Verkauf weiterer Beteiligungen soll Firmenkasse wieder füllen

Olivetti will sich von der PC-Produktion trennen

11.10.1996

Nun ist es amtlich: Trotz wochenlanger Dementis will sich Olivetti von seiner verlustreichen PC-Produktion trennen. Der geplante Verkauf ist, wie der neue Vorstandschef Roberto Colaninno Anfang der Woche ankündigte, Teil eines größeren Maßnahmenkatalogs zur Sanierung des Konzerns. Neben der Sparte Olivetti Personal Computers, die mit rund 2,2 Milliarden Mark Umsatz und 1600 Beschäftigten zu den Kernbereichen des Unternehmens zählt, wollen die Italiener auch ihre 47,9-Prozent-Beteiligung am Werkzeugmaschinen-Hersteller Tecnos SpA, die Bürogeräte- und Minicomputer-Tochter DSI SpA sowie ihren US-Ableger Venture Capital USA abstoßen.

Weiteres Geld in die marode Firmenkasse soll zudem der Verkauf eines achtprozentigen Anteils am Mobilfunkbetreiber Omnitel bringen, der indirekt von Olivetti beherrscht wird und an dem, wie bereits offiziell bestätigt wurde, die Düsseldorfer Mannesmann AG Interesse angemeldet hat. Letzteres stößt allerdings unter Experten auf Unverständnis - gilt der Mobilfunkanbieter doch quasi als (neues) Tafelsilber. Zudem würde dieses Unterfangen nur schwer zu der schon vor Monaten angekündigten Neuausrichtung des Konzerns als Telecom-Dienstleistungsunternehmen passen.

Mit den jetzt eingeleiteten Maßnahmen zieht man sich jedenfalls, wie es Anfang der Woche in Mailand hieß, weitgehend aus der IT- Produktion zurück und will sich künftig hauptsächlich auf die Bereiche Dienstleistungen sowie Mobilfunk konzentrieren. Kommt der Omnitel-Deal mit Mannesmann zustande, würde Olivetti noch 51 Prozent an dem Netzbetreiber halten, der neben der staatlichen Telecom Italia die zweite Mobilfunklizenz für Italien besitzt.

Doch damit nicht genug. Anfang 1997 soll die mit umgerechnet rund 525 Millionen Mark ausgestattete Bürotechnik-Tochter Lexikon SpA an die Börse gebracht und ein Teil der Aktien in den USA verkauft werden. Diese Maßnahme und der Verkauf weiterer Servicegesellschaften im Ausland sollen, so die Kalkulation, weitere 400 Millionen Mark in die Kasse bringen. Olivetti-Chef Colaninno lehnte sich bereits öffentlich weit aus dem Fenster: 1997 sei ein ausgeglichenes Ergebnis und schon 1998 wieder ein Gewinn zu erwarten.

Spekulationen über den Käufer der PC-Division

Bis dahin ist der Weg jedoch noch mit einer Reihe von Unwägbarkeiten gepflastert. Kardinalfrage ist und bleibt dabei bis auf weiteres: Wer kauft die chronisch defizitäte PC-Sparte von Olivetti, die im vergangenen Jahr einen Verlust von 1,55 Milliarden Mark verbuchte? Nach Angaben des deutschen Olivetti- Sprechers Rolf Kakrow wurde - trotz wochenlanger Dementis - mit den Sondierungen "nicht auf der grünen Wiese" begonnen. Will heißen: Man ist mit mehreren potentiellen Kandidaten schon länger im Gespräch. Ansonsten, wie üblich, keine Auskünfte - außer dem Hinweis, daß der Käufer oder Joint-venture-Partner "die Geschäftsgrundlage" gewährleisten, also der PC-Vertrieb durch die Olivetti-Sparte Systems und Services auch in Zukunft sichergestellt sein muß.

Viele Experten gehen allerdings davon aus, daß die Italiener sich äußerst schwertun dürften, ihr Hauptsorgenkind überhaupt mit Erfolg feilzubieten. Bei Siemens-Nixdorf (SNI) und Hewlett-Packard (HP), denen gerüchteweise ein Interesse nachgesagt wurde, will man das Thema Olivetti nicht kommentieren. Spekulationen um ein Engagement von France Télécom haben sich bereits zerschlagen. Bleiben, wie Insider mutmaßen, allenfalls die Japaner (NEC) oder Taiwaner (Acer), die mit einem europäischen Standbein liebäugeln könnten. Erschwerend kommt die Tatsache hinzu, daß der italienische PC-Markt mit einem Wachstum von zuletzt sieben Prozent (erstes Halbjahr 1996, Quelle: IDC) nicht unbedingt zu den attraktivsten in Europa zählt und die jetzt noch zahlreichen Staatsaufträge für Olivetti im Lichte gegebenenfalls neuer Besitzverhältnisse nicht mehr automatisch winken dürften.