Die persönliche Kommunikation ist bei der Informationsbeschaffung Trumpf:

Online-Datenbanken haben schlechte Karten

08.08.1986

BONN/MÜNCHEN - Über 70 Prozent aller Informationen beziehen mittelständische Unternehmen immer noch über die persönliche Kommunikation. Datenbanken spielen als Bezugsquelle praktisch keine Rolle. Dies ergab eine Untersuchung des Instituts der deutschen Wirtschaft (IW) über das Informationsverhalten in den Betrieben.

Das Auffinden der richtigen und nützlichen Informationen aus einem immensen Angebot an Daten scheitert oft an dem Aufwand, den kleinere und mittlere Unternehmen dafür betreiben müssen. Zudem verkürzt sich der Lebenszyklus einer Innovation in allen Branchen immer mehr, so daß zu der aufwendigen Informationsbeschaffung auch noch der Druck des harten Wettbewerbs kommt.

Die Wissenschaftler nahmen deshalb die "Produktionskraft Information" im Hinblick auf ihre strategische Bedeutung für den Innovationsprozeß im Rahmen einer repräsentativen Unternehmensbefragung unter die Lupe. Erste Ergebnisse präsentierte jetzt Regierungsdirektorin Antje Pieper, Leiterin des Referats "Schlüsseltechnologien" des IW, bei einem Workshop der Gesellschaft für Mathematik und Datenverarbeitung (GMD) zum Thema Informationsmanagement.

Kreativität geht inoffizielle Wege

"Informationsreparatur" überschreibt Frau Pieper den Ausweg aus dem Dilemma, wie ihn die Befragungsergebnisse bewiesen haben: vorhandene Unternehmensinformationen - und sei es die "unternehmerische Spürnase" - müssen mit der Fülle der Marktinformationen und des Potentials an technischen Geräten und Diensten integriert werden. Bei der qualitativen IW-Befragung in acht Branchen des warenproduzierenden Mittelstands zeigte sich, daß dort aber über 70 Prozent aller Informationen durch persönliche Kommunikation, etwa 17 Prozent aus schriftlichen Quellen, knapp sieben Prozent aus Patent- und Umweltinformationen und nur etwas über vier Prozent aus Datenbanken bezogen werden. Frau Pieper: "Das betriebsinterne Kreativitätspotential der Mitarbeiter führt im Mittelstand sehr viel häufiger über inoffizielle als durch Planung offizieller Wege zu Innovationen. Das steht im Widerspruch zu den gängigen Managementtheorien, wird aber durch eine Untersuchung des International Management-Instituts (IMI) Genf unterstützt."

Datenbanken zu mager für den Fachmann

Schuld an der schwachen Datenbank-Nutzungsrate ist keinesfalls nur die lückenhafte Verbreitung von Computern in mittelständischen Unternehmen. Entscheidungsunterstützung aus dieser Richtung wird den Unternehmern auch deshalb nicht zuteil, weil "Datenbanken Massenkommunikation mit Standardinformationen bieten". Sie seien zu mager für den Unternehmensfachmann, der ein auf die Probleme seines Betriebes zugeschnittenes Wissen brauche. Zugangssperren bilden zudem mangelnde Aktualität der Datenbestände, Benutzerfreundlichkeit und die Tatsache, daß Datenbanken oft unbearbeitete und unbewertete Rohdaten ausspucken. "Voraussichtlich wird erst die heute in die Führungspositionen des Mittelstandes drängende Nachfolgegeneration die neuen Techniken intensiver nutzen, weil sie den Umgang mit dem Computer in Hochschulen und zunehmend auch in der Schule gelernt hat", meint Frau Pieper dazu.

Die Umfrage hat jedoch weiter ergeben, daß Mittelständler sich eher an eine Datenbank heranwagen, wenn sie von der Zukunftschance ihrer geplanten Innovation überzeugt sind. Dabei werden eher Technik- als Wirtschaftsdatenbanken zu Rate gezogen. Auch habe sich ein Trend zur Nutzung von Mittlerorganisationen für die Datenbank-Abfrage ergeben, weil die befragten Betriebe in der Regel nicht selbst recherchieren wollen - es sei denn, in den Sparten High-Tech und Chemie. Gründe für diesen Trend seien zum einen die vorhandenen Nutzungsbarrieren, zum anderen die sporadische Nutzungshäufigkeit von Datenbanken.

Der technologische Wettlauf habe zu einer Informationslernphase geführt, in deren Rahmen "die innere Organisation des Informationsflusses in Unternehmen angepackt wird". Motivationsanreize zur verstärkten Nutzung des weltweiten Technik- und Wirtschaftswissens auch im Mittelstand sollten durch Veredlung der Massenware Information aus Datenbanken zum Fachprodukt für Branchen oder Betriebe geschaffen werden: ein Aufruf an die Informationsanbieter.

"Angelika Schrader ist freie Fachjournalistin in München.