourcing könnten Geld bringen

Online-Marktplätze in der Verlustzone

05.04.2002
LONDON (CW) - Halbherzige Unterstützung der Vorstände, eine fehlende technische Integration der beteiligten Systeme und vor allem unprofitable Geschäftsmodelle - dies sind laut einer Untersuchung von Forrester Research die zentralen Gründe, warum viele europäische Online-Marktplätze bisher keine Gewinne schreiben.

Die 25 größten virtuellen Marktplätze Europas generierten im Jahr 2001 einen Umsatz von 350 Millionen Euro. Dem gegenüber standen im selben Zeitraum Investitionen seitens der Industrie und Venture Capitalists in Höhe von zwei Milliarden Euro. Diese Diskrepanz ergab die aktuelle Studie "E-Marketplaces: Rebound and Deliver" von Forrester Research. Laut den Analysten schrieben 88 Prozent der interviewten Betreiber im letzten Jahr rote Zahlen, und nicht einmal die Hälfte von ihnen glaubt, dass sich an dieser Situation bis Ende 2002 etwas ändern könnte.

40 Prozent der Betreiber gaben an, im letzten Jahr weniger als zehn Millionen Euro eingenommen zu haben. Weitere 40 Prozent wollten sich erst gar nicht äußern. Hinzu kommen Beispiele wie "Steel 24/7", ein Marktplatz für die Stahlindustrie, der laut Forrester seit seinem Launch im November 2001 praktisch keine Umsätze gemacht hat. Andererseits konnte aber der an der Nasdaq notierte Betreiber "Freemarkets" in Europa immerhin 175 Millionen Euro im Finanzjahr 2001 ausweisen.

Angesichts dieser Resultate kann laut Analyst David Metcalfe von einer fundamentalen Veränderung des traditionellen Marktgefüges, wie sie Marktplatzbefürworter prognostiziert hatten, bisher nicht die Rede sein. Dies belegte auch eine im Rahmen der Studie gemachte Umfrage bei 30 europäischen Großunternehmen: Lediglich zwei von ihnen kauften im letzten Jahr mehr als fünf Prozent ihres Bedarfs an direkten Gütern über einen Marktplatz ein. Weitere 24 Firmen verkauften nicht einmal ein Prozent ihrer Produkte auf diesem Weg.

Die geringe Akzeptanz und mangelnde Wirtschaftskraft vieler Marktplätze ist laut Forrester unter anderem darauf zurückzuführen, dass man sich in Führungsetagen nicht über den Kurs der Unternehmen einigen könne. Ferner seien Marktplätze technisch nur unzureichend eingebunden und würden ein mangelhaftes Geschäftsmodell aufweisen, das sich durch uneinheitliche Gebührenstrukturen, eine unklare Produktstrategie und geringe Profitabilität auszeichnet. Ein Ausweg aus dem Dilemma sei es, den Kunden künftig ein komplettes, neu ausgerichtetes Dienstleistungsangebot für die Prozessintegration- und -steuerung zu unterbreiten.

Das Portfolio sollte laut Analyst Metcalfe Dienste bieten, die beim B-to-B-Geschäftsverkehr über den Marktplatz die diversen Datenformate und Protokolle wie EDI und XML-Anwendungen automatisch umsetzen und versenden können. Weiter seien gehostete Anwendungen für das Extended-Relationship-Management (XRM) lukrativ. Solche collaborativen Systeme gelten in Analystenkreisen als die nächste Generation von Unternehmenssoftware. Statt bisheriger punktueller Lösungen für CustomerRelationship-Management oder ERP versprechen derartige Systeme eine einheitliche Geschäftsplattform, über die unterschiedliche Marktteilnehmer im Beschaffungsprozess mit- und nebeneinander kommunizieren und Handel treiben könnten. Ergänzt werden sollte das Portfolio schließlich durch Outsourcing-Angebote für collaborative Geschäftsprozesse. Ein Beispiel wäre das Pooling und Überwachen von Transportaufträgen. (as)