Lokales Management handelte auf eigene Faust:

Olympia-Mikros werden in den USA verramscht

21.06.1985

MÜNCHEN (CW) - Nachdem die Verluste der mehrheitlich zu AEG gehörenden Olympia Werke im vergangenen Jahr, hauptsächlich wegen erhöhter Abschreibungen auf Bestände, drastisch angestiegen sind, steht dem Wilhelmshavener Management weitere Unbill ins Haus: In den USA wird der Arbeitsplatzcomputer "People" zu Schleuderpreisen verkauft, die sich in der Motivation der dortigen Vertragshändler und im Jahresabschluß 1985 deutlich bemerkbar machen dürften.

Im amerikanischen Versandhandel war der leistungsfähige Mikro, der den Endkunden offiziell rund 3600 Dollar kosten sollte, für 995 Dollar zu haben. Der Restpostenhändler California Digital, der zu diesem Preis anbietet, hat 1500 Rechner für 699 Dollar das Stück eingekauft; das entspricht etwa der Stückzahl, die Olympia 1984 am deutschen Markt absetzen konnte.

Was zunächst wie ein Restpostengeschäft aussah, das bei Einstellung einer Produktlinie durchaus üblich ist, entpuppte sich als krasse Fehlleistung der Verantwortlichen in den USA. Die fahrenden Köpfe ihrer US-Tochter hatten sich im vergangenen Jahr bei den Dispositionen für den "People" kräftig übernommen. Als klar wurde, daß die georderten Stückzahlen nicht abzusetzen waren, wurde das Lager im Hauruck-Verfahren bereinigt.

"Die Kameraden haben zu hoch eingeschrieben und müssen dafür geradestehen", kommentiert ein Olympia-Insider. Die Billigung des Olympia-Vorstandes in Wilhelmshaven hätte die Aktion jedenfalls nicht gehabt. Auch an eine Einstellung des People werde nicht gedacht. Die Folgen sind abzusehen: Verunsicherung des Vertragshändlerstammes und erhöhter Abschreibungsbedarf in Millionenhöhe wobei die Unruhe der den amerikanischen Olympia-Händlern schwerer wiegen dürfte.

Ob und welche Konsequenzen die Schleuderpreise in den USA für die Verantwortlichen haben wird, bleibt vorerst offen. Sicher ist, daß auch andere Anbieter die Entwicklung der Zuwachsraten im amerikanischen Mikromarkt falsch eingeschätz haben. Denkbar ist aber auch, daß der Umsatzdruck der deutschen Mutter die Phantasie der US -Dependance über Gebühr angeregt haben könnte.

Weltweit hatte Olympia im vergangenen Geschäftsjahr einen Verlust von über 70 (1983:50) Millionen Mark eingefahren; in der AG waren es 53 (37) Millionen Mark. Für 1985 rechnet Olympia mit weiteren Verlusten, eine Wende beim Ertrag hatte Heinz Dürr, der Vorstands der Muttergesellschaft AEG, erst für 1986 in Aussicht gestellt. Der Umsatz hatte sich 1984 um sechs Prozent auf 1,2 (1,13) Milliarden Mark erhöht, die Belegschaft weiter auf 8820 (9420) Mitarbeiter verringert.