Portabilität in Frage gestellt

Olsen stellt Unix-Gemeinden ein schlechtes Zeugnis aus

20.10.1989

AUCKLAND (IDG) - Obwohl er viel investiert hatte in das Unix-Derivat Ultrix zeigt Kenneth Olsen, President der Digital Equipment Corp., wenig Begeisterung für das Thema Unix. Wie der DEC-Chef kürzlich gegenüber der IDG-Schwesterpublikation Computerworld New Zealand äußerte, hält er viele Unix-Propheten schlicht für Scharlatane.

"Bislang taugt Unix noch nicht allzu viel - bestimmte kleine Anwendungen einmal ausgenommen ", urteilt Olsen über das Betriebssystem, das oft als einzig wirksames Mittel gegen die Abschottungspraxis der großen Hersteller - allen voran IBM und DEC - propagiert wird. Nach Ansicht des DEC-Chefs kann Unix den Anspruch der Portabilität nicht einlösen; vielmehr seien rund 200 Derivate des Betriebssystems auf dem Markt - alle unterschiedlich und proprietär.

So wie es Olsen sieht, haben die Software-Unternehmen, die frühzeitig auf den Unix-Zug aufgesprungen sind, lediglich aus der Not eine Tugend gemacht: "Die ganze Unix-Geschichte wurde im großen und ganzen von denen propagiert, die nichts anderes hatten. Die haben sich selbst die Vorteile derart suggeriert, daß sie tatsächlich meinten, sie könnten ohne eine Investition in ein großes System auskommen."

Die Schelte des DEC-Präsidenten trifft jedoch nicht nur die kleinen Hersteller. Olsen wirft der gesamten Computerindustrie mangelnde Ernsthaftigkeit vor: Die Branche läßt sich vom Enthusiasmus mitreißen. Digital trägt da möglicherweise auch einen Teil der Schuld. Es ist einfach irreführend, wenn behauptet wird, mit Unix ginge alles."

Wichtig sind Sprache und der Posix-Standard

Im Grunde genommen ist, so Olsen, die Portabilität überhaupt keine Frage des Betriebssystems: Wichtig sind zum einen die Sprache und zum anderen der Posix-Standard für das Betriebssystem." Folglich versucht Digital Equipment derzeit, sein proprietäres Betriebssystem VMS Posix-kompatibel zu machen.