Nach De Benedettis neuerlichem Engagement

Olivetti kehrt nun zurück zu einer Top-down-Organisation

06.12.1991

IVREA (CW) - Die Geschicke von Olivetti werden ab dem 15. Januar 1992 in einer zentralisierten Struktur noch enger an Carlo De Benedetti gebunden sein, der sich erst vor kurzem wieder an die operative Spitze des Konzerns gesetzt hatte. Stromlinienförmig, mit einer Ein-Mann-Spitze, wollen die Italiener durch die Krise.

Vor etwas mehr als drei Wochen war De Benedetti, Großaktionär und Chairman der Ing. C. Olivetti & Cie. Spa., auf den Chefsessel in Ivrea zurückgekehrt und hatte seinem Vorgänger Vittorio Cassoni die Verantwortung für die internationalen Märkte übertragen, faktisch eine Degradierung. Kurz vorher hatte der italienische Informatikkonzern einen Halbjahres-Verlust von knapp 100 Millionen Mark hinnehmen müssen, das erste Minus in 13 Jahren.

Vittorio Cassoni wurde weitgehend entmachtet

Die Rückkehr De Benedettis allein, so glaubt man in Ivrea, wird keine Verbesserung der Ergebnisse bringen. Vielmehr stellte der zurückgekehrte Steuermann jetzt eine Konzernstruktur vor, in der die wichtigsten Informations- und Entscheidungslinien zentral über seinen Schreibtisch laufen. Cassoni hatte ein Organigramm entwickelt, in dem vier Einheiten zwar weitgehend unabhängig voneinander arbeiteten, sich aber - nach Ansicht der "Financial Times" - auch mal ins Gehege kamen.

Drei dieser vier Geschäftsbereiche, nämlich Olivetti Office, Olivetti Systems and Networks (zusammen generieren sie 90 Prozent vom Umsatz) und die Technology Group, gehen nun in sogenannten "Zentralabteilungen" auf, die direkt an De Benedetti berichten. Die erste dieser organisatorischen Einheiten befaßt sich mit der Entwicklung, Produktion und Vermarktung von Büro- und Informationstechnik (Leitung: Elserino Piol). Eine weitere Zentralabteilung, nämlich "Diversifizierte Aktivitäten" unter Ernesto Musumeci, ist verantwortlich für Gemeinschaftsunternehmen und Auslandstöchter wie die Nürnberger Triumph-Adler AG. Der dritte Bereich schließlich, dem Daniele Mosca vorsteht, befaßt sich mit dem Behördengeschäft.

In einer Olivetti-Mitteilung heißt es, die Maßnahmen seien als Reaktion auf die Krise der DV-Industrie zu verstehen und sollten zu einer ausgeprägteren Flexibilität und Beweglichkeit des Konzerns führen. Auch ein finanzielles Ziel hat man sich gesetzt: Eine halbe Milliarde Mark, berichtet die "Süddeutsche Zeitung", will Olivetti im nächsten Geschäftsjahr einsparen. Von 15 Prozent der Mitarbeiter hat sich das Unternehmen in diesem Jahr bereits getrennt.

Vorerst unangetastet bleiben soll der vierte Bereich, Olivetti Information Services, geführt von Franco Debenedetti. Dieser Unternehmensteil macht etwas mehr als ein Zwanzigstel des Umsatzes aus. Erst vor kurzem hatte Olivetti den Plan aufgeben müssen, die Division mit Finsiel, einer Tochter der Staatsholding IRI, zum zweitgrößten europäischen Softwarehaus zu fusionieren. IRI nahm jedoch Abstand, um allein vom erwarteten Wachstum, vor allem im von Finsiel dominierten Geschäft mit öffentlichen Großkunden, zu profitieren (siehe CW Nr. 46 vom 15. November 1991, Seite 6: IRI lehnt. .. ).

De Benedetti warf daraufhin der italienischen Regierung vor, sie agiere ohne Strategie und gefährde so den Bestand der italienischen DV-Industrie. Nach Ansicht des "Wall Street Journals" ist Olivetti nun gezwungen, sich im Ausland nach einem übernahmefähigen Softwarepartner umzusehen. Ansonsten könne der Bereich nicht in eine für das Überleben notwendige Größe hineinwachsen.